Frau Bengtsson geht zum Teufel
einen Hut bringen? Und dann macht Gott die Sintflut. Und Noah darf sein komisches Boot bauen und alle Tiere einsammeln, und alle anderen sollen sterben. Und das dauert … Also! Wenn er es denn so bitter bereute, warum hat er seine Schöpfung nicht einfach ein bisschen korrigiert? Der Mensch, Version 2.0 . Warum hat er ihn nicht einfach
gut
gemacht? Und außerdem: Wenn Gott etwas bereut, das er getan hat, dann ist er offensichtlich nicht unfehlbar, oder?«
»Nein, ist er nicht. Ein Stück weiter, in 8 , 21 , bereut er sogar, dass er es bereut hat, und verspricht, nie wieder alles Leben zu zerstören. Und als Symbol für sein Versprechen gibt er den Menschen den Regenbogen. Zum einen hat er überhaupt nicht getan, was er angekündigt hat, denn er hat ja gar nicht alles Leben zerstört. Er ist also von Anfang an inkonsequent. Und wie du ganz richtig sagst, jemand, der sein Handeln dauernd bereut, kann nicht unfehlbar sein. Guck mal weiter hinten in der Bibel, im ersten Kapitel des Römerbriefs. Paulus (der Schweinehund, dachte Satan) sagt, dass jemand, der Böses zulässt, genauso schlimm ist wie derjenige, der Böses tut. Ich finde Gott ziemlich fehlbar, wenn man ihn an seinen eigenen Maßstäben misst.«
»Ja, genau. Wenn ein Mensch seine Fehler einsieht und bereut, ist das ja okay, aber ein Gott sollte keine Fehler haben. Gehört das nicht von Natur aus zum Gottsein?«
»Doch. Und dass er ewig und allwissend ist und absolute Macht besitzt.« Rakel trommelte mit den Fingernägeln auf ihr Glas.
»Aber dann hätte er ja wissen müssen, dass er die Sintflut später bereuen würde? Das macht die Sache ja noch unbegreiflicher!«
»Natürlich wusste er das. Deshalb darf man sich fragen, ob Handlungen, die zu Reue führen, überhaupt Fehler sind. Wenn unser unfehlbarer Herr so etwas tut, kann es kaum so sein.«
»Es ist also in Ordnung, wenn man etwas tut, das man hinterher bereut?« Frau Bengtsson klopfte die Asche von ihrer Zigarette und trank.
»Unfehlbar ja, auf jeden Fall. Das ist doch eine große Erleichterung. Will man wie Gott sein, muss man manchmal auch Dinge tun, die man hinterher bereut. Vorausgesetzt, er ist allwissend. Und das setzen wir voraus.«
»Ist alles, was für Gott recht ist, auch für mich recht?«
»Ja«, log Satan. »Mit Ausnahme der Urteilskraft, würde ich sagen.«
»Aber ist Gott nicht grundverschieden von mir? Vielleicht stimmt das alles nicht? Jetzt bin ich total verwirrt. Trotzdem … Kann man die Güte und Allwissenheit nicht einfach so verstehen, dass Gott besser und weiser als alles andere in der Welt ist? Nicht perfekt, aber einfach am besten?«
»Das würde die Sache auf jeden Fall erleichtern. Ich glaube aber, dass man Gott damit eine Ausrede für schwierige Fälle geben würde. Dann könnte ja sogar Gott ›böse‹ handeln, weil er nicht perfekt wäre, sondern nur besser als alle anderen, wie du sagst. Das würde ihn zwar immer noch zu Gott machen, aber ohne Vollkommenheit.«
»Oder er steht tatsächlich jenseits von Gut und Böse, wie wir sagen?«
Der Wanderer musste sich sehr beherrschen, nicht wild loszuwettern.
Was Frau Bengtsson gerade gesagt hatte, trieb ihn jedes Mal zur Weißglut. Er war auf dem besten Weg, die Lüge von Gottes Unfehlbarkeit zu entlarven, da kam diese Frau mit derselben Ausflucht wie alle Menschen zu allen Zeiten und konstatierte, dass Gott nach anderen Regeln spielte. Nicht weil er vollkommen und allmächtig war, sondern weil er so anders war, dass die Menschen sich nicht vorstellen konnten, dass für ihn dieselben Regeln galten. Wie viele solcher Theodizeen hatte er sich in den letzten sechstausend Jahren anhören müssen! Die Menschen nannten es Gottesrechtfertigung – er nannte es das Verschleiern von Gottes Unvollkommenheit, ja sogar seiner Bosheit. Rakelsatan trank drei große Schlucke hintereinander und versuchte, wie Rakel zu sein.
»Diese Frage ist nicht direkt neu. Du hast ja vorhin schon gefragt, warum Gott den Menschen nicht einfach gut gemacht hat. Das hat mit dem freien Willen zu tun. Gott fand es viel schöner, wenn die Leute ihn aus freien Stücken lieben. Wer von Anfang an als guter Mensch geschaffen ist, tut dies von selbst und würde niemals sündigen. Aber wie soll man wissen, ob man wirklich geliebt wird, wenn der Mensch nicht die Wahl hat, einen nicht zu lieben? Das Wort ›Sünde‹ bedeutet übrigens ›das Ziel verfehlen‹, und das Ziel ist, nach Gottes Wort zu leben … Der freie Wille ist also eine ziemlich
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