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Fratze - Roman

Titel: Fratze - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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einem gemieteten Lincoln Town Car, wie wir darauf warten, von Vancouver, British Columbia, nach Süden in die Vereinigten Staaten fahren zu können, Signore Romeo wartet auf dem Fahrersitz, Brandy wartet vorne neben ihm, ich warte allein auf dem Rücksitz.
    »Die Polizei hat Mikrofone«, teilt Brandy uns mit.
    Der Plan ist, falls wir es über die Grenze schaffen, in Richtung Süden nach Seattle zu fahren, wo es Nachtclubs und Tanzschuppen gibt, wo Go-Go-Boys und Go-Go-Girls Schlange stehen werden, um die Fächer meiner Handtasche leerzukaufen. Wir müssen still sein, weil die Polizei, die hat Mikrofone auf beiden Seiten der Grenze, der amerikanischen und der kanadischen. Damit sie die Leute, die auf die Einreise warten, belauschen können. Womöglich haben wir kubanische Zigarren. Frischobst. Diamanten. Krankheiten. Drogen, sagt Brandy. Zwei Kilometer vor der Grenze weist sie uns an, die Klappe zu halten, also stehen wir in der Schlange und warten schweigend.
    Brandy wickelt den meterlangen Brokatschal ab, den sie um den Kopf trägt. Brandy, sie schüttelt die Haare über den Rücken und windet sich den Schal um die Schultern, um ihr Torpedo-Dekolleté zu verbergen. Brandy wechselt
zu schlichten Goldohrringen. Sie nimmt ihre Perlen ab und legt eine kleine Kette mit goldenem Kreuz an. Das alles, kurz bevor der Grenzwächter kommt.
    »Ihre Staatsangehörigkeit?«, sagt der Grenzer hinter seinem kleinen Fenster, hinter seinem Computerterminal, mit dem blauen Anzug und dem Klemmbrett hinter seiner verspiegelten Sonnenbrille und hinter seinem goldenen Dienstabzeichen.
    »Sir«, sagt Brandy, und ihre neue Stimme ist so mild und sähmig wie Maisgrütze ohne Salz und Butter. Sie sagt: »Sir, wir sind Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika, welche einst als das großartigste Land auf Erden bezeichnet wurden, bis die Homosexuellen und Kinderpornografen …«
    »Ihre Namen?«, sagt der Grenzer.
    Brandy beugt sich über Alfa, um dem Grenzer in die Augen zu blicken. »Mein Gatte«, sagt sie, »ist ein unbescholtener Mann.«
    »Ihren Namen, bitte«, sagt er, zweifellos ruft er bereits unser Nummernschild auf, stellt fest, dass es ein Mietwagen ist, gemietet in Billings, Montana, stellt vielleicht sogar schon fest, wer wir in Wirklichkeit sind. Findet vielleicht einen Bericht nach dem anderen, aus allen Teilen Westkanadas, über drei Verrückte, die Medikamente aus großen, zum Verkauf stehenden Häusern stehlen. Vielleicht läuft all das bereits über seinen Computerbildschirm, vielleicht auch nichts davon. Man kann nie wissen.
    »Ich bin verheiratet.« Brandy brüllt fast, um seine Aufmerksamkeit zu gewinnen. »Ich bin die Frau von Pastor Scooter Alexander«, sagt sie, noch immer halb über Alfas Schoß gefläzt.

    »Und das«, sagt sie und zieht eine unsichtbare Linie von ihrem Lächeln zu Alfa, »das ist mein Schwiegersohn, Seth Thomas.« Ihre große Hand rauscht in meine Richtung. »Und das«, sagt sie, »ist meine Tochter Bubba-Joan.«
    An manchen Tagen hasse ich es, wenn Brandy ohne Vorwarnung unser Leben verändert. Manchmal muss man zweimal am Tag mit einer neuen Identität zurechtkommen. Mit einem neuen Namen. Neuen Beziehungen. Handikaps. Es fällt mir schwer, mich zu erinnern, als wer ich diese Reise begonnen habe.
    Kein Zweifel, das ist die Art von Stress, die auch das immerfort mutierende Aids-Virus empfinden muss.
    »Sir?«, sagt der Grenzer zu Seth, vormals Alfa Romeo, vormals Chase Manhattan, vormals Nash Rambler, vormals Wells Fargo, vormals Eberhard Faber. Der Grenzer sagt: »Sir, haben Sie gekaufte Waren bei sich, die Sie in die Vereinigten Staaten einführen?«
    Der spitze kleine Zeh von meinem Schuh schiebt sich unter den Vordersitz, um meinen neuen Ehemann in den Hintern zu treten. Zu viele Einzelheiten haben uns umzingelt. Das von der Ebbe freigelegte Watt ist gleich da hinten, die kleinen Wellen kommen eine nach der anderen angeplätschert. Die Blumenbeete auf der anderen Seite sind so bepflanzt, dass sie Wörter buchstabieren, die man aber nur aus großer Entfernung lesen kann. Von Nahem sind es einfach jede Menge rote und gelbe Wachsbegonien.
    »Erzählen Sie mir nicht, Sie hätten noch nie unsere Sendung Christliches Heilen eingeschaltet«, sagt Brandy. Sie spielt mit dem kleinen Goldkreuz an ihrem Hals. »Hätten Sie eine unserer Sendungen gesehen, wüssten
Sie, dass Gott in seiner Weisheit meinen Schwiegersohn mit Stummheit belegt hat, er kann nicht sprechen.«
    Der Grenzer hackt auf seine

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