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Frau Bengtsson geht zum Teufel

Frau Bengtsson geht zum Teufel

Titel: Frau Bengtsson geht zum Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline L. Jensen
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Krebsfest.
    Sie versuchte, das Unbehagen abzuschütteln, indem sie den Begrüßungstrunk, den man ihr unter die Nase hielt, in einem Zug hinunterstürzte und sich gleich einen neuen nahm. Sofort fühlte sie sich besser und richtete keck den Hut. Na gut, dann war sie eben ein Krebs. Aber ein sexy Krebs! Als sie losgefahren waren, hatte ihr Mann gesagt, sie sehe wie Jessica Rabbit aus.
    Bitte schön. Jessica Flusskrebs, zu Ihren Diensten, dachte sie, feixte und setzte ihre Begrüßungsrunde selbstsicher fort.
    Die anderen Frauen waren wohlerzogen genug, um Frau Bengtssons Ähnlichkeit mit einem Schalentier nicht zu kommentieren. Mit herzlicher Routine erwiderten sie die Luftküsse. Um ehrlich zu sein, waren sie alle ein wenig zu fein gekleidet für ein Krebsfest – in bester Vorstadtmanier –, und vielleicht waren ihre Farbkombinationen auch nicht glücklicher. Sie standen in Reih und Glied unter den bunten Lampions im Garten, und als Ove an sein Glas klopfte und alle willkommen hieß, hielt Frau Bengtsson bereits den dritten Willkommenstrunk in der Hand und fühlte sich entsprechend willkommen.
    Herr Bengtsson stand am anderen Ende des Gartens und probierte ein Ding aus, das die Männer Trainingsgerät und die Frauen Spielzeug nannten – ein tragbares Putting Green –, und schwatzte mit jemandem, den sie vage als Verkäufer aus der Autofirma wiedererkannte. Als er sich konzentriert vorbeugte und den Schläger neben dem Ball pendeln ließ, kam eine kleine Speckfalte über dem Gürtel zum Vorschein, als wolle sie neugierig die Welt betrachten. Ein Wohlstandsröllchen, gut versteckt unter dem Hemdzipfel, aber trotzdem. Sie trank noch einen Schluck und begann sich zu ärgern. Wie konnte er sich erlauben, sich über ihr Aussehen lustig zu machen? Er wusste doch wohl, dass er nach oben geheiratet hatte, was das Aussehen anging, und nicht sie? Dass seine liebe Frau immer noch der Kategorie »Schöner Mensch« angehörte, während er mit den Jahren vom hübschen Kerl zum ordinären Bauchträger geworden war? Fast schon zum alten Mann. Sie machte einen unfreiwilligen Knicks, weil ihr Absatz im weichen Gras einsank.
    Doch, das musste er zugeben, dachte sie. Aber der Zorn, der sich angekündigt hatte, blieb aus, und ihr war seltsam zumute. Eigentlich machte Herr Bengtsson ihr oft Komplimente, und im Gegensatz zu ihr war er nie eitel. Wahrscheinlich lag er über dem Durchschnitt, was die verbale Wertschätzung ihres Aussehens anging, auch wenn seine Worte nie besonders lang oder besonders poetisch waren. Manchmal machte er ihr auch wortlose Komplimente, die aus Grunzen, Pfeifen oder einer Hand auf ihrem Hintern bestanden. Aber übersetzt bedeuteten sie alle dasselbe. Warum war sie sauer auf ihn und sein Speckröllchen?
    Das hat etwas mit Abstand zu tun, hörte sie sich selbst denken, als sich Oves Willkommensrede dem Ende näherte. Du sollst nicht ehebrechen … wie soll ich das schaffen, wenn ich mich nicht von ihm distanziere? Wieder sah sie ihren Mann an, dessen Ball gehorsam in das kleine Loch rollte. Ein grünes Lämpchen leuchtete als Bestätigung seines Erfolges auf, er streckte die Faust in die Höhe, dann klatschten er und der Autoverkäufer die Hände in der Luft zusammen. Er ließ den Blick durch die Menge wandern und suchte seine Frau, küsste den Golfschläger und blies den Kuss in ihre Richtung. Er freute sich wie ein Höhlenmensch: Er, Herr Bengtsson, hatte den kleinen, weißen Plastikball bezwungen und in seine Höhle verwiesen, und seine Frau hatte ihm dabei zugesehen. Er grinste breit und prostete ihr zu. Sie prostete zurück und lachte.
    Aber wie kann ich mich von ihm distanzieren?
    »… Und nun, meine Damen und Herren, Applaus für die Ehrengäste des Abends!« Ove beendete seine Rede mit einer großen Geste in Richtung der riesigen Platte, die auf sein Kommando herausgetragen und aufgetischt wurde. Es war eine gigantische Silberschüssel voller Krebse. Zehn Kilo, schätzte Frau Bengtsson, und das schätzten auch die zwei armen Kerle, die das Ganze trugen. Frau Ove, die unserer Frau in puncto Hausfrauentum in nichts nachstand, hatte darauf geachtet, dass die untere Schicht Krebse symmetrisch verteilt war und die Scheren wie ein festlicher Volant über die Kante hingen. Ein Volant aus totem Fleisch. Ob die Krebse dies festlich fanden, fragte keiner.
    Die Gäste stießen laute »Ooohs« und »Aaahs« aus, als die Platte abgestellt wurde.
    »Ja, gebt ihnen ein warmes Willkommen, lasst es euch schmecken und

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