Frau an Bord (Das Kleeblatt)
da und verzog keine Miene. Aufmerksam, geradezu wachsam, als würde er auf etwas warten.
„Lass mich zu dir .“
Sie kuschelte sich an seine Seite und schüttelte sich unwillkürlich angesichts der Kälte, die von ihm auszugehen schien. Aber selbst jetzt unterließ der sonst so aufmerksame Mann jeden Versuch, sie in seine Arme zu nehmen, um sie zu wärmen.
Sie beugte sich vor und las den Buchtitel. „Oh, ich dachte, du liest Kochbücher. Den kenne ich. Ist gut, was?“
Sie spürte, wie ein gewaltsamer Ruck durch seinen Körper ging.
„Kochbücher?“ Sein Gesicht war vollkommen ausdruckslos, er selber fühlte dagegen den Zorn wie eine Zeitbombe in seinem Inneren ticken. „Wieso denkst du … Wieso sollte ich keine anspruchsvolle Literatur lesen? Bin ich nicht gut genug dafür? Hältst du mich für dermaßen engstirnig? Oder beschränkt?“
Suses Kopf schoss nach oben. Seine Stimme hatte messerscharf g eklungen. Etwas Gefährliches schwang darin mit, etwas, vor dem sie sich in Acht nehmen sollte.
„Das habe ich weder gesagt, noch gemeint. Außerdem hatte ich gehofft, dass wir diese blödsinnige Diskussion endgültig abgeschlossen hätten. Eigentlich wollte ich damit bloß zum Ausdruck bringen, dass ich bisher nirgends ein Kochbuch bei dir gesehen habe. Und das fand ich eben eigenartig.“
„Wieso?“
„Meine Güte, Adrian! Wieso wohl? Ich verwende Nachschlagewerke für Elektronik und Schaltungstechnik, Wörterbücher und Lexika und was weiß ich noch alles und das nicht ausschließlich für die Arbeit. Und wie ich die Nautiker kenne, benutzen die – selbst wenn es sich um Kapazitäten wie dein genialer Freund handelt – Seekarten, Leuchtfeuerverzeichnisse, Strom-, Eis- und Gezeitenatlanten und einen ganzen Haufen Seehandbücher für ihre Arbeit. Was die Ölfüße an technischen Unterlagen, Tabellen und Formeln benötigen, kann ich bloß ahnen. Warum also nicht auch du? Wieso solltest ausgerechnet du aus der Rolle fallen? Bist du etwas Besseres als wir alle, dass du auf jegliche Fachliteratur, Kochanleitungen und Backrezepte verzichten kannst? Wir sind sieben oder acht Wochen gemeinsam gefahren, sieben Tage in der Woche setzt du uns drei warme Mahlzeiten vor und ich kann mich an kein Gericht erinnern, dass es in dieser Zeit mehr als zweimal gab. Erledigst du vielleicht sogar die gesamte Proviantbestellung ohne den Vergleich mit Aufzeichnungen früherer Fahrten? Stellst du die Speisepläne auf, ohne nachzuschlagen, was es die Wochen zuvor gab? Weil du das alles in deinem Superhirn gespeichert hast?“
„Dreh mir nicht die Worte im Mund um.“
„Um Gottes willen, wie könnte ich das wagen? Ich wollte dir nicht zu nahe treten, mein Sensibelchen. Wenn es mir trotz allem aus Versehen passiert sein sollte, entschuldige ich mich vielmals. Was für ein Problem hast du damit?“
„Ist es ein Problem für dich , mit einem Koch zu schlafen?“
Sie starrte ihn verwirrt an. Worüber hatten sie denn die ganze Zeit geredet? War es ihnen wirklich nicht möglich, eine Unterhaltung zu führen, ohne dass es unentwegt zu Missverständnissen zwischen ihnen kam? Oder hatte er den Verstand verloren?
Nein, bestimmt nicht, dafür hatte er ganz einfach zu viel davon. Trotzdem hörte sich das an wie Minderwertigkeitskomplexe. Adrian hatte nach wie vor Angst, nicht gut genug für sie zu sein!
„Ich gehe gern mit dir ins Bett und das bereitet mir nicht das geringste Problem, weil du ein zuvorkommender, gut aussehender, zärtlicher Kerl bist, der zudem ausdauernd, geduldig und ein Ordnungsfanatiker ist. Ich liebe es, mit Adrian Ossmann zu schlafen. Oder wie auch immer du heißen magst. Koch oder Kapitän, ist doch scheißegal.“
Kaum hatte sie die letzten Worte ausgesprochen, wurde ihr mit einem flauen Gefühl im Magen bewusst, damit Öl aufs Feuer zu gießen. Er hatte ihr von der auf eine Gelegenheit lauernden Konkurrenz erzählt. Was musste Adrian jetzt von ihr denken? Dass sie mit jedem x-beliebigen Mann, sogar mit dem Kapitän, ins Bett gehen würde, wenn der bloß einigermaßen Ausdauer bewies und eine hübsche Larve vorweisen konnte?
Na und? Sollte er doch von ihr denken, was immer er wollte, und damit zurechtkommen! S chließlich hatte er sie herausgefordert! Er konnte nicht überhört haben, dass sie ihn liebte. Er musste wissen, dass es keine Rolle für sie spielte, welchen Beruf er ausübte.
„Ich vermute, du selber hast ein Problem damit, Koch zu sein!“ Und jetzt wollte sie Blut sehen! „Du! Nicht
Weitere Kostenlose Bücher