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Franzosenliebchen

Franzosenliebchen

Titel: Franzosenliebchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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rhythmisch mit der unverletzten Hand
auf seine Schutzmaske. Mit jedem Schlag löste sich ein
Stück Fleisch von der anfangs noch gesunden Hand, bis
schließlich nur noch blanke Knochen zu sehen waren.
»Bitte, Goldstein«, kreischte der Soldat
unablässig. Und dann streckte er seinen skelettierten
Zeigefinger aus: »Sie, Herr Goldstein! Jetzt sind Sie mit
Sterben an der Reihe, Herr Goldstein, jetzt Sie!«
    Peter Goldstein
schreckte hoch. Es dauerte einen Moment, bis er realisierte, wo er
sich befand.
    »Herr
Goldstein!« Es klopfte heftiger an der Zimmertür.
»Aufstehen«, rief eine weibliche Stimme - seine
Hotelwirtin. Goldstein hatte sie gestern gebeten, ihn zu
wecken.
    Er tastete nach seiner
Taschenuhr, die er auf dem Nachttischchen deponiert hatte. Kurz
nach acht.
    »Sind Sie
wach?«
    »Danke«,
krächzte Goldstein, seine Unterlippe schmerzte. Prüfend
fuhr er mit der Zunge über die Stelle. Sie war geschwollen. Er
musste sich im Schlaf auf die Lippe gebissen haben. Der Polizist
stöhnte. Immer wieder dieser schreckliche Traum!
    Eine halbe Stunde
später betrat er den Speiseraum des kleinen Familienhotels an
der Bochumer Straße. Mit dem Frühstück konnte er
sich Zeit lassen. Erst für zehn Uhr war er mit einem Beamten
der hiesigen Verwaltung in einem Café in der Nähe des
Neumarkts verabredet. Neben dem Leiter der Herner Schutzpolizei war
Verwaltungssekretär Wiedemann der einzige Mensch, der von
seinem Auftrag in der westfälischen Stadt Kenntnis hatte, er
würde auch der Kontaktmann zu Goldsteins Berliner Dienststelle
sein. 
    Vom Hotel war es nicht
weit zum Café Corso. Kurz bevor er das Lokal betrat, steckte
sich Goldstein eine Strohblume ans Revers, so wie es als
Erkennungszeichen vereinbart war. Er kam sich ein wenig affig vor
mit der trockenen Blume im Knopfloch, auch wenn er sich in Johns
Bar öfter so hatte ausstaffieren müssen. Aber dort war er
als Eintänzer tätig gewesen, hier arbeitete er als
Polizist. Goldstein tröstete sich damit, dass sich um diese
Zeit vermutlich nicht allzu viele Gäste in dem Café
aufhalten würden.
    Er sollte recht
behalten. Lediglich zwei ältere Damen widmeten sich an einem
der hinteren Tische mit Hingabe dem Kuchen.
    Peter Goldstein suchte
sich einen Platz, von dem aus er den Eingang gut im Auge behalten
konnte. Als die Bedienung kam und sich nach seinen Wünschen
erkundigte, bestellte er einen Kaffee, aber nicht ohne sich vorher
nach dem heutigen Preis für das Getränk erkundigt zu
haben. Sein Barvermögen war nach der Hotelübernachtung
und dem Abendessen schon ziemlich geschrumpft und er wusste nicht,
ob Wiedemann ihn mit neuen Geldmitteln ausstatten
würde.
    Der Raum war
überheizt. Goldstein fühlte, wie sich Schweiß unter
seinen Achseln bildete. Ungeduldig blickte er immer wieder zur
Tür. Er hatte seinen Kaffee schon ausgetrunken, da betrat ein
hagerer Mann, etwa im gleichen Alter wie Goldstein, das Café
und steuerte nach einem Blick in die Runde schnurstracks auf seinen
Tisch zu.
    »Peter
Goldstein?«, fragte der Ankömmling.
    »Ja.«
    Der Mann streckte
seine Hand aus. »Ewald Wiedemann.« Er machte keine
Anstalten, sich zu setzen oder seinen Mantel auszuziehen.
»Ich schlage vor, wir gehen etwas spazieren. An der frischen
Luft unterhält es sich leichter.«
    Goldstein nickte,
bezahlte und folgte dem Mann nach draußen. Der Herner wandte
sich Richtung Osten. »Es ist nicht weit bis zum Stadtgarten.
Zwar haben die Franzosen in der Nähe ihr Hauptquartier, aber
zwei Spaziergänger werden dort auch im Winter nicht sonderlich
auffallen.«
    Auf dem Weg zum Park
tauschten die beiden Männer Belanglosigkeiten aus. Goldstein
begann, ungeduldig zu werden.
    Erst als in weitem
Umkreis keine anderen Personen auszumachen waren, begann Wiedemann
mit einer ausführlichen Schilderung der bisherigen
polizeilichen Ermittlungen im Mordfall Treppmann.
    »Ich kenne die
Akte«, unterbrach ihn Goldstein nach wenigen Minuten
genervt.
    »Tatsächlich?«
Wiedemann war offensichtlich aus dem Konzept gebracht.
    »Natürlich.
Hofer hat mir gesagt, dass Sie mir eine Unterkunft vermitteln
können. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn das zügig
vonstatten gehen könnte. Ich wohne im Moment im Hotel und das
ist …«
    »Eine Unterkunft
vermitteln?« Der Kollege schaute überrascht.
»Davon weiß ich nichts. Meine Instruktionen sehen
lediglich vor, Sie mit dem Sachverhalt vertraut zu
machen.«
    »Sie wissen
nichts davon?« Eine böse Ahnung befiel Goldstein.
»Kriminalsekretär Hofer hat mich

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