Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fratzenmond: Katinka Palfys dritter Fall (German Edition)

Fratzenmond: Katinka Palfys dritter Fall (German Edition)

Titel: Fratzenmond: Katinka Palfys dritter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
Vom Netzwerk:
schwitzte von der Anstrengung. Der Berg war steiler, als sie ihn in Erinnerung hatte. Irgendwo links ging es in den Weinbergweg. Am Tag beschaulich, in der Nacht zum Gruseln, dachte sie und erinnerte sich schaudernd an ihren Ausflug dorthin im Zuge der letzten Ermittlungen. In Höhe des unteren Parkplatzes stieg sie ab und schob das Fahrrad ein Stück. Aus dem fast blätterlosen Wald echoten die Antworten auf die Windböen. Die blicklose Fratze tauchte neben Katinka auf und spuckte Häme. Sie reflektierte in den schwarzen Bäumen. Aus ihrem weit aufgerissenen Maul tönte ein Heulen. Katinka zuckte zusammen. Sie rutschte auf einem Haufen nasser Blätter aus und fiel hin. Ihr Fahrrad kippte um und landete klappernd auf der Straße.
    Katinka atmete durch. Das faulige Laub pappte an ihren Jeans, als sie sich aufrappelte und nach dem Fahrrad griff. Ein Auto kam von oben. Viel zu schnell. Raste um die Kurve. Katinka ließ das Rad fallen und sprang zur Seite.
    »He, Idiot!«, schrie sie.
    Der Wagen machte einen Schlenker, einen Augenblick sah sie im grünen Schimmer des Armaturenbretts den Fahrer und sein erschrockenes Gesicht. Um Haaresbreite rutschte er an ihrem Rad vorbei, bekam den Wagen wieder in den Griff und jagte davon.
    Während Katinka abwartete, dass sich ihr Herz beruhigte, richtete sie das Rad auf. Irgendwas in ihrem Mund schmeckte metallisch. Sie starrte hinauf zur Altenburg. Die leuchtete in sattem Gelb. Katinka wischte die Blätter von ihrer Hose. Die Burg kam ihr wie eine Miniaturausgabe ihrer selbst vor, wie sie Eisenbahnfreaks für ihre Modelllandschaften zusammenbauten. Sie fühlte sich fiebrig, genau in dem Zustand, in dem man gleichzeitig schwitzte und fror. Die Windstöße ließen die nassen Stellen an ihren Beinen beinahe gefrieren. Energisch stieg sie in die Pedale und strampelte das letzte steile Stück hinauf. Dann hatte sie den höchsten Punkt erreicht. Sie stand vor der Brücke, die über den Burggraben führte, und schloss ihr Rad ab.
    Der Parkplatz war über und über voll mit Autos. Sie erkannte Hassebergs BMW, für den heutigen Tag mit weißen und rosa Rosen geschmückt. In der herbstlichen Tristesse sah der auf Hochglanz polierte Wagen aus wie aus einer anderen Galaxis. Ein einziges verkrüppeltes Ahornblatt hatte sich auf das leuchtende Bouquet gesenkt. Katinka pickte es auf. Es blieb an ihren Fingern kleben. Sie schüttelte ihren Arm. Das Blatt fiel herunter und versank in der Dunkelheit. Katinka wandte sich um und schrak zusammen. Auf der Brücke stand jemand, ein dicker Kerl in einem schwarzen Anzug, ein Bier in der Faust, und starrte in den Burggraben. Der weiße Kragen schien in der Dunkelheit zu fluoreszieren. Wie der Schaum auf dem Pils. Der Typ war eben noch nicht dagewesen.
    Katinka schob die Schultern zurück. Sie klopfte den letzten Rest Dreck von ihren Jeans und trat auf die Brücke.
    »Guten Abend. Herr Einwag, oder?«
    Grits Freund schrak zusammen.
    »Äh«, begann er und starrte Katinka an. Dann nahm er in seiner Hilflosigkeit einen großen Schluck Bier.
    »Katinka Palfy. Wir sind uns auf der Beerdigung von Ida Schenck begegnet.«
    »Ach ja«, sagte er lahm.
    Katinka lehnte sich neben ihn an das Geländer.
    »Wie läuft das Fest?«
    »Wie? Äh, gut«, murmelte Norbert Einwag. Er stellte das Pilsglas auf das Geländer. Katinka bewegte sich vorsichtig. Das Glas wackelte. Ein wenig Schaum schwappte über und rann außen am Glas herunter.
    »Sie scheinen ja nicht gerade in Feierlaune zu sein.«
    Er antwortete nicht. Katinka hatte den Eindruck, der Prozessor in seinem Hirn suche fieberhaft nach irgend-etwas, was er sagen könnte, bliebe aber hängen. Trotz der Kälte lief Einwag der Schweiß übers Gesicht.
    »Ich … wusste nicht, dass Sie auch eingeladen sind«, sagte er. »Aber Sie sind ziemlich spät dran. Sie verpassen ja das Essen.«
    »Berufliche Verspätung«, sagte Katinka leichthin. Eine Windbö fegte durch das Vorhaus. Sie schauderte. Einwag griff nach dem Bier, als könne der Sturm es ihm forttragen. Die Bäume neigten sich gefährlich weit zu Boden und rissen die Kronen zurück in die Nacht. »Im übrigen tanze ich ohnehin viel lieber als dass ich esse.«
    Katinka wurde rot. Sie hatte völlig unbeabsichtigt auf sein Gewicht angespielt. Einwag grinste. Er wies auf Katinkas Turnschuhe und sagte:
    »Sie tanzen eher Rock ’n’ Roll, oder?«
    Katinka lachte.
    »Wie geht’s Grit?«
    »Naja, es ist die Hochzeit ihres Bruders. Sie amüsiert sich.«
    Etwas Resigniertes

Weitere Kostenlose Bücher