Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Franzosenliebchen

Franzosenliebchen

Titel: Franzosenliebchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
Vom Netzwerk:
schlimm
daran?
    Wieder
kalt.
    Mittwoch,
24.1.23
    J und ich haben uns
geküsst!!!! Nicht so, wie es Kinder tun. Nein, wie Mann und
Frau. Ich liebe ihn, liebe ihn. Ach, J. Warum ist alles nur so
kompliziert?  
    Frost.
    Donnerstag,
25.1.23
    Mein erster
Liebesbrief!! Von J. Ich habe ihn am Abend Dutzend Mal gelesen und
werde ihn gut verstecken. Ach, du mein Lieber.
    Später W. auf
dem Weg getroffen. Ahnt er etwas von meinen Treffen mit J? Er hat
so seltsame Bemerkungen gemacht. Vielleicht sollte ich mit Mutter
darüber sprechen. Oder besser doch nicht. Sie würde es
nicht verstehen.
    Frost.
    Das war der letzte
Eintrag. Am nächsten Tag war Agnes Treppmann ermordet
worden.
    Goldstein war
betroffen. Bisher war die Tote ein Opfer gewesen, das zwar einen
Namen hatte, dessen Schicksal ihm aber nicht wirklich nahegegangen
war. Die Tagebucheinträge, so knapp sie auch gehalten waren,
hoben die Distanz auf. Plötzlich hatte er das Gefühl,
Agnes gekannt zu haben. Ihre Träume, Wünsche, Hoffnungen.
Mit einem Schlag beendet und ausgelöscht. Ihre Liebe zu dem
Franzosen, mochte sie auch nicht mehr als eine Schwärmerei
gewesen sein: erbarmungslos zerstört.
    Goldstein klappte das
Buch zu und gab es Lisbeth zurück. »Danke. Du hast mir
wirklich sehr geholfen«, sagte er mit belegter
Stimme.

42
    Mittwoch, 7. März
1923
    Wieland Trasse
ließ sich in den schweren Sessel fallen, der im Salon der
Villa Siegfried Königsgrubers stand, und streckte die Beine
aus.
    »Cognac?«,
fragte der Hausherr, dessen stattlicher Bauch nur
unvollständig von dem seidenen Hausmantel verdeckt
wurde.
    »Gern. Einen
doppelten.«
    Königsgruber nahm
eine Flasche aus dem Schrank.
    »Heute bewegt
sich der Hausherr selbst?«, spottete Trasse. »Ist das
Glöckchen defekt?« Er zeigte auf die Goldglocke, die auf
dem Tisch zwischen ihnen stand. »Auch die Tür hast du
eigenhändig geöffnet.«
    Sein Freund winkte ab.
»Das Mädchen hat heute frei.«
    »Wie sozial. Es
überrascht mich, dass du deinen Hausangestellten mitten in der
Woche Urlaub gewährst.«
    »Irgendein
Todesfall in ihrer Familie. Die Mutter oder so. Was weiß
ich.« Königsgruber öffnete die Flasche und goss
ein. »Also, warum bist du hier?«
    »Du erinnerst
dich an unser letztes Gespräch Ende Januar?«
    »Natürlich.
Du wolltest mir Schafenbrinck vom Hals schaffen. Zwar ist er tot,
wie ich gehört habe. Aber das Kaufhausprojekt in
Recklinghausen scheint trotzdem realisiert zu werden. Zumindest
gehen die Umbauarbeiten weiter.« Er schob den Schwenker zu
Trasse und hob selbst sein Glas. »Zum Wohl.«
    Der Regierungsrat nahm
einen Schluck. »Was würdest du davon halten, den Laden
zu übernehmen?«
    »Das Kaufhaus in
Recklinghausen?«
    »Nein. Das
gesamte Unternehmen.«
    Königsgruber
verschluckte sich fast. »Du scherzt.«
    »Das fiele mir
im Traum nicht ein.«
    Königsgruber
stellte sein Glas ab. »Erzähle!«, forderte er mit
gespannter Aufmerksamkeit.
    »Du stehst zu
deinem Angebot?«
    »Du meinst die
zwanzig Prozent?«
    Trasse grinste.
»Dein Gedächtnis lässt nach, mein Lieber. Ein
Viertel der Anteile an deinem Unternehmen. So lautete unsere
Vereinbarung.«
    »Ja, ja. Schon
gut. Also ein Viertel. Du kannst dich darauf
verlassen.«
    »Du weißt,
dass ich keinen Grund habe, an deinen Worten zu
zweifeln.«
    »Eben. Deshalb
…«
    Trasse schnitt
Königsgruber mit einer Handbewegung das Wort ab.
»Deshalb werden wir beide einen notariellen Vertrag
schließen, der mir die Besitzanteile überträgt,
sobald du Schafenbrincks Firma übernommen hast. Das
heißt, dass auch ein Viertel der Anteile an den
Kaufhäusern mir gehören wird. Du hast doch nichts
dagegen?« Der Regierungsrat grinste breit.
    »Natürlich
nicht«, erwiderte sein Freund schmallippig und griff wieder
zu seinem Glas. »Nun lass hören.«
    »Ich habe mit
Frau Schafenbrinck gesprochen. Die Frau mag in der Lage sein, ein
Damenkränzchen zu leiten, versteht aber von
geschäftlichen Dingen glücklicherweise so gut wie nichts.
Allerdings vertraut sie mir. Schafenbrincks Unternehmen steckt in
Geldschwierigkeiten.«   
    »Wer tut das
nicht in diesen Zeiten«, brummte
Königsgruber.
    »Die Firma
benötigt dringend eine Finanzspritze. Ich habe ihr geraten,
fünfundvierzig Prozent zu verkaufen. Und zwar im Juni. Den
Vertrag schließen wir allerdings bereits in den nächsten
Tagen. Ich habe die Firma taxieren lassen. Mit aller Diskretion,
versteht sich. Meine Beamten schätzen den Wert des
Unternehmens auf etwa einhunderttausend Dollar.

Weitere Kostenlose Bücher