Frau an Bord (Das Kleeblatt)
wohl?! Wonach sieht es denn aus, du blinder Trottel?“ Ungestüm schlug sie seine Hand von ihrem Arm, als er sie zurückhalten wollte. „Ich gehe! Und lass mich endlich los!“, fauchte sie ihn an. „Fass mich am besten nie mehr an! Das erspart uns beiden nämlich eine Menge weiteren Ärger! Uns verbindet offenbar nichts als der Spaß am Sex. Und den können wir uns zur Not auch anderswo holen. Ich hasse dich und deine alberne Geheimnistuerei.“
Die Tür knallte krachend hinter ihr ins Schloss .
3 8. Kapitel
Nur Sekunden später riss sie mit ebensolchem Schwung das Schott zur Kabine des Kapitäns auf.
Einen deftigen Spruch über die Störung bereits auf den Lippen hielt Clausing jedoch inne, als er aus den Augenwinkeln seine Funkerin mit hochrotem Gesicht vor sich stehen sah. Ganz langsam und vorsichtig blickte er von den Papieren auf dem Tisch hoch, als könnte sich die zarte Erscheinung bei einer allzu heftigen Bewegung sofort in Luft auflösen. Ein unvergleichliches Lächeln verwandelte in Windeseile seine grimmige Miene.
„Guten Abend, Wireless . Wie unaufmerksam von mir, Ihr Klopfen zu überhören“, begrüßte er Suse mit leicht schleppender Stimme.
Die glotzte ihn mit offenem Mund an. Nie zuvor hatte sie den Kapitän ohne vollständige Uniform gesehen. Aber hatte sie sich nicht haargenau dies an ihrem ersten Arbeitstag gewünscht?
Sie hatte es sich vorgestellt , was einen himmelweiten Unterschied machte. Denn der Anblick, den ihr Clausing in der Realität bot, verschlug ihr die Sprache.
Er, der stets so viel Wert auf Perfektion und tadelloses Aussehen legte, vermittelte den Eindruck, als käme er geradewegs von einer wüsten Sauftour. Lässig zurückgelehnt fläzte er in seinem Sessel, die unendlich langen Beine weit von sich gestreckt, sodass seine bestrumpften Füße unterm Tisch hervorlugten. Seine Uniformjacke hatte er liederlich auf die Backskiste geworfen, die blaue Krawatte schleifte auf dem Boden. Das weiße Hemd war aufgeknöpft und entblößte eine muskulöse Brust, auf der sich dichtes, schwarzes Haar kräuselte. Die Ärmel hatte er achtlos aufgekrempelt und um sein Kinn lag der dunkle Schatten eines Bartes. Vor ihm stand ein Nosing-Glas und eine fast leere Flasche Whiskey, was seinen abgerissenen Zustand hinreichend erklärte.
Susanne blinzelte verwirrt und wirkte mit einem Mal völlig verunsichert. Ihre Augen schweiften umher und verlegen zupfte sie sich an der Nase.
Bei diesem Anblick fühlte er, der Zyniker und Trunkenbold, Wüstling und ausschweifende Lebemann, wie in seinem Herzen eine hoffnungslose Liebe erwachte. Es war nicht allein Gier, Verlangen oder Lust, wie er sich bisher eingebildet hatte. Dieses Gefühl ging viel tiefer. Nie zuvor hatte ihn ein menschliches Wesen in einen derart übermächtigen Bann gezogen. So bezaubernd sah sie aus … und so ahnungslos. Tausend Worte, die er ihr sofort sagen musste, kamen ihm in den Sinn. Er wusste, dass er etwas sagen sollte, ehe dieser magische Augenblick verschwand, aber er hatte keine Stimme mehr. Plötzlich war er wie ein Trottel mit Stummheit geschlagen, was ihm absolut neu war und er als weiteres Zeichen dafür deutete, dass er dieses Wesen liebte. Und da erkannte er wehmütig, dass nicht bloß Ossi ein verdammtes Mondkalb war.
„ Susanne?“
Ihr Kopf ruckte nach oben. Noch immer total von der Rolle unterbrach sie die ausgedehnte Wanderung ihrer Augen über die Gestalt des Alten und schluckte heftig, als ihr Blick an dem goldenen Ohrring in seinem linken Ohrläppchen hängenblieb. Selbst dieser Teil von ihm war perfekt geformt. Und sie musste zugeben, dass der kleine Ring nie besser zu seinem verwegenen Äußeren gepasst hatte als in dieser Nacht.
„Oh …“, war alles, was ihr einfiel.
„Ich bin es“, bemerkte er leicht verlegen . „Wirklich.“
In seinen märchenhaft blauen Augen stand die Einladung, mit ihm zu lachen. Eine Versuchung, der Suse wiederstand – aber nur mit größter Mühe. In Matthias Clausing vereinten sich Charme, Verantwortungsbewusstsein und Anziehungskraft. Musste er jetzt auch noch amüsant sein?
Sie versuchte es noch einmal: „Ähm …“
Sein Schmunzeln verwandelte sich in ein jungenhaft breites Grinsen, zu dem die beiden Grübchen auf seinen Wangen tanzten. Himmelherrgott, musste das ausgerechnet jetzt sein? Er wusste genau, wie er sie aus dem Konzept bringen konnte.
„Es ist trotz allem eine nette Überraschung , Sie hier begrüßen zu dürfen.“
„J a …“
Es war
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