Frau Bengtsson geht zum Teufel
Bengtsson verträumt über die Fluten des Nil, und ganz hinten im Album klebten Bilder von den vielen Katzen, die sie auf der Reise gefüttert hatte. Katzen. Na also. Das war ein handfester Beweis. Bastet. Sie war zweifellos ihre Göttin.
22
B astet. Ja, das ist völlig klar«, gab Rakelsatan zu und war tief beeindruckt von der Hausfrau. Nun brauchte er ihr keinen anderen Götzen aufzuzwingen, den sie womöglich nur halbherzig angebetet hätte. Er ärgerte sich, dass er nicht selbst auf die Idee gekommen war.
»Ja, und praktisch ist es auch. Ich habe ja schon die Statuen. Kein Plastikramsch, sondern echte Steinkatzen aus Ägypten. Dass ich nicht schon vorher darauf gekommen bin!«
»Was? Dass du einen ägyptischen Glauben hast? Wie hättest du das wissen können?«
»Wenn ich das erzähle, wirst du mich nur auslachen.« Frau Bengtsson war verlegen und schüttete Milch in ihren Kaffee.
»Ich? Niemals! Wie kommst du darauf?«
»Okay. Aber du musst versprechen, nicht zu lachen.«
»Ich verspreche hoch und heilig, dass ich nicht lachen werde«, sagte der Teufel feierlich und legte Rakels Hand auf Rakels Herz.
»Im Grunde habe ich immer gewusst, dass ich eine besondere Verbindung zu Ägypten habe. Jedenfalls seit wir dort waren.«
»So?«
»Ja, ich habe es gleich nach der Landung gespürt, als die Motoren noch heulten und ich hinaus in die flimmernde Hitze trat. Und als meine Zehen im heißen Sand versanken, dachte ich: Endlich.«
»Wirklich?«
»Ja, ich hatte das Gefühl, nach Hause zu kommen. Ich fühlte, dass ich heimatlichen Boden betrat, und das ist ja eigentlich total verrückt. Meine Vorfahren stammen definitiv nicht aus Ägypten. Wir stammen von Wallonen ab, jedenfalls hat das Mama immer gesagt.«
»Wie seltsam.«
»Ja, nicht? Meinem Mann habe ich damals nichts gesagt, er findet sowieso schon, dass ich nicht ganz bei Trost bin. Aber das Erlebnis war so intensiv, dass ich beinahe geheult hätte. Daheim! Plötzlich war mir klar, wie sehr ich diese Heimat vermisst hatte, ohne es zu wissen. Als hätte mir immer etwas gefehlt, und nun wusste ich, was es war.«
»Aber wie kann das sein?«, fragte der Teufel verwirrt.
»Ich war mit einem Mal überzeugt, dass ich in einem früheren Leben in Ägypten gelebt hatte. In einem Leben, das noch nicht ganz aus meiner Seele verschwunden war.«
Du bist wirklich nicht ganz bei Trost, dachte Rakelmirakel. Reinkarnation war eine Erfindung der Menschen, die frustriert waren, weil sie nur ein Leben hatten, um alles richtig zu machen. Das Dasein war kein Computerspiel mit mehreren Leben, leider. Nach dem einzigen Leben bekam man, was man verdiente, und das war’s. Rakel aber sagte: »Wow, das ist spannend.«
»Ja, nicht wahr? Ich würde wahrscheinlich selbst lachen, wenn mir jemand so was erzählt, aber das Gefühl war so stark, dass ich es nicht ignorieren konnte.« Sie machte eine Pause und trank einen Schluck Kaffee. »Im weiteren Verlauf der Reise bekam ich immer wieder bestätigt, dass ich schon einmal dort gelebt hatte – und rate mal, mit wem!«, sagte Frau Bengtsson verschlagen.
»Sag schon.«
»Also, zu diesem mysteriösen Heimatgefühl kam hinzu, dass die Leute mich dauernd Nofretete nannten. Alle! Verkäufer, Frauen, die am Straßenrand saßen, der Reiseführer, sogar der Koch auf unserer Nilkreuzfahrt, alle nannten mich so. Gut, dachte ich, es könnte eine Bezeichnung für eitle Frauen sein. Schließlich gilt Nofretete als schönste Frau aller Zeiten. Vielleicht war es nur billige Anmache.«
»Ja, das ist gut möglich«, sagte Satan beruhigt.
»Aber wie sehr ich auch versuchte, das Gefühl zu verdrängen, dass ich zur Pharaonenzeit dort gelebt hatte, was in Kairo geschah, konnte ich nicht ignorieren.«
»Was geschah dort?«, fragte der Teufel wohldressiert.
»Also: Wir waren zwei Tage dort, und am zweiten Tag wollten wir in das große Museum gehen. Ich hatte Schmetterlinge im Bauch, die Vorfreude war noch größer als am Tag zuvor bei den Pyramiden von Gizeh. Die waren eine einzige Enttäuschung. Ich war überhaupt nicht beeindruckt, oder jedenfalls haben sich meine Erwartungen nicht erfüllt. Okay, sie waren riesig, der Reiseführer hielt einen interessanten Vortrag, und der Gang in die Grabkammer war echt spannend. Da sieht es übrigens gar nicht aus wie im Film. Es ist eng, schmutzig und stockdunkel. Man muss geduckt gehen und die Arme ausstrecken, um nicht mit seinem Vordermann zusammenzustoßen. Es ist wie in einem rußigen Schornstein, und vor
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