Fratzenmond: Katinka Palfys dritter Fall (German Edition)
beobachtete nun Hasseberg, der den Pool umrundete. Ihre Füße schrieen vor Kälte und Nässe. Trotzig behielt sie den Anwalt fest im Blick. Er stand am oberen Ende des Pools. Das Telefonat musste ihm Spaß machen, denn er lachte mehrmals laut. Dabei wirkte er auf Katinka ganz sympathisch. Er drehte ihr den Rücken zu und tätschelte mit der Hand über die Buchsbäume.
Katinkas Blick fiel auf den Boden des Schwimmbeckens. Ihr Herz blieb stehen. Für einen kurzen Moment vergaß sie ihre abgestorbenen Füße, die Nässe, die ihre Hosenbeine hochkroch. Sie presste eine Hand auf ihren Mund. Auf den blauen Kacheln war deutlich die braune, schmierige Spur zu sehen, die sie bei ihrer Schlitterpartie durch den Pool hinterlassen hatte. Überdeutlich konnte Katinka sogar die Stelle erkennen, wo sie hingefallen war. Au Backe, dachte sie. Schon sah sie Hasseberg in den Pool steigen, die Steigung hinabrutschen, das Telefon in seiner Hand verwandelte sich in eine Pistole. Konzentrier dich, befahl sie sich selbst. Er steht immer noch da oben bei den Buchsbäumen. Ihr Herz rumpelte.
Hasseberg schien sein Gespräch beendet zu haben. Er ließ das Telefon sinken und ging langsam zur Terrasse zurück. Dann blieb er stehen und starrte in den Pool.
Nein, flehte Katinka. Nein. Es ist eine Täuschung. Er sieht die Spur nicht.
Hasseberg sah sie doch. Er runzelte die Stirn. Meine Augen müssen plötzlich besser geworden sein, dachte Katinka verzweifelt, so deutlich sehe ich sein Gesicht. Dann blickte Hasseberg direkt auf den Spalt. Katinka zuckte zusammen. In der Düsternis konnte er sie unmöglich sehen. Und weshalb sollte er vermuten, dass Katinka dahinter versteckt war? Unmöglich. Unmöglich, redete sie sich zu. Es begann wieder zu regnen. Hassebergs Stirn glättete sich. Dann drehte er sich plötzlich um, starrte ins Gebüsch hinter sich. Katinka hatte nichts gehört. Hoffentlich macht Britta keinen Mist, dachte sie.
»Na so was!«, klang Hassebergs Stimme zu ihr hinüber. Er bückte sich. Katinka starrte gebannt hin. Hasseberg richtete sich wieder auf. In der Hand hielt er einen zappelnden, braunen Klumpen.
»Schon wieder einer von euch«, sagte Hasseberg. Seine Stimme klang zärtlich. »Da scheint ja eine ganze Familie mit dem Winterschlaf Probleme zu haben. Au!«
Beinahe hätte er den Igel fallen lassen. Katinka beobachtete voller Erleichterung, wie Hasseberg, ganz von dem Tierchen in Anspruch genommen, einen letzten, desinteressierten Blick auf den Boden des Schwimmbeckens warf und dann zur Terrasse zurückging. Sie hörte ihn auf den Igel einreden. Dann schloss sich die Tür. Hasseberg war weg.
Könnte eine Falle sein, dachte Katinka. Doch wie von selbst streckten sich ihre Hände zu dem Spalt in der Poolwand aus, sie schob schon den Kopf durch und stieß sich vom Boden ab. Mit ihren steifgefrorenen Beinen war es viel schwieriger, aus dem Versteck zu kriechen, als es vorhin gewesen war, hineinzukommen. Mehrmals stieß sie sich die Knie an den Kacheln an. Als sie endlich auf der anderen Seite auf den Boden plumpste, merkte sie, wie sie am ganzen Körper zitterte. Ihre Beine wollten sie nicht tragen, und sie richtete sich nur mit Mühe auf, tastete mit den Händen nach der Poolwand. Sie hatte den Eindruck, auf sonderbaren, aufgeblasenen Kissen zu laufen, nicht auf ihren Füßen. Ängstlich spähte sie zur Terrasse hinauf. Sie lag im Dunkeln. Hinter den großen Fenstern leuchtete nur noch ein mattes Licht. Hasseberg versorgt seinen Igel, dachte Katinka. Ich werde mich bei allen Igeln dieser Welt bedanken, sobald ich zu Hause im heißesten Badewasser der Welt liege.
Es war schwer, auf den abschüssigen Kacheln nach oben zu laufen. Mehrmals rutschte sie ab. Schließlich krabbelte sie auf allen vieren durch den Matsch. Die Sehnsucht, schnell ins Warme und Trockene zu kommen, machte sie unvorsichtig.
Als sie im seichten Bereich des Pools angekommen war und den Kopf hochstreckte, reagierte der Bewegungsmelder. Lichter flammten auf, so grell wie Flakscheinwerfer. Katinka kroch geduckt aus dem Becken und warf sich hinter die Buchsbäume. Nichts geschah. Kein Anwalt mit Telefon und Igel tauchte auf. Sie wartete.
Nach unendlich langer Zeit ging das Licht aus. Ka-tinka rappelte sich auf. Sie rannte so schnell sie konnte um den Pool herum, an der Terrasse vorbei, hielt sich so nah wie möglich am Rand des Grundstücks. Als sie die Stelle im Zaun erreichte, wo sie vorhin durchgeschlüpft war, strahlte erneut Licht auf. Sie wollte sich
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