Frau an Bord (Das Kleeblatt)
Diese Zufälle kenne ich! Ein Mann wie du überlässt nichts dem Zufall.
Er trat näher und lächelte sie an, mit jenem warmen, charmanten Lächeln, bei dem jede Frau weiche Knie bekam und sinnloses Zeug vor sich hin brabbelte. Ein traumhaft attraktiver Mann mit einem Teller Plätzchen in der Hand.
„Ich finde, das habe ich mir verdient.“
Ihr Hirn war völlig leer. „W-was?“
„ Etwas so unwiderstehlich Süßes“, erklärte er und biss demonstrativ in einen Keks. „Nun nehmen Sie endlich Platz.“
E s war ein Fehler, ein tödlicher Fehler, hierher zu rennen in der Hoffnung, der Alte würde ihr kurz und bündig erklären, was Adrian nicht aussprechen wollte. In dieser Sekunde ging ihr auf, dass sie mit ihrem Besuch bei Clausing lediglich neue Probleme schaffte.
Unruhig rutschte sie auf dem Stuhl hin und her, bis sie ihn schließlich vorsichtig ein Stück vom Tisch wegrückte. Gerade als sie sich unauffällig erheben wollte, trat der Kapitän hinter sie und stellte die geöffnete Flasche und zwei Gläser auf die Back. Er beugte sich so dicht über sie, dass sie der Hauch seines aufregenden Deodorants streifte. Mit geschlossenen Augen atmete sie tief seinen Duft ein und erschrak im gleichen Moment heftig. Denn ein Deck tiefer lag Adrian allein in seiner Koje und machte sich ohne Frage Gedanken zu ihrem übereilten Aufbruch. In aller Deutlichkeit wurde ihr bewusst, dass sie in der Kammer eines Mannes saß, der offensichtlich ein Auge auf sie geworfen hatte.
Verstohlen blickte sie an sich hinab und wurde rot. Ihre Schuhe! Wie sie es von zu Hause gewohnt war, trug sie nach Dienstende auch an Bord in den seltensten Fällen Schuhe. Clausing musste sich denken können, dass sie um diese späte Stunde geradewegs aus dem Bett zu ihm in die Kammer geschossen war. Und sicher zählte er nur Eins und Eins zusammen, um zu erkennen, wessen Bett es gewesen war.
Argwöhnisch verfolgte sie, wie er routiniert die beiden Gläser füllte, ihr galant eines reichte und Eis und Zitrone mit einem gewinnenden Lächeln über den Tisch schob. Dann setzte er sich ihr gegenüber auf die Backskiste.
„Auf Ihr Wohl .“
Suse nickte und verkrampfte völlig beim Versuch , eine freundliche Miene aufzusetzen. Hastig trank sie einen viel zu großen Schluck von dem Vermouth. Schnell weg hier, denn so hatte sie das nicht geplant! Sie fühlte sich wie ein Hase, der die Falle geradewegs vor sich sah und mit Schrecken erkannte, dass er die Kurve nicht mehr rechtzeitig kratzen würde.
Sie öffnete den Mund und setzte zu einer Erklärung für ihren überraschenden Besuch an, doch wieder kam ihr der Alte mit erhobenem Glas zuvor. Seine Stimme klang bedächtig, als er feststellte: „Wir fahren jetzt schon ziemlich lange zusammen, Frau Reichelt. Und ich denke, dass unsere Zusammenarbeit nicht anders als erfolgreich zu bezeichnen ist. Was ich damit sagen will, die Ladearbeiten sind fast abgeschlossen und in spätestens zwei Tagen werden wir zu Hause sein. Es wäre schön, wenn Sie … wenn Sie ebenfalls die nächste Reise … für mich fahren würden. Ich könnte einen Funkoffizier gebrauchen. Für die Stammbesatzung.“
Sein unerwartetes Angebot ließ Suse mit gerunzelter Stirn aufblicken. Was sollte diese schmalzige Vorrede? War er derart betrunken, dass er so stammelte?
S puck aus, was du wirklich willst, und rede nicht um den heißen Brei herum. Ich soll bleiben und dein Freund absteigen? Das hast du dir wahrlich toll ausgedacht! Erwartest du, dass Adrian kampflos das Feld für dich räumen wird? Was hast du vor, Clausing?
„Ich glaube, es wird Zeit für ein nicht ausschließlich dienstliches Miteinander. Du solltest mich Matthias nennen.“ Bei diesen Worten beugte er sich über den Tisch und küsste sie mit einer schockierenden Selbstverständlichkeit mitten auf den Mund, um anschließend sein Glas in einem Zug zu leeren.
„Susanne“, gab sie widerstrebend zurück.
Bist du des Wahnsinns fette Beute? Himmelherrgott, wach auf! Du bist doch nicht zum Vergnügen hier! Mach schon, sag es ihm endlich!
Sie räusperte sich und krächzte: „Ich muss mit Ihnen über …“
„Mit dir“, unterbrach Clausing sie lächelnd und schenkte sich ungerührt ein zweites Glas von dem Vermouth ein. Es schien ihm Vergnügen zu bereiten, sie aus dem Konzept zu bringen.
„Wir müssen über Adrian reden “, fing sie noch einmal an.
„Ah ja, der gute Ossi. Er s teckt offensichtlich in Schwierigkeiten, die ihn gehörig überfordern.“
„ Bin ich
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