Fratzenmond: Katinka Palfys dritter Fall (German Edition)
kam so einmal die Woche. Und auch Frau Faber. Die war ja immer sehr nett zu Ida. Und nahm sich soviel Zeit.«
Katinka nickte.
»Kam auch ihre Freundin häufig?«
Die Brühls sahen sich unsicher an.
»Eine Dame mit einem burschikosen Kurzhaarschnitt, etwa in Ida Schencks Alter. Sie fährt einen Austin Mini. «
»Ja, so ein Auto habe ich schon ab und zu gesehen«, sagte Brühl. Er klebte mit einer entschlossenen Bewegung ein paar abstehende Haarflusen wieder an seinen Kopf. »Rauchen Sie? Ach, habe ich ja eben schon gefragt. Ist auch so ungesund. Meine Frau versucht, aufzuhören.« Brühl grinste schief. Helga marschierte im Stechschritt zur Terrassentür und riss sie auf. Der scharfe Herbstwind fuhr herein. Katinka fröstelte. Ihre Jeans waren oberhalb der Knie durchnässt. Von ihrem Platz aus erkannte sie deutlich Idas Terrasse. Hätten die Brühls in der Mordnacht aus dem Fenster gesehen, wäre der Bamberger Reiter direkt vor ihren Augen durch die zerborstene Scheibe in Idas Haus eingedrungen.
Katinka zog das zerschlissene Fratzenfoto aus dem Rucksack und legte es vor den Brühls auf den Tisch. Beide betrachteten es mit dem Gesichtsausdruck von Reihern, die nach Essbarem suchen.
»Woher haben Sie das denn?«
»Wenn ich das wüsste«, tat Katinka unschuldig. »Was ist das, was meinen Sie?«
»Irgend so eine Maske aus Idas Sammlung«, überlegte Helga Brühl.
»Nein, Helga, so eine Maske hat Ida nicht.«
»Du kennst ihre Sachen aber gut.« Das klang scharf. Brühl wurde unnötigerweise rot.
»Ich … interessiere mich sehr für, naja, für andere Kulturen.« Er betrachtete seine halb aufgerauchte Zigarette, als überlegte er, sie auszudrücken. Dann entschied er sich dagegen. Seine Frau stöhnte theatralisch. »Aber meine Helga verreist nicht gern.«
»Also, ich bitte dich …« Zornig rupfte Helga Brühl Fusselknötchen von ihrem Wollkleid.
Katinka stand auf.
»Kennen Sie sich mit Computern aus?«
»Also, so was kommt uns nicht mehr ins Haus«, befand Helga Brühl.
Katinka legte ihre Visitenkarte auf Brühls Zigarettenschachtel. »Falls Ihnen was einfällt. Schönen Tag noch.«
Die Brühls beobachteten Katinka, wie sie aufs Fahrrad stieg und losfuhr. An Idas Gartentor hielt sie an und musterte intensiv die Haustüre. Ein rechteckiger Aufkleber verunzierte den Holzrahmen. Katinka wischte die Brille sauber. Sie war sich sicher. Dieselbe Fratze riss darauf ihr Maul auf. Aus den Augenwinkeln sah sie die Brühls zu ihr hinüberblicken. Kein Gedanke, jetzt bei Ida einfach aufzuschließen. Aufmerksame Nachbarn sind was wert, dachte Katinka seufzend. Wie hieß das Sprichwort? Gute Zäune machen gute Nachbarn. Oder so ähnlich. Sie stieg ab, besah sich das Foto. Es war genau so eines wie ihres. Mit der Handykamera machte Katinka ein Bild, dann schwang sie sich wieder aufs Rad und fuhr davon.
Sie hatten keinen Treffpunkt ausgemacht, so dass für das Treffen mit Hauptkommissar Harduin Uttenreuther nur das Spezial in der Königstraße in Frage kam. Seine Lieblingskneipe. Katinka umfing ein Aggregatzustand aus brodelnder Wärme, Zigarettenqualm und unglaublichem Lärm. Ihre Brille beschlug. Mit zusammengekniffenen Augen schob sie sich durch den großen Raum in das Nebenzimmer. Harduin Uttenreuther saß auf seinem angestammten Platz. Hier hatten sie sich vor gut einem halben Jahr kennen gelernt. Er hatte einen Krug vor sich stehen. Seine grauen Augen scannten aufmerksam den gesamten Raum. Als er Katinka erblickte, hob er kurz die Augenbrauen. Sie war sich sicher, für einen bescheidenen Moment ein winziges Lächeln in seinen Mundwinkeln schweben zu sehen. Energisch klopfte sie auf die Tischplatte.
»Palfy«, sagte er als Begrüßung.
»Guten Abend wünsche ich.«
Uttenreuther bestellte ihr bereits ein Bier.
»Setzen Sie sich.«
Im nächsten Moment stand der Krug schon vor Katinka. Sie stießen an. Hardo sagte nichts weiter. Er fixierte Katinka, ließ seinen Blick durch den Raum schweifen und sah sie wieder an.
»Gibt’s was Neues?«, fragte Katinka.
»Wenn Sie wissen wollen, wie weit unsere Ermittlungen gediehen sind, muss ich Sie enttäuschen. Oder Ihnen einen inneren Reichsparteitag bereiten. Wir stecken fest.«
»Wie sieht es mit den Finanzen der Familie aus?«
»Nichts Auffälliges.«
»Und Alibis?«
Hardo lachte. »Wie sollte ich mich Ihrem zurückhaltenden Charme entziehen. Aber Sie halten die Klappe, ja? Also: Roland Hasseberg: kein Alibi, war angeblich zu Hause. Philipp Hasseberg und
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