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Frau Bengtsson geht zum Teufel

Frau Bengtsson geht zum Teufel

Titel: Frau Bengtsson geht zum Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline L. Jensen
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willkürliche Freiheit.«
    »Gut. Gott hat uns den freien Willen geschenkt, damit wir selbst entscheiden können, ob wir sündigen. Aber gleichzeitig hat er uns die Moral gegeben, die uns nach reifer Überlegung meist das Gute wählen lässt, oder?«
    Der Teufel kicherte. »Willkommen im Club der großen Denker. Es gibt Hunderte von Philosophen, die über den freien Willen gegrübelt haben. Aber es gibt nicht immer nur eine gute Wahl, es gibt die beste, die zweitbeste und so weiter, ohne dass eine von ihnen per definitionem böse wäre. Auf Dauer führt das zu einer Abwertung der anderen Seite: Alle, die nicht das Allerbeste gewählt haben, sondern nur das Zweitbeste, werden als ›böse‹ betrachtet, und schon beginnt wieder das Räsonieren, warum Gott uns mit dieser Fähigkeit geschaffen hat.«
    »Wenn ich mich nicht irre, hat Kant dieses Problem mit einer Art Qualifikationsdenken erklärt. Er meint, dass wir nur mit Hilfe des Bösen und des Leides auf Erden eine Moral entwickeln können. Für ihn sind Leid und Bosheit letztendlich positiv, weil sie einen guten Zweck erfüllen. Sie sind schlechthin notwendig«, sagte Frau Bengtsson.
    »Ja! Und wenn sie notwendig sind, damit wir eine Moral entwickeln und wieder ins Paradies kommen, wäre dann die Schöpfung nicht ohne die Menschen viel besser, das heißt weniger böse? Dann hätte Gott weder Leid noch Bosheit einführen müssen, und seine Schöpfung wäre für immer paradiesisch geblieben.«
    »Aber wie ist es nun wirklich? Was meinst du, als zukünftige Pastorin?«
    Satan antwortete inbrünstig: »Wenn jeder nach dem irdischen Leid und all den Prüfungen in den Himmel käme, wäre es in Ordnung. Aber der Bibel zufolge ist das nicht der Fall. Ich glaube, dass Gott die Schaffung des freien Willens bereut, weil der heute ausgeartet ist. Das glaubt die Kirche übrigens auch. Vielleicht wird es noch eine Sintflut geben, ich weiß es nicht. Ich habe jedenfalls lange keinen Regenbogen mehr gesehen.«
    »Es wäre wohl nicht das erste Mal«, dachte Frau Bengtsson laut. »So, so. Man muss also Dinge tun, die man hinterher bereut, wenn man genauso unfehlbar wie Gott sein will.«
    Jawohl!, dachte Satan. Und tschüss im Club der großen Denker. Das war ihm gerade recht. »Dann hast du allerdings keine andere Wahl, als nach Gottes Willen zu handeln, was immer du tust. Tust du nur Gutes, folgst du seinem Willen. Begehst du viele Sünden, weil du weißt, dass du sie bereuen wirst, folgst du ebenfalls seinem Willen, jedenfalls wenn du ernsthaft bereust. Wer wirklich Abstand von Gott nehmen will, muss Sachen tun, die man bereuen sollte, und es hinterher an Reue fehlen lassen. Das wäre ultimativ unchristliches Benehmen. Pfui!« Er tat entsetzt.
    Die Hausfrau blätterte gedankenverloren in ihren Notizen.
    »Uff, ich glaube, darüber muss ich schlafen.« Frau Bengtsson klappte den Notizblock zu. »Ich habe noch jede Menge Fragen, aber mein Hirn hat Feierabend, es dreht sich alles. Können wir nicht ein paar Minuten über etwas anderes reden und ein andermal weitermachen?«
    Der Teufel nickte, und während sie den Wein austranken, redeten sie über das Kätzchen, das Rakel sich anschaffen wollte, und über Rufus, den nur Rakel vermisste.
    Als sie schlafen ging, war Frau Bengtsson noch wütender auf den Herrn als am Tag zuvor. Sie dachte über das ultimativ unchristliche Benehmen nach.

15
    W ieder Dienstag.
    Eine Woche war also seit dem Tod unserer Hausfrau vergangen. Eine Woche, deren Versprechen und gute Absichten durch das plötzliche Auftauchen des Wanderers mit einem Mal zunichtegemacht wurden.
    Mit weinschwerem Kopf erwachte Frau Bengtsson an diesem ungewöhnlich herbstlichen Augusttag, dessen Palette von Grautönen zu ihrem Befinden passte. Sie fühlte sich graphitgrau und gerädert, hatte blaugraue Ringe unter den Augen. Im Badezimmer streckte sie sich selbst die Zunge heraus. Korallgrau. Wie ein alter, schmutziger Spülschwamm.
    Um weiteren deprimierenden Entdeckungen zu entgehen, ließ sie ihr Haar unbeachtet, sprang – besser gesagt schleppte sich – in die Dusche und versuchte, etwas Farbe in ihre Haut zu schrubben. (Die Badewanne im Erdgeschoss lag seit dem Vorfall vor einer Woche brach, aber daran verschwendete sie keinen Gedanken; sie hatte einfach aufgehört zu baden.) Solange das Wasser noch kalt war, öffnete sie den Mund und trank gierig von dem silbergrauen Regen. Man mag es glauben oder nicht, als sie aus der Dusche trat, hatte sie mit Hilfe eines

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