Frau an Bord (Das Kleeblatt)
fehlen.“
„Das ist Gälisch. Scots Gaelic , um genau zu sein.“
Sie sc haute zu ihm auf und murmelte: „Das konnte bloß von dir sein. Manchmal komme ich mir richtig bescheuert vor.“
„Das … Es lag nie in meiner Absicht, dir dieses Gefühl zu vermitteln“, entschuldigte er sich betreten. „Du sammelst Lesezeichen? Wie viele hast du?“
„ Mindestens hundertfünfzig, grob gepeilt.“
„ Was willst du denn mit hundert…“
„ Da gibt es sogar richtige Dudelsäcke! Hast du schon mal einen in Echt gesehen? Also, das ist der absolute Hit. Einfach megageil!“ Sie drückte sich die Nase an der Schaufensterscheibe platt, als sie auf ein Stück karierten Stoffes deutete. „Würdest du das Ding mal anprobieren? Bloß so aus Spaß?“
Kritisch zog er eine Augenbraue hoch.
„ Allein mir zuliebe.“
„Einen Kilt?“ , vergewisserte er sich.
„Du würdest bestimmt eine tolle Figur darin machen.“
„Du weißt, wie ich aussehe.“
„Eben deshalb.“
Aber sie wusste genauso gut, dass er nie etwas bloß aus Spaß machen würde.
„Und du weißt auch, wie es darunter aussieht“, erklärte er mit der ihm eigenen Engelsgeduld, die ihr jedes Mal den Wind aus den Segeln nahm.
„Ach, Adrian, ich liebe diesen Krempel.“ Ihre Augen leuchteten vor Begeisterung.
Der Koch dagegen war mit einem gewissen Sicherheitsabstand hinter ihr stehengeblieben und vergrub die Hände in den Hosentaschen. Suse drehte den Kopf und nahm zu ihrer Freude einen seltenen Ausdruck nackter Panik in seinen Zügen wahr. Sie fasste ihn am Ellenbogen und zerrte ihn ungeachtet seiner Proteste hinter sich her.
„Das ist nicht dein Ernst .“
„Oh, doch“, raunte sie ihm zu und zog dabei genüsslich die Worte in die Länge.
„Tu mir das nicht an.“
„Pah!“ Sie zuckte gleichmütig mit der Schulter. „Was geht mich fremdes Elend an?“
Verblüfft stie rte er seine kleine Funkerin an. Er schüttelte den Kopf, ohne dass ihm eine passende Erwiderung einfallen wollte.
„Komm schon, da musst du jetzt durch, nachdem du unbedingt mit mir an Land wolltest. Ronny hat es immer gern für mich getan.“
„Werde ich jetzt bis an mein Lebensende mit diesem Gartenzwerg verglichen?“
„ Höchstens, wenn du dich weiterhin so störrisch aufführst. Aber zu deiner Beruhigung kann ich versichern, dass es nicht lange dauern wird. Will bloß ein paar Karten kaufen.“
„Mmmh“, brummelte er misstrauisch, „du meinst diese triefend kitschig bunten Bildchen für die Lieben daheim?“
„Hab ich’s nicht gewusst? Du bist ein Blitzmerker! Was sein muss, muss sein. Meine Eltern und Jasdan freuen sich über Post. Und Karo sicher auch. Wenn mir ihre Adresse einfällt. Beate …“
Ergeben hob er die Hände. „Überredet.“
„Wie sieht es mit deiner Familie aus? “
„Familie?“
Ah, sein Lieblingsthema. Adrians Lächeln wirkte plötzlich starr. Wieder einmal gab er ihr wortlos zu verstehen, dass diese Sache ein Tabu war.
„ Schreibst du nie? Freunden? Bekannten oder Verwandten?“
„Nein.“
„Du hast bislang auch kein einziges Telegramm bei deinem Funkoffizier loswerden wollen. Vertrau mir, ich kriege das ganz gut hin, frag all die anderen. Es gab noch keine Beschwerden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass da niemand ist, der ab und an auf ein Lebenszeichen von dir wartet.“
Wie immer umgab er sich mit Unnahbarkeit wie mit einem Schild, entschlossen, weder auf Fragen, Verwunderung oder sonst eine Gefühlsäußerung einzugehen. Er würde alles wie eine Welle über sich hinweg spülen lassen, ohne sich etwas anmerken zu lassen, mit gereckten Schultern und undurchdringlicher Miene.
Gleichgültigkeit. Das war der einzige Weg zu überleben. Er hatte es darin über die Jahre zu wahrer Meisterschaft gebracht.
„D arüber solltest du dir nicht dein hübsches Köpfchen zerbrechen.“
Während er noch bangte, Suse könnte weiter hin Interesse an seiner Familie bekunden, hatte sie sich blitzschnell einem anderen Objekt ihrer Begierde zugewandt. Und unversehens liebte sogar er all diesen furchtbaren Kram, der hier zuhauf angeboten wurde und neugierigen Mädchen den Kopf verwirrte.
„Die muss ich haben“, seufzte seins gerade und schoss zielsicher an ihm vorbei. Vor eine m Regal mit Fingerhüten blieb sie schließlich verzückt stehen.
„Was willst du denn damit?“
Suses Kopf flog herum. Ihre Haare streiften das Gesicht des Schiffskochs, der dicht hinter ihr stand. Und noch während er mit halb geschlossenen Augen tief
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