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Franzosenliebchen

Franzosenliebchen

Titel: Franzosenliebchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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mir ziemlich sicher, dass seine Informationen
stimmen.«
    Trasse nahm einen
Schluck Wein. »Also verhaften Sie mich jetzt?«, fragte
er gelassen.
    »Nein. Ich
möchte Ihnen stattdessen ein Geschäft
Vorschlägen.«
    »Ach. Das ist ja
interessant. Unterstellen wir für einen Moment, ich wäre
tatsächlich derjenige, für den Sie mich halten. Warum
sollte ich mich dann ausgerechnet mit Ihnen, dem Befehlshaber der
Besatzungstruppen in meiner Heimatstadt, auf ein Geschäft
einlassen?«
    »Die Antwort ist
ganz einfach: weil es sonst Ihren Kopf kosten kann«,
entgegnete der General trocken. »Ich habe Erkundigungen
über Sie eingezogen, Herr Trasse. Sie mögen zwar wie ich
ein Patriot sein, aber Sie sind alles andere als dumm. Und tote
Patrioten hatten wir auf beiden Seiten seit 1914 genug, finde ich.
Stimmen Sie mir zu?«
    Der Regierungsrat
nickte bloß.
    »Ein guter
Anfang. Und damit Sie mich nicht missverstehen: Würden
deutsche Soldaten in meiner Heimat stehen, ich würde mich
nicht einen Deut anders verhalten, als Sie und Ihre Landsleute es
tun. Aber ich habe einen Auftrag zu erfüllen und werde ihn
kompromisslos ausführen. Hier also mein Angebot.« Caron
griff zu einer Aktenmappe und zog ein Schriftstück hervor. Er
hielt es hoch, sodass Trasse es lesen konnte. »Bei Ihren
Französischkenntnissen dürften Sie kein Problem haben zu
erkennen, dass es sich bei diesem Akt in der Tat um einen
Haftbefehl handelt, ausgestellt auf Ihren Namen. Als Haftgrund wird
dringender Spionageverdacht angegeben. Sie wissen, was das
heißt?«      
    Trasse blieb weiterhin
stumm.
    »Natürlich
wissen Sie es. Also, wenn Sie mit uns kooperieren, zerreiße
ich den Haftbefehl und rette Ihren Hals. Tun Sie das nicht, rufe
ich die vor meiner Tür wartende Wache. Das nächste Mal,
wenn Sie Tageslicht sehen, werden Sie sich auf dem Weg zum
Hinrichtungsplatz befinden. Wie entscheiden Sie
sich?«
    Die Mundwinkel des
Regierungsrates zuckten. Lakonisch stellte er fest: »Ich soll
Ihnen also meine Landsleute ans Messer liefern.«
    »Natürlich
nicht alle. Mich interessieren Saboteure, Attentäter. Nicht
die kleinen Fische, die Flugblätter gegen uns verteilen oder
jungen Frauen mit dem Abschneiden ihrer Haare drohen, wenn sie sich
mit meinen Landsleuten einlassen. Nun?«
    Wieland Trasse griff
erneut zum Weinglas. Seine Stimme zitterte nur unmerklich.
»Zerreißen Sie den Haftbefehl. Ist wirklich gut, Ihr
Burgunder.«
    *
    Als er eine halbe
Stunde später im Fond des Wagens saß, in dem er von
einem der Offiziere Carons zu seiner Wohnung zurückgebracht wurde, hatte
er seine Selbstsicherheit zurückgewonnen. Eigentlich kann mir
das Angebot des Generals nur recht sein, dachte er. Er würde
Vorsicht walten lassen müssen, gewiss. Aber es kam seinem Plan
sehr entgegen.
    Befriedigt lehnte er
sich zurück und schloss die Augen. Caron würde sich noch
wundern.

17
    Dienstag, 20. Februar
1923
    Bitte nicht.«
Der Soldat flehte um sein Leben.
    Goldstein blickte nach
unten, erkannte den gelben, wabernden Qualm am Boden des Trichters,
schaute in das verzweifelte Gesicht seines verwundeten Kameraden.
Sah die Todesangst in den weit aufgerissenen Augen des
anderen.
    »Bitte!«
    Mit einem Fuß
auf der Schulter des Todgeweihten schob sich Goldstein Zentimeter
für Zentimeter hoch, fühlte mit der suchenden rechten
Hand einen Ast oder eine Wurzel am Rand des Granatentrichters,
krallte sich fest und zog sich nach oben, weg vom Gas.
    »Mutter«,
hörte Goldstein seinen Kameraden noch stöhnen, bevor er
sich in die trügerische Sicherheit des offenen Geländes
wälzte, mitten hinein in den Granatenhagel der Franzosen.
Goldstein rappelte sich auf, lief geduckt weg von dem Krater, warf
sich in den Schlamm, als er das Pfeifen eines Schrapnells
hörte, sprang wieder auf und rannte weiter, der eigenen Linie
entgegen. Kurz bevor er den Graben erreichte, verspürte er
einen heftigen Schlag im Rücken und stürzte. Voller
Entsetzen bemerkte er vor sich wieder den Kameraden mit dem blutigen
Armstumpf. In der unverletzten Hand trug er Goldsteins Stahlhelm,
aus dem gelbe Gasschwaden herausquollen. Mit ausdruckslosem Gesicht
reichte der Sterbende ihm den Helm. »Bitte.«
    Goldstein griff zu.
Der Gasnebel verdichtete sich zu einer Wolke. Starr vor Angst
verfolgte Goldstein, wie sich das Gas zu einer gelben Kugel formte,
langsam in Richtung seines Kopfes flog und ihn schließlich
völlig umschloss. Er rang nach Luft und atmete Gas. Der andere
Soldat lachte auf und schlug

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