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Franzosenliebchen

Franzosenliebchen

Titel: Franzosenliebchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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dahingehend
unterrichtet, dass Sie mein Ansprechpartner nicht nur für die
Wohnungsfrage, sondern auch für alle finanziellen Belange
seien.«
    »Das verstehe
ich nicht …«
    »Über Sie
sollte meine Bezahlung abgewickelt werden. Bis auf ein paar
Reichsmark in der Tasche bin ich völlig
mittellos.«
    »Oh.« Der
Herner schien ehrlich überrascht. Er musterte den Berliner
nachdenklich.
    Dann sagte er:
»Ich habe eine Idee. Meine Schwester wohnt wie die Treppmanns
in der Teutoburgia-Siedlung. Sie hat ein kleines Zimmer unter dem
Dach. Das ist zurzeit frei. Dort können Sie die nächsten
Tage bleiben. Und verpflegen wird sie Sie sicherlich auch. Ich
kläre die Sache derweil mit Berlin. Ich stelle Sie meiner
Schwester als einen früheren Schulfreund vor, sie wird keine
unnötigen Fragen stellen. Was meinen
Sie?«   
    Aus
ermittlungstechnischen Gründen war Wiedemanns Vorschlag das
Beste, was Goldstein hatte passieren können. Trotzdem musste
er schlucken. Seinen Start in eine Karriere als wohlhabender
Beamter hatte er sich anders vorgestellt. Mit einem Seufzer stimmte
er zu.

18
    Dienstag, 20. Februar
1923
    Wilfried Saborski
kannte nur einen der fünf Männer persönlich. Walter
Kowalke war fast im gleichen Alter wie Saborski. Die beiden hatten
sich Anfang 1922 auf einer Parteiveranstaltung der noch jungen
NSDAP in Essen kennengelernt und angefreundet. Das heutige Treffen
mit den anderen Führern der Widerstandsgruppen hatte Kowalke
organisiert. Vor drei Tagen war er überraschend bei Saborski
aufgetaucht und hatte ihn zu diesem Siedlungshaus in
Recklinghausen-Hochlarmark bestellt. Es gehe um die Planung
weiterer Aktionen gegen die Besatzer, hatte er gesagt und vermehrt
und eindringlich darauf hingewiesen, dass die Zusammenkunft absolut
vertraulich bleiben müsse. Saborski hatte sich über die
ständigen Ermahnungen geärgert. Schließlich wusste
er selbst, dass die französischen Spitzel versuchten, die
Widerstandsgruppen zu unterwandern.
    Trotzdem war er der
Einladung gefolgt und saß nun an Kowalkes
Küchentisch.
    Dieser hatte kurz und
knapp die Regeln für dieses Treffen bestimmt: »Jeder
nennt seinem Vornamen und die Stadt, aus der er kommt. Das
reicht.« Er sah auf die Küchenuhr. »Unsere Runde
wird sich um drei Uhr wieder auflösen. Ihr werdet nacheinander
das Haus verlassen und in unterschiedliche Richtungen gehen. Ihr
geht allein. Auch wenn ihr euch später am Bahnhof oder an
einer Straßenbahnhaltestelle wieder treffen solltet, habt ihr
euch noch nie gesehen. Alles klar?«
    Die Männer
murmelten Zustimmung. Kowalke goss unaufgefordert Kaffee in die
Tassen, die vor den Männern auf dem Tisch standen, und zeigte
auf das Selbstgebackene. »Bedient euch.« Er wartete
einige Augenblicke, um allen ausreichend Gelegenheit zum Zugreifen
zu geben. Dann blickte er auf den groß gewachsenen Kerl zu
seiner Linken. »Fang
an.«      
    »Gunter«,
sagte der daraufhin mit einer piepsigen Kinderstimme, die im
seltsamen Kontrast zu seiner Erscheinung stand. »Gunter aus
Gelsenkirchen.«
    Der nächste Mann
trug als Einziger der Anwesenden einen Anzug und war
sorgfältig frisiert. »Karl-Heinz.
Wanne-Eickel.«
    Dann waren Wieland aus
Castrop und Gottfried aus Bochum an der Reihe. Schließlich
stellte sich Saborski vor.
    Walter Kowalke nickte.
»Ich habe zu diesem Treffen aufgerufen, zum einen weil wir
unsere Aktionen zukünftig besser koordinieren müssen. Es
geht zum Beispiel nicht an, dass die Abfertigung eines Zuges in
Wanne-Eickel von den dortigen Eisenbahnern aufgehalten, derselbe
Zug aber dann in Herne bevorzugt durchgewinkt wird. Zum anderen
sollten wir unsere Widerstandsformen
überdenken.«
    »Wie meinst du
das?«, fragte Gunter mit der kindlichen Stimme.
    »Bleiben wir bei
den Eisenbahnen. Die Franzosen setzen mehr und mehr ihre eigenen
Militäreisenbahner ein und übernehmen schrittweise den
gesamten Betrieb. Je mehr Deutsche auf der Straße landen,
desto weniger können wir den Güterverkehr erschweren.
Irgendwann in naher Zukunft haben wir jede Einflussmöglichkeit
verloren. Und dann?« Kowalke machte eine Pause, um den
Anwesenden Zeit zum Nachdenken zu geben. »Ich sage es euch.
Schon bald werden wir keine Weichen mehr umnummerieren und keine
Züge auf die falschen Gleise schicken können. Wir werden
die Weichen beschädigen müssen, um unsere Ziele zu
erreichen. Wir müssen vom passiven zum aktiven Widerstand
übergehen.« Als Kowalke die Gesichter der Anwesenden
musterte, wusste er, dass seine Worte

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