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Fratzenmond: Katinka Palfys dritter Fall (German Edition)

Fratzenmond: Katinka Palfys dritter Fall (German Edition)

Titel: Fratzenmond: Katinka Palfys dritter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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Muskeln an, sie zu halten. Jemand war dort oben. Wenn es nicht derjenige war, der sie in die Tiefe gestoßen hatte, dann war es jemand, der sie retten würde. Sie schloss die Augen. Der Fuß glitt aus dem Mauervorsprung.
    Aus, dachte Katinka.
    Jemand griff in ihren Hosenbund. Ein Arm legte sich um ihre Schulter. Ein anderer um ihren Bauch. Noch einer um ihre Beine. Sie schrie auf.
    »Wir haben Sie.«
    Katinka verspürte den heißen Wunsch, sich gegen die Umklammerung zu wehren. Um sich zu schlagen. Zu toben und zu brüllen. Sie bewegte das Bein.
    »Wir haben Sie. Lassen Sie los.«
    Ihre Finger klebten am Wasserspeier wie angeschweißt. Die Muskeln reagierten nicht. Für die Ewigkeit hielten sie den Stein umklammert.
    »Lassen Sie schon los, Palfy!«
    Unter Aufbietung aller Konzentration löste sie die Finger. Schlaff fiel ihr Arm ins Nichts. Ihr Oberkörper kippte ein Stück nach unten. Sie schrie auf und hörte, wie jemand redete, Anweisungen erteilte, dann zerrte ein vielarmiges Wesen sie über die Ringmauer. Ihr nackter Bauch wurde über den Stein geschleift. Sie stöhnte vor Schmerz, als ihr Kinn gegen die Mauer schlug.
    »Vorsicht. Vorsicht, Dütsch.«
    Ein Arm griff unter ihre Rippen und richtete sie auf, damit sie nicht mit dem Gesicht gegen die Brüstung stieß.
    Als ihre Füße den Boden berührten, spürte sie zuerst die Nässe, die den linken Socken durchdrang. Dann den Anflug von Übelkeit. Ihre Hände stießen sich ganz von selbst von der Brüstung ab. Sie taumelte und schlug um sich. Sie wollte weg. Nur weg von der Mauer und dem Abgrund.
    »Katinka!« Harduin Uttenreuther ließ sie los. Er gab dem Polizisten neben ihm ein Zeichen. Katinka sah sein rotes Haar, die schiefgerückte Polizeimütze. Urban Dütsch. Polizeiobermeister. Und der Hauptkommissar.
    Der Schwindel riss sie beinahe zu Boden. Hardo fing sie auf. »Ganz ruhig.«
    Er sagte etwas zu Dütsch. Der ging weg. Hardo nahm Katinka behutsam die Brille ab, verstaute sie in seiner Hemdtasche und nahm sie in die Arme. Sie hielten Katinka fest wie Stahlseile. Sie roch sein Aftershave. Ihr ganzer Körper zitterte, von der Kälte und von der Anstrengung. Der Brechreiz kam unvermittelt. Katinka riss sich los, stützte sich an der Brüstung ab und übergab sich. Geh weg, flehte sie still in Hardos Richtung. Er stand ungerührt neben ihr und hielt sie bei den Schultern.
    »Schon recht. Nur raus damit. Dann ist es weg.«
    Es kam ihr vor, als ginge seine Stimme einmal um sie herum. Errichtete einen Zauberkreis, der den Abgrund jenseits der Ringmauer weit wegrückte. Sie würgte und würgte, bis nur noch Galle kam. Hardo reichte ihr ein Taschentuch. Ein richtiges, eins aus Stoff. Sie vergrub ihr Gesicht darin.
    »Wenn Sie hier halb nackt in der Kälte stehen, werden Sie mir noch krank.«
    Katinka sah an sich herunter. Der Pullover war bis zum BH hochgerutscht. Die Fleecejacke hing nur noch an ihrem linken Arm. Desinteressiert richtete sie ihre Sachen. Ihre Schultern taten ihr weh. Sie schaffte es kaum, in den flatternden Jackenärmel zu schlüpfen.
    »Tut mir leid, dass wir Sie so zugerichtet haben.«
    »Hardo«, flüsterte Katinka. »Mir ist schlecht. Mir ist so beschissen schlecht.« Ihre Stimme hörte sich ganz zerkratzt an.
    »Ich weiß. Das ist normal.« Er legte ihr seine Lederjacke um.
    Sie spürte seine Wärme, als sie sich an ihn lehnte. Ihr eigenes Dasein kam ihr kalt, erstarrt und steinhart vor.
    »Hören Sie, Katinka. Je schneller Sie mir sagen, was hier passiert ist, desto schneller können wir einschreiten.«
    Er wartete einen Moment ab.
    »O.k.«, flüsterte Katinka. Sie drehte sich um und sah auf die Stadt hinunter. Da waren sie noch, die gelben Lichter, das Leben, wenigstens das elektrische. Verschwommen, weil die Lichtstrahlen schon vor ihrer Netzhaut fokussierten. Aber egal. Sie selbst war noch da. Gerade noch.
    »Wieso sind Sie eigentlich hier?«, fragte sie müde.
    »Hasseberg hat die Polizei angerufen, weil ein ungebetener Gast die Hochzeit seines Sohnes aufmischen wollte.« Hardo lachte trocken. »Der Diensthabende hörte den Namen Palfy und schob mir diese Info zu. Er wusste nämlich, dass ich neulich … Sie wissen schon … mit Ihrer Anzeige zu tun hatte.«
    Katinka starrte in das Schwarz hinaus.
    »Hat Sie jemand gestoßen?«, fragte Uttenreuther.
    Katinka wollte antworten, aber es ging nicht. Sie öffnete den Mund und schnappte, lautlos wie ein Fisch.
    »Hat Sie jemand gestoßen«, wiederholte der Kommissar.
    »Ja.« Ein dicker

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