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Franziskus - Zeichen der Hoffnung: Das Erbe Benedikts XVI. und die Schicksalswahl des neuen Papstes (German Edition)

Franziskus - Zeichen der Hoffnung: Das Erbe Benedikts XVI. und die Schicksalswahl des neuen Papstes (German Edition)

Titel: Franziskus - Zeichen der Hoffnung: Das Erbe Benedikts XVI. und die Schicksalswahl des neuen Papstes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Englisch
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vom deutschen Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Nach Hegel war Jesus Christus der Erste, der den Menschen klarmachte, dass sie frei sind. Die Griechen wussten nicht, dass der Mensch frei geboren wurde, er hatte sich dem Stadtstaat zu unterwerfen. Frei war auch ein Römer nicht, nicht mal dann, wenn er das römische Bürgerrecht besaß, denn als römischer Staatsbürger war er dem Kaiser untertan. Und alle nichtrömischen Bürger konnten von Freiheit ohnehin nur träumen. Aber Christus lässt die Menschen wissen, dass sie frei sind, so frei, dass sie sich sogar gegen Gott entscheiden können.
    In den folgenden Jahren studiert Jorge Mario Bergoglio intensiv Theologie. Er widmet sich ganze zehn Jahre diesem Studium und wird es erst 1970 abschließen. Bergoglio entwickelt dabei eine klare theologische Position. Sie ist das Gegenteil der Schule des Hans Urs von Balthasar, dessen Werke sich der vom Papstamt zurückgetretene Joseph Ratzinger für seinen Lebensabend mitgenommen hat – so Papstsprecher Federico Lombardi am 28. Februar 2013. Im weit entfernten Argentinien hatten den Theologen Bergoglio die Vorstellungen von Ratzingers Lieblingstheologen Hans Urs von Balthasar hingegen weniger interessiert. Dem Schweizer Kirchenlehrer geht es ähnlich wie Ratzinger ausschließlich um den Glauben; was die Menschen auf der Erde tun, um ein Abendessen auf den Tisch zu bekommen, ist beiden weitgehend gleichgültig. Bergoglio schlägt den gegenteiligen Weg des Joseph Ratzinger ein. Statt Hans Urs von Balthasar steht für Bergoglio die christliche Soziallehre im Vordergrund. Es geht ihm um die Menschen im Diesseits, vor allem um die Menschen, die zu hungrig sind, um über den Glauben an Gott nachdenken zu können. Was Bergoglio prägt, ist das Wort seines Ordensgründers Ignatius von Loyola: »Wir müssen alles tun, was wir können, aber am Ende steht das Vertrauen auf Gott.«
    Das fasziniert Bergoglio an der Theologie: Machen, die Welt verändern, eingreifen, alles geben, was man geben kann. Ein reines Leben im Gebet und der Betrachtung der Vollkommenheit des Glaubens ist ihm nicht genug. Bergoglio will mehr. In diesem Punkt ist er dem Super-macher Karol Wojtyła sehr ähnlich. Auch der wollte nicht nur über Gott und die Welt nachdenken, sondern sie auch verändern, was den kommunistischen Regimen in Polen und den anderen Warschauer-Pakt-Staaten gar nicht gut bekam.
    Während Bergoglio studiert, erlebt Argentinien einen Albtraum. Das Land und vor allem die katholische Kirche in Argentinien mit ihren Beziehungen zum Vatikan stehen am Pranger. Am 11. Mai 1960 wird in San Fernando, einem Stadtteil von Buenos Aires, Adolf Eichmann von Mossad-Agenten geschnappt. Der ehemalige Chef des Judenreferats im Reichssicherheitshauptamt war hauptverantwortlich für die Deportation und Ermordung von Millionen Juden in den Konzentrations- und Vernichtungslagern.
    Die Verhaftung Eichmanns bestätigt endgültig die seit Langem kursierende Mutmaßung, dass Perón, der während des Zweiten Weltkriegs als Militärattaché in Nazi-Deutschland und Mussolini-Italien tätig war und dabei auch zahlreiche Frontabschnitte besuchte, ganz gezielt Nazi-Militärs in sein Land holte, und zwar mithilfe der katholischen Kirche. Die Drehscheibe für die Flucht von Nazi-Verbrechern befand sich mitten im Vatikan. Der österreichische Bischof Alois Hudal, ein Rassist, der dunkelhäutige Menschen mit Affen gleichsetzte und offen Hitler bewunderte, hatte in Rom die »Rattenlinie« organisiert. Hudal, das katholische Oberhaupt der deutschsprachigen Gemeinde von Rom, besorgte falsche Pässe, die es Nazi-Größen, darunter Adolf Eichmann, ermöglichten, nach Argentinien zu fliehen. Neben Eichmann soll es nach Schätzungen des argentinischen Journalisten Uki Goñi rund 300 Nazi-Verbrechern gelungen sein, nach Argentinien zu entkommen. Darunter waren Klaus Barbie, Josef Mengele, Erich Priebke, Eduard Roschmann und vor allem zahlreiche Mitglieder der faschistischen Ustascha-Bewegung aus Kroatien, die für ihre ungeheuren Gräueltaten in KZ s berüchtigt waren. Die radikale Linke im Argentinien hatte jetzt klare Beweise dafür, in welchem Ausmaß das Land mithilfe der Kirche von Nazis unterwandert worden war. Kein gutes Terrain für einen jungen Geistlichen wie Jorge Mario Bergoglio, der am 13. Dezember 1969 zum Priester geweiht wurde.

Exkurs: Die Probleme Deutschland und Israel
    Es gibt nur ein Land auf der Welt, in dem die Rolle der katholischen Kirche bei der

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