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Franzosenliebchen

Franzosenliebchen

Titel: Franzosenliebchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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ihre Wirkung nicht verfehlt
hatten.
    Auch Saborskis Herz
schlug schneller. Endlich! Darauf wartete er schon seit Wochen.
Flugblätter verteilen, pah! Darüber lachten die Franzosen
doch nur. Es herrschte Krieg. Und im Krieg durfte man in der Wahl
seiner Waffen nicht zimperlich sein. »Du meinst also, wir
sollten die Franzosen direkt angreifen?«
    »Genau.
Sabotage.« Wieland schlug zur Bestätigung mit der
flachen Hand kräftig auf den Tisch. »Wir sind dabei.
Meine Männer in Castrop brennen vor Ungeduld. Also, was sollen
wir tun?«
    »Immer mal
langsam mit den jungen Pferden.« Kowalke lächelte.
»Wir dürfen nichts überstürzen. Die Aktionen
müssen sorgsam geplant werden.«
    Der Bochumer meldete
sich zu Wort. »Ich halte das nicht für
vernünftig.«
    »Ich hör
wohl nicht richtig!«, blaffte Saborski. »Warum sitzt du
dann hier?«
    »Ich bin
für den passiven Widerstand. Aber ich bin gegen Sabotage, weil
…«
    »Er ist gegen
Sabotage«, äffte Wilfried Saborski den Mann nach.
»Bist du auch gegen die Franzosen? Man könnte fast
glauben …«
    »Halt!«
Walter Kowalke fiel seinem Parteigenossen ins Wort und legte
beruhigend seine Hand auf dessen Unterarm. »Lass ihn
ausreden.«
    Saborski lehnte sich
widerstrebend zurück.
    »Los, Gottfried.
Sag, was du zu sagen hast.«
    »Militärisch sind die
Franzosen uns eindeutig überlegen. Einen offenen Konflikt
dürfen wir daher nicht riskieren.«
    »Will ja auch
keiner«, warf Gunter ein. Kowalke hob erneut seine Hand, um
ihn ebenfalls zum Schweigen zu bringen.
    »Aber auch
Sabotage oder Angriffe auf einzelne Soldaten werden die Franzosen
zu Gegenreaktionen veranlassen. Denkt darüber nach, wir stehen
immer wieder im Streik. Die Streikgelder fließen nicht in der
Höhe, wie Berlin sie uns versprochen hat. Dann die
Geldentwertung. Unsere Kinder haben Hunger. Das sind für viele
ausreichende Argumente, sich mit den Besatzern zu arrangieren.
Schon jetzt wird auf meiner Zeche immer wieder die Frage gestellt,
warum wir Bergleute eigentlich die Förderung und den
Abtransport der Kohle nach Frankreich behindern sollen. Verkauft
wurde unsere Kohle doch auch früher schon, meinen einige. Ob
wir denn damals gefragt worden sind, an wen und für welchen
Preis? Nein. Das haben die Zechenbarone immer allein entschieden.
Jetzt sind eben die Franzosen die Eigentümer. Und wenn sie uns
bezahlen, was hat sich für uns geändert? Wie gesagt, so
denken schon jetzt einige. Und wenn die Kinder nicht bald
ausreichend zu essen bekommen, werden es immer mehr, sage ich euch.
Dann stehen wir allein gegen eine Militärmacht. Aktiver
Widerstand ist Selbstmord. Der Reichskanzler hat schon
recht.«
    Wilfried Saborski
hatte den Ausführungen mit wachsender Erregung zugehört.
Jetzt sprang er auf und rief: »Es geht um deutsche Kohle! Sag
das deinen Kumpeln. Sie gehört dem deutschen Volk, nicht den
Franzosen!«
    »Den deutschen
Zechenbesitzern, meinst du wohl?«, entgegnete
Gottfried.
    »Was für
einer bist du eigentlich?«, brüllte Saborski. »Ein
Scheißkommunist?«
    »Nein, ich bin
kein Kommunist. Aber ein Realist.«
    »Ach nee, wenn
ich das schon höre. Realisten haben sich auch die genannt, die
den Krieg 1918 für verloren erklärt haben, obwohl die
Reichswehr ungeschlagen tapfer im Felde kämpfte. Und was war
die Folge dieser realistischen Politik? Versailles! Und nun die
Franzosen an Rhein und Ruhr. Ich pfeife auf deinen Realismus,
verstehst du!«
    Die anderen nickten
beifällig.
    Saborski wandte sich
wütend an Kowalke. »Wie konntest du diesen Kommunisten
hier hereinlassen? Er wird uns noch alle ans Messer
liefern.«
    Kowalke versuchte zu
beschwichtigen. »Er ist kein Kommunist, das weiß ich.
Außerdem …«
    »Außerdem
ist er Realist, ich weiß«, höhnte Saborski.
»Ich dachte, du würdest deine Gesprächsteilnehmer
etwas sorgfältiger auswählen. Hier sollten eigentlich
Männer sitzen, die deutsch und national denken. Nein«,
ergänzte er schnell.
    »Nicht nur
denken, sondern auch handeln. Und der da«, er zeigte auf
Gottfried. »Der hat hier nichts verloren. Stimmt ihr mir
zu?«
    Ein mehrstimmiges Ja
war die Antwort. Nur Kowalke schwieg.
    Wilfried Saborski
setzte nach. »Was ist mit dir, Walter? Stimmst du mir auch
zu?«
    Kowalke zögerte,
dann sagte er leise: »Ja.«
    »Dann sind wir
uns ja einig.« Saborski triumphierte innerlich. In dieser
Runde war Kowalke abgemeldet, das stand fest. Jetzt hatte er das
Sagen. »Verschwinde«, fauchte er Gottfried an.
»Und wenn du nur ein Wort

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