Franziskus - Zeichen der Hoffnung: Das Erbe Benedikts XVI. und die Schicksalswahl des neuen Papstes (German Edition)
Unheil nimmt ab jetzt seinen Lauf, das Gespenst in Gestalt des jungen Bischofs Emmanuel Milingo wird seinen Schatten auf die Kirche Afrikas werfen. Angesichts des Desasters, das Milingo anrichten wird, ist oft in Vergessenheit geraten, warum ihn Papst Johannes Paul II . 1983 überhaupt aus Sambia nach Rom holte. Es war keineswegs sein Misserfolg, der Milingo den Stuhl des Bischofs von Lusaka kostete, sondern sein Erfolg. In Sambia stieg Milingo zum Superstar auf, weil er im Grunde genau das tat, was Paul VI . von ihm verlangt hatte. Der Papst schwärmte von einer authentischen afrikanischen katholischen Kirche. Er glaubte daran, dass eine starke »Enkulturation« – also das langsame Hineinwachsen in die eigene Kultur – der richtige Weg für die afrikanische Kirche sein würde. Das bedeutete, dass die Afrikaner nicht einfach alles übernehmen sollten, was Rom in 2000 Jahren entwickelt hatte, von der Liturgie bis zur Moraltheologie. Afrika sollte nach Paul VI . seinen eigenen Beitrag zur Entwicklung der katholischen Kirche leisten, seine eigene Kultur ein- und seine eigene Ausprägung der afrikanischen katholischen Kirche hervorbringen.
Genau das tat auch Emmanuel Milingo, doch er »enkulturierte« die katholische Kirche so sehr in ihr afrikanisches Umfeld, dass den Päpsten in Rom Hören und Sehen vergehen sollte. Milingo konnte seine Vorstellungen so leicht umsetzen, weil schon Jahrhunderte bevor die katholische Kirche nach Afrika kam, die Heiler und Zauberer der Stämme Afrikas Riten praktizierten, wie sie ähnlich auch die katholische Kirche kennt. Einem Afrikaner, der noch nie in seinem Leben von Jesus von Nazareth gehört hatte, war die Forderung, man möge seinen Nächsten lieben wie sich selbst, sicher fremd, nicht aber die Praxis des Handauflegens für Kranke und der Vertreibung von Dämonen durch Gebete, wie sie christliche Missionare nach Afrika mitbrachten. Auch wenn der Amtskirche das überhaupt nicht passt, wird in zahllosen Kirchen in Schwarzafrika jeden Tag gesundgebetet und exorziert.
Nur wenige Würdenträger im Vatikan haben bis heute begriffen, welch große Chance darin besteht, dass es deutliche Übereinstimmungen zwischen afrikanischen Traditionen und dem Katholizismus gibt. Die meisten Kardinäle fürchten sich davor, dass die afrikanischen Einflüsse die katholische Kirche der Lächerlichkeit aussetzen könnten. Dabei wird ein entscheidender Aspekt vergessen: Die explosionsartige Entwicklung der afrikanischen katholischen Kirche stoppt dort den Vormarsch des Islam. Den Schwarzafrikanern liegt eine eher barocke Religion wie die katholische mit viel Gesang, Musik, prächtigen Gewändern, manchmal auch Tanz, mit einer Tradition, zu der auch Exorzismus und Krankengebete gehören, viel mehr als die asketische Wüstenreligion des Islam. Wer je an einem katholischen Gottesdienst in Angola oder Kenia, Südafrika oder Nigeria teilgenommen hat, weiß, dass die lauten, bunten Feste, in die Afrikaner katholische Gottesdienste verwandeln können, ihnen viel mehr entgegenkommen als der schlichte Ritus des Freitagsgebets im Islam.
Bischof Milingo erkannte das. Er baute ungemein erfolgreich afrikanische Traditionen in katholische Gottesdienste ein. In den 80er-Jahren stieg er zum populärsten katholischen Bischof Afrikas auf. Im Grunde hätte der Vatikan hoch erfreut sein müssen, doch leider schoss Milingo weit über das Ziel hinaus. Seine Massengottesdienste mit Abertausenden Gläubigen, in denen regelmäßig der Teufel ausgetrieben und Kranke gesundgebetet wurden, sorgten für eine ganze Welle von Untersuchungen, die von Rom aus veranlasst wurden. Für Papst Johannes Paul II . bestand die Gefahr, dass die enorme Popularität des schwarzen Bischofs einen katastrophalen Nebeneffekt haben könnte: dass Milingo eine eigene Kirche gründete und sie von der katholischen Kirche abspaltete, eine Art private Milingo-Kirche – wie es dann letztlich geschehen sollte. Das wollte Karol Wojtyła nicht riskieren und entschloss sich daher, Bischof Milingo nach Rom zu holen. Auf dem Papier sah es aus wie eine Beförderung, Emmanuel Milingo wurde Mitglied des Päpstlichen Rates der Seelsorge für Migranten. Viele Jahre später musste Johannes Paul II . erkennen, dass er damit wohl einen Fehler gemacht hatte. Die örtliche Kirche in Afrika hätte einen Bischof Milingo möglicherweise ertragen können, aber zumindest wäre der Schaden von der Weltkirche abgewendet worden.
Im Februar 2013, kurz vor dem Konklave, holte
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