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Frau des Windes - Roman

Frau des Windes - Roman

Titel: Frau des Windes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Insel Verlag
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hypnotisieren.
    »Was für ein schwacher Mann!«, stellt Alphonsine fest.
    »Hilf mir packen, ich gehe.«
    »Du willst uns auch verlassen? Ich erlaube nicht, dass du gehst. Ein Mädchen wie du allein, das ist gefährlich. Warte drei Tage, er kommt bestimmt zurück.«
    »Und ich bin inzwischen die Lady of Shalott.«
    »Wer ist das denn?«
    »Ihre Leiche ist in allen Flüssen Englands aufgetaucht. Sie war von ihrem Geliebten verlassen worden und hatte beschlossen, sich zu ertränken.«
    Obwohl ihre eiskalten Hände ihr kaum gehorchen, packt Leonora ihre Sachen zusammen. Hastig schnürt sie ihre Habseligkeiten zu einem Bündel.
    »So, ich bin fertig. Gehen wir nach unten ins Café und betrinken uns.«
    An der Bar genehmigt sie sich einen Tresterschnaps, der ihr sofort zu Kopf steigt.
    »Max lässt die arme kleine Leonora alleine«, erklärt Alphonsine den Gästen, »da sitzt sie nun mit der Flasche in der Hand.«
    »Monsieur Pascal, der Winzer, hat versprochen, mich zum Bahnhof von Orange zu bringen«, sagt Leonora.
    Fonfon versucht, sie zurückzuhalten.
    Der Bahnhofsvorsteher sieht sie den leeren Bahnsteig entlanglaufen.
    »Der Schnellzug fährt erst abends um halb zehn«, erklärt er.
    Leonora verstaut ihr Bündel in einem Schließfach und läuft durch die Stadt. In einem Lokal trinkt sie einen Rotwein nach dem anderen, bis die Flasche leer ist. Dann kauft sie sich ein Buch und setzt sich auf eine Parkbank.
    Die Zeit steht still, mit dem anbrechenden Abend kühlt die Luft ab. Sie klappt das Buch zu – die Buchstaben verschwimmen – und kehrt zum Bahnhof zurück. Unterwegs versucht sie, sich von einem Auto überfahren zu lassen.
    »Sind Sie verrückt?«, schreit der Fahrer wütend und steigt aus seinem Fahrzeug. »Du stinkst nach Wein, Mädchen!«
    Leonora zuckt mit den Schultern und läuft weiter, zum Tabakladen. Von da aus geht sie zur alten römischen Arena. Auf der Schwelle merkt sie, dass sie keine Kraft hat, hineinzugehen. Sie kauft sich eine Zeitung und wirft sie weg. Sie will sich wehtun, tritt sich mit dem rechten Fuß gegen das linke Schienbein. ›Wenn Lucrecia Borgia vergiftet wurde, warum dann nicht ich?‹ Sie geht in ein Café und ruft in Gegenwart zweier Trinker Alphonsine an.
    »Bleib bis morgen«, bittet diese sie inständig. »Oder gib mir wenigstens eine Telefonnummer, damit ich dich anrufen kann, falls ich etwas Neues höre.«
    Der Wirt des Cafés empfiehlt ihr ein Hotel. Nachdem sie sich ein Zimmer genommen hat, ruft sie Alphonsine noch einmal an, um ihr Adresse und Telefonnummer durchzugeben. Um neun legt sie sich ins Bett, kann aber nicht einschlafen, und im Morgengrauen verlässt sie das Hotel. Als der Lebensmittelladen öffnet, kauft sie sich eine Flasche Hennessy und kehrt mit der Flasche unterm Arm in ihr Zimmer zurück. Vom Fenster aus zählt sie die Dächer von Orange und trinkt die halbe Flasche leer. Um elf klopft es an der Tür.
    »Telefon, Mademoiselle, eine Alphonsine ist dran.«
    Nur mit Mühe kann sie sprechen, ihr Mund brennt vom vielen Rauchen.
    »Max hat angerufen«, sagt Alphonsine. »Ich habe ihm gesagt, dass du nach Orange gefahren bist, und ihm deine Telefonnummer gegeben. Ich habe ihm auch klargemacht, dass du wahrscheinlich nach Amerika oder China verschwindest, falls er sich nicht meldet. Er hat gesagt, er ruft dich sofort an.«

Der Katzenjammer
    Leonora wartet und raucht. Den Kellnern sagt sie, dass sie sich vors Hotel auf die Bank setzen werde, dann ändert sie ihre Meinung:
    »Ich bin auf meinem Zimmer.«
    Sie geht die Treppe hoch und kurze Zeit später wieder hinunter, weil sie sich selbst nicht mehr erträgt.
    »Essen Sie etwas«, sagt ein Kellner.
    Statt zu essen, bestellt sie zwei Tassen schwarzen Kaffee und betrachtet sich im Spiegel. »Wie blass ich bin, ich sehe aus wie eine Verrückte!« Darüber freut sie sich. Vielleicht wird sie sterben und aufhören zu leiden. In ihren Ohren pocht es, an der linken Schläfe tritt eine Ader hervor. Es ist ihr egal, ob man sie so sieht, und jedes Mal, wenn das Telefon klingelt, läuft sie eilig hin.
    »Nicht für Sie«, sagt der Kellner mitleidig.
    Mittags legt sie sich ins Bett, trinkt die Flasche im Liegen leer und versucht zu schlafen, die Flasche im Arm. Unmöglich. Um halb vier bestellt sie sich ein Taxi.
    »Falls ein gewisser Max Ernst anruft, sagen Sie ihm, ich sei nicht nach Amerika gefahren, sondern nach Saint-Martin.«
    Die Kellner schauen ihr teilnahmsvoll hinterher; Leonora hat ihnen erklärt: »Der Mann, den

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