Fratzenmond: Katinka Palfys dritter Fall (German Edition)
plötzlich auf und fetzte dem Kommissar beinahe das krümelige Foto aus der Hand.
»Und?«, fragte er.
»Es klebte an meiner Fensterscheibe in der Hasengasse.«
Sein Blick war kühl.
»Schon wieder«, sagte er. »Immer kriegen Sie mysteriöse Botschaften. Gleichsam aus einer anderen Welt.«
Jetzt sagt er gleich wieder, dass er mich nach Hause begleiten will, seufzte Katinka im Stillen.
»Sie meinen, wie im vergangenen Sommer die Zettel?« Sie kramte in ihrem Rucksack. »Fast hätte ich es vergessen. Tom hat mir mal Hersteller von Masken für Film und Theater aus dem Internet rausgesucht. Wollen Sie die Liste haben?«
Er nahm sie.
»Ich lasse sie abgleichen mit den Listen, die meine Leute gecheckt haben«, sagte er.
»O.k.«
»Passen Sie auf sich auf.« Hardo nickte ihr zu, berührte kurz ihre Schulter und ging.
Ich weiß nicht mal, wo er wohnt, dachte Katinka.
13. Hochzeit
Mehrmals in den folgenden Tagen versuchte Katinka, Alina Faber zu erreichen, aber erfolglos. Sie hinterließ etliche Nachrichten auf dem Anrufbeantworter, ohne den versprochenen Rückruf zu erhalten. Am Samstag, dem Tag, an dem Philipp Hasseberg und Kathrin Brettschneider heiraten wollten, fuhr Tom zu einem Kunden nach Nürnberg. Er hatte das in Auftrag gegebene Programm endlich fertig gestellt und sollte es gleich dort auf dem Rechner installieren und vorführen. Katinka langweilte sich den Vormittag über. Sie kam nicht richtig in die Gänge, wollte mit Vishnu spielen. Der göttliche Kater beachtete sie nicht. Schließlich machte sie sich auf den Weg in die Stadt, lieh sich in der Stadtbücherei ein paar Bildbände aus und schleppte sie gerade nach Hause, als sie auf Britta stieß.
»Hej, Katinka. Stell dir vor. Ich nehme an einer Studienreise teil. In ein paar Tagen starten wir.«
»Wohin geht’s?«
»Florenz. War ein totaler Zufall. Jemand fiel in letzter Minute aus. Glück für mich, Urlaub habe ich sowieso noch massenweise übrig, der würde für eine Weltreise reichen.«
»Gib nicht so an!«, grinste Katinka.
Britta zuckte lachend die Schultern. »Trinkst du einen Kaffee bei mir?«
Katinka folgte ihr in die Luitpoldstraße. Als sie darauf wartete, dass Britta endlich ihren Hausschlüssel fand, blickte sie an der Fassade nach oben. Sie zuckte zusammen.
»Was ist?«, fragte Britta. »Hat dir eine Taube auf den Kopf gemacht? Du kennst doch den alten Sponti-Spruch: Halte London sauber, iss eine Taube am Tag. Würde auf Bamberg auch passen.«
Katinka atmete langsam aus. Sie spürte, wie sich ihr Herzschlag schon wieder beruhigte.
»Ich habe nur … da oben, die Fratzen …«
Britta folgte ihrem Blick.
»Das sind Löwenköpfe, keine Fratzen«, sagte sie. »Siehst du Gespenster?«
»Mag sein.« Während sie zu Brittas Wohnung hinaufstiegen, erzählte sie ihrer Freundin von dem Fratzenfoto.
»Das gleiche hängt an Idas Haustür?« Britta schnickste ihre Schuhe weg.
»Exakt das gleiche.«
»Was hat das wohl zu bedeuten!«
Katinka folgte Britta in die Küche.
»Das ist es ja – ich weiß es nicht. Als ich zum Copyshop ging, war der Aufkleber noch nicht an meinem Fenster. Glaube ich jedenfalls. Dann kam ich zurück. Achtete nicht darauf. Plötzlich platzte Philipp herein. Ich stand hinten im Nebenzimmer.«
Britta hantierte mit der Kaffeemaschine. Das luxuriöse Gebilde aus Chromnickelstahl erinnerte Katinka entfernt an ein Ufo. Allerlei Knöpfe blinkten in Rot und Grün.
»Also könnte er das Foto hingeklebt haben.«
»Bloß – wozu?« Katinka setzte sich. »Es ist so unheimlich.«
Britta kniff die Augenbrauen zusammen.
»Ich weiß nicht recht. Kommt mir eher wie ein dämlicher Scherz vor. Außerdem sind es doch Schutzgeister.«
»Eben. Jemand hält es offensichtlich für nötig, dass ich von einem Geistwesen vor Schlimmem behütet werde.«
Britta wiegte den Kopf.
»Natürlich sehen wir als kluge Mädchen gleich einen Zusammenhang mit Ida Schencks Halluzinationen, stimmts?« Mit einem lang gezogenen Fauchen spie die Kaffeemaschine das duftende Gebräu in die Porzellantassen. »Wobei ich mich frage, wer wissen kann, dass du von den Fratzengesichtern weißt.«
»Eigentlich niemand.«
»Und uneigentlich?«
»Britta, ich weiß es nicht. Hm, wunderbarer Kaffee.«
»Ja, ein großer Brauner, wie du ihn magst«, lachte Britta. »Ich weiß, womit man eine Wienerin glücklich macht.«
»Ich sehe mich nicht als Wienerin«, wimmelte Katinka ab. »Ich bin eine Mixtur aus allem m öglichen.«
Sie tranken schweigend
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