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Frau Holle ist tot

Frau Holle ist tot

Titel: Frau Holle ist tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Stark
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Riese stieg auf den Sattel und ließ das komische
Gefährt starten. Es klang wie eine Mischung aus Motorrad und Traktor. Rübezahl
strahlte und ließ das Quad langsam aus dem Schuppen rollen. Er deutete hinter
sich.
    »Da ist noch Platz.«
    Die Sonne schien zwar, aber im Fahrtwind konnte es
bestimmt empfindlich kalt werden. Marie schlug vor, sich wärmer anzuziehen. Das
fand der Riese eine gute Idee. Sie gingen noch mal ins Haus, Marie holte sich
ihre Jacke, Basti Anorak und Filzhut.
    »Immer alles absperren«, murmelte er, als sie das Haus
wieder verließen und er den Schlüssel in der Haustür umdrehte.
    Basti stieg auf das Quad, Marie setzte sich hinter
ihn.
    »Festhalten, dann passiert nichts«, wies er sie an und
startete den Motor erneut.
    Das Fahrzeug setzte sich dröhnend und ratternd in
Bewegung und holperte den Berg hinunter. Marie schaute sich um, weiter unten
mündete der Waldweg auf eine Straße. Als sie dort ankamen, bog Basti nach links
ab und lenkte sein Gefährt bergauf. Sie fuhren an einem Parkplatz und einer
Gaststätte vorbei in den Wald.
    »Müssen wir nicht in die andere Richtung? Wo fährst du
denn hin?«, schrie sie gegen den Traktorenlärm an.
    »Am besten durch den Wald, weil da gar kein Verkehr
ist. Stimmt’s?«, brüllte er zurück.
    Trotz der Jacke war Marie kalt. Sie klammerte sich an
den Riesen. Eine Dusche würde ihm guttun, dachte sie, als sie die Duftwolke aus
Menschenschweiß, Schafswolle und Imprägniermittel roch, die von ihm ausging.
Verglichen damit war der Benzingeruch des Quads eine Wohltat.
    Der Weg führte immer tiefer in den Wald, die Straße
war holprig, das Ganze war alles andere als ein netter Ausflug.
    »Müssen wir wirklich durch den Wald nach Rüdesheim?«
    »Warum guckst du dich nicht um? Ich glaube, du hörst
gar nicht, wie die Vöglein so lieblich singen? Du gehst ja für dich hin, als
wenn du zur Schule gingst, und ist so lustig haußen in dem Wald.«
    »Ich finde es hier nicht lustig«, schrie sie zurück.
»Ich glaube auch nicht, dass noch viele Vögel Bock haben zu singen. Ist das wieder
eines von deinen bescheuerten Märchen?«
    Darauf antwortete er nur mit einem lang gezogenen
»Ooooch!«. Hoffentlich war sie nicht zu weit gegangen. Aber irgendwie schien er
nicht wütend zu sein, eher beleidigt. Auf jeden Fall schwieg er eine Weile.
    »Antoniuseiche«, war das nächste Wort, das er
hinausschrie. Er deutete dabei auf einen großen Baum am Wegesrand.
    Die Sonne beschien das bunte Herbstlaub. Vielleicht
wurde es ja doch noch lustig »haußen in dem Wald«. Vereinzelt hörte man sogar
noch Vögel singen. Sie kreuzten einen Weg und passierten einen Bauwagen. In der
Ferne hörte Marie eine Motorsäge.
    »Elefantenbuche«, rief Basti kurze Zeit später.
    Wie im Bus, wo die Haltestellen angesagt werden,
dachte Marie. Bloß dass es mit dem Aussteigen nicht so leicht würde.
    Das Quad kletterte eine steile Schotterpiste hoch,
oben bog Basti nach rechts in einen Weg ab, der ebenso steil weiter bergan
führte.
    »Fährst du oft hier rum?«
    Basti nickte. »Manchmal helfe ich den Waldarbeitern.«
    Heute waren leider keine unterwegs, irgendwie hätte
sie das beruhigt.
    »Grüne Bank«, verkündete er nun.
    Sie waren an einer Wegkreuzung angekommen, an der sich
der Wald etwas lichtete. Rechts stand unterhalb eines Baumstumpfes tatsächlich
eine grüne Bank.
    »Hier geht es doch nicht nach Rüdesheim?«, fragte
Marie. Es war vielleicht doch keine so gute Idee gewesen, sich auf das
Abenteuer mit dem Riesen einzulassen. Vielleicht hätte sie besser versuchen
sollen, unten am Haus zu fliehen. Aber dafür war es jetzt zu spät.
    »Und geriet immer tiefer in den Wald hinein«, sagte
Basti und lachte meckernd. Er war an der Kreuzung nach links abgebogen und fuhr
weiter bergan.
    »Rheinhöhenweg«, war seine nächste Ortsangabe.
    Sie kamen an einer weiteren Waldlichtung vorbei, der
Weg stieg immer weiter an. Hier würden sie überall rauskommen, bloß nicht am
Rüdesheimer Krankenhaus.
    »Jetzt sind wir oben«, rief Basti.
    Es klang so, als ob er hierfür Applaus erwartete.
Tatsächlich wurde der Weg nun flacher. Und irgendwo sah sie ein Schild, auf dem
tatsächlich »Rheinhöhenweg« stand. Bloß lag Rüdesheim nicht auf der Höhe,
sondern unten am Rhein.
    Sie schwiegen eine Weile. Marie spürte die Sonne im
Rücken. Der Weg führte also nach Westen. Das zumindest konnte hinkommen. Sie
überquerten eine Landstraße, ein Schild wies rechts nach Hausen und links

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