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Franzosenliebchen

Franzosenliebchen

Titel: Franzosenliebchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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weiterzugehen.
    Sogleich wiederholte
der Offizier seinen Befehl auf Deutsch. Nun blieb Goldstein stehen
und drehte sich langsam um. »Ja, bitte?«
    »Sie sprechen
kein Französisch?«
    »Nein. Kein
Wort.«
    Der Franzose machte
eine herablassende Handbewegung. »Der
Nächste.«
    *
    Auf der
Ladefläche eines Lastkraftwagens erreichte Goldstein am
frühen Abend die Innenstadt von Recklinghausen. Von da aus
nahm er die Straßenbahn nach Herne, wo er sich in der
Nähe des Bahnhofs ein Hotelzimmer suchte. Er aß etwas
und fiel wenig später in einen tiefen Schlaf.

16
    Montag, 19. Februar
1923
    Ah, Monsieur Trasse.
Bonsoir, bonsoir.«
    General Caron stand
auf und ging seinem Besucher entgegen. »Schön, dass Sie
meiner Einladung zu dem heutigen Abend trotz Ihrer
vielfältigen anderweitigen Verpflichtungen gefolgt sind. Es
ist mir eine Freude, Sie zu sehen.«
    Trasse blieb stehen
und reichte dem Franzosen die Hand. »Die Freude ist ganz auf
meiner Seite, Herr General.« Seine Augen blitzten.
    »Immer wieder
muss ich Ihr wirklich exzellentes Französisch bewundern. Wo
haben Sie es gleich gelernt?«
    »Ich habe Ende
des letzten Jahrhunderts einige Semester in Paris
studiert.«
    »An der
Sorbonne?«
    »Wo
sonst?«
    »Natürlich,
natürlich.« Der General zeigte auf die Sitzgruppe.
»Bitte nehmen Sie doch Platz. Wein? Cognac?«
    »Wein,
bitte.«
    Wieland Trasse setzte
sich in den schweren Sessel. »Wenn Sie gestatten, Herr
General, würde ich vorschlagen, dass wir auf den weiteren
Austausch unverbindlicher Höflichkeiten verzichten und gleich
zur Sache kommen.« Der Deutsche lächelte ironisch.
»Die Einladung, die mir Ihr Ordonnanzoffizier überbracht
hat, ähnelte mehr einem Befehl, war mein Eindruck. Ihr
Offizier wäre doch sicherlich nicht ohne mich zu Ihnen
zurückgekehrt, oder?«
    »Selbstverständlich
nicht.« General Caron hob sein Glas.
    »Trotzdem haben
Sie hoffentlich nichts gegen einen guten Wein einzuwenden.
Burgunder. Probieren Sie.«
    Der Regierungsrat nahm
einen Schluck und blickte sein Gegenüber erwartungsvoll
an.
    »Herr Trasse,
wir haben Grund zu der Vermutung, dass Sie über exzellente
Kontakte nicht nur ins Berliner Finanzministerium, sondern auch in
das Innenministerium verfügen.«
    »Selbstverständlich
habe ich Beziehungen ins Finanzministerium. Schließlich ist
das mein Beruf. Aber zum Innenministerium …« Trasse
schüttelte leicht den Kopf. »Nein. Da muss ich Sie
enttäuschen.«
    Der General stellte
sein Glas ab. »Würden Sie mir Ihr Wort darauf
geben?«
    Trasse zögerte
einen kleinen Moment mit der Antwort. Dann sagte er: »Nein.
Sie wissen, dass unsere Seite die Besetzung des Rheinlandes und des
Ruhrgebietes als völkerrechtswidrigen, kriegerischen Akt
betrachtet. Sie wissen sicherlich auch, dass ich als Beamter an
meinen Amtseid gegenüber Deutschland und seiner Regierung
gebunden bin und gebunden sein will. Im Grunde dürfte ich noch
nicht einmal hier sitzen und Wein mit Ihnen trinken. Aber da ich ja
nicht freiwillig gekommen bin, wird mein Dienstherr sicher
darüber hinwegsehen.« Er lächelte erneut.
»Aber Ihnen mein Wort geben? Wie käme ich
dazu!«
    »Diese Antwort
hatte ich befürchtet. Ein Mann Ihrer Intelligenz und
Integrität ist stets auf der Hut. Also vergessen Sie mein
Anliegen.« Der General machte eine Pause. »Wenn Sie
gestatten, möchte ich Ihnen eine kurze Geschichte
erzählen. Wie Ihre Regierung über gute Kontakte zu
unseren Pariser Dienststellen verfügt, so haben wir solche
Kontakte natürlich auch zu den deutschen Ministerien. Das
wissen wir, das wissen Sie. Und einer dieser Kontakte, nennen wir
ihn ›Jemand‹, meint nun, des Öfteren Ihren Namen
gehört zu haben. Allerdings arbeitet Jemand nicht im Finanz-,
sondern im Innenministerium.« 
    Als Trasse ihn
unterbrechen wollte, hob Caron die Hand. Sein Tonfall wurde hart.
»Bitte warten Sie noch einen Moment. Jemand geht sogar so
weit und behauptet, Sie würden im Auftrag der deutschen
Regierung hier im Landkreis Recklinghausen den passiven Widerstand
der Bevölkerung gegen uns organisieren. Sie seien der
strategische Kopf hinter den Aktionen, die diese Leute
durchführen. Und Sie würden dafür sorgen, dass der
Widerstand auch finanziell nicht ausblutet. Das alles hat uns
Jemand erzählt, Herr Trasse. Und ich glaube unserem
Jemand.«
    Wieland Trasse hatte
sich Carons Beschuldigung angehört, ohne eine Miene zu
verziehen. »Ihr Jemand scheint ein fantasiebegabter Mensch zu
sein, Herr General.«
    »Wie gesagt, ich
bin

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