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Franzosenliebchen

Franzosenliebchen

Titel: Franzosenliebchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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integriert.
    Tränen liefen
Hermann Treppmann über das Gesicht, als er nun in der
Nachmittagssonne auf die religiösen Motive starrte. Seitdem
Agnes sich um die Stelle beworben und er sie zu ihrem
Vorstellungstermin begleitet hatte, war er nicht mehr in dem
Gebäude gewesen. Er konnte sich noch genau daran erinnern, wie
aufgeregt seine Kleine damals gewesen war. Und jetzt, zwei Jahre
später, war sie tot. Geschändet und erwürgt mit dem
Koppel eines französischen
Soldaten.   
    Treppmann
läutete. Es dauerte eine Weile, bis er Schritte hörte.
Marianne, die Köchin, öffnete die Tür.
    »Oh, Herr
Treppmann«, begrüßte sie ihn mit erstickter
Stimme. »Schrecklich. Wirklich schrecklich. Mein herzliches
Beileid.«
    Hermann Treppmann
murmelte einen Dank.
    »Sie werden
schon erwartet. Wenn ich vorgehen darf?« Sie schloss die
Tür und marschierte schnellen Schrittes zur Treppe, die in die
darüberliegenden Etagen führte. Die Räume im
Erdgeschoss dienten ausschließlich repräsentativen
Anlässen. Gewohnt wurde in den oberen
Stockwerken.      
    »Ihren Mantel
bitte.«
    Etwas verlegen
entledigte sich Treppmann des Kleidungsstücks und reichte es
der Hausangestellten.
    »Wollen Sie den
Schal und die Mütze …« Marianne streckte die Hand
aus.
    »Ach so.
Entschuldigen Sie.« Er war eine solch zuvorkommende
Behandlung nicht gewohnt und fühlte sich unsicher. Das hier
war nicht seine Welt.
    Abraham Schafenbrinck
stand auf, als sein Besucher in das Arbeitszimmer geführt
wurde, und ging Treppmann ein paar Schritte entgegen.
    »Herr
Treppmann«, sagte er und deutete auf die Sitzgruppe in einer
Ecke des Raumes. »Bitte. Einen Kaffee?«
    Treppmann nahm Platz
und schüttelte den Kopf.
    »Einen Cognac
vielleicht?«
    »Nein
danke.« Unsicher knetete der Bergmann seine
Finger.
    Schafenbrinck gab der
Köchin, die in der offenen Tür gewartet hatte, mit einer
Kopfbewegung zu verstehen, dass ihre Dienste nicht länger
benötigt wurden. Leise schloss sie die Tür hinter sich.
Die Männer nahmen Platz.
    »Ich habe Ihnen
ja schon vor einigen Tagen gesagt, wie sehr diese grausame Tat
meine Frau und mich getroffen hat.
    Agnes ist uns beiden
sehr ans Herz gewachsen. Wir waren immer sehr zufrieden mit ihr.
Ihr Kind war ehrlich, offen und fleißig. Sie können
stolz auf sie sein.«
    Treppmann nickte
dankbar. Er spürte, dass seine Augen schon wieder feucht
wurden.
    »Ich möchte
zwei Punkte mit Ihnen besprechen. Zum einen Agnes’
Lohn.« Der Kaufmann griff in die Seitentasche seines Sakkos,
zog einen Briefumschlag hervor und reichte ihn seinem Besucher.
»Ich habe mich entschlossen, den Betrag, der Ihrer Tochter
noch zugestanden hätte, um drei Monatslöhne aufzustocken.
Natürlich erfolgt die Zahlung wie bisher in Gutscheinen. Sind
Sie damit einverstanden?«
    »Ja,
sicher.« Hermann Treppmann griff zu dem Briefumschlag.
»Danke.«
    »Dann wäre
da noch etwas.« Schafenbrinck lehnte sich zurück.
»Die französischen Besatzungsbehörden haben die
beiden Soldaten, die zur Tatzeit am Bahnhof in Börnig Wache
geschoben haben, vor ein Militärgericht
gestellt.«
    Treppmann richtete
sich auf und sah sein Gegenüber gespannt an. »Woher
wissen Sie das?«
    »Der
kommandierende General hat es unseren Behörden mitgeteilt, die
dann mich informiert haben.«
    »Die Mörder
stehen vor Gericht. Das ist gut.«
    »Sie standen,
Herr Treppmann. Standen. Das Verfahren ist bereits
beendet.«
    »Sind die
Täter verurteilt worden?« Treppmanns Gesichtsausdruck
ließ erkennen, dass er nicht verstand, was Schafenbrinck ihm
zu erklären versuchte.
    »Wissen Sie, wie
diese Gerichte arbeiten?«
    Treppmann
schüttelte den Kopf.
    »Militärgerichte sind
nicht mit der normalen Gerichtsbarkeit, so wie wir sie kennen, zu
vergleichen. Richter, Ankläger und Verteidiger sind Offiziere,
keine Juristen. Als Zeugen wurden nur die beiden Schutzpolizisten
gehört, die dabei waren, als Ihre Tochter gefunden wurde. Und
die Gerichtssprache ist Französisch.«
    »Worauf wollen
Sie hinaus?«
    »Es gab zwar
einen Dolmetscher, aber auch das war ein Offizier. Wie es
heißt, hat er die Aussage der Polizisten nur unzureichend
übersetzt. Nach knapp einer Viertelstunde waren die Zeugen
wieder entlassen. Das gesamte Verfahren hat nicht mehr als eine
Stunde gedauert.«
    »Wie ist es
ausgegangen?«
    »Machen Sie sich
bitte keine allzu großen Hoffnungen auf ein gerechtes
Urteil.«
    Agnes’ Vater
sprang auf und rief erregt: »Wie lautet es?«
    Schafenbrinck seufzte.
»Freispruch.

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