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Frau Holle ist tot

Frau Holle ist tot

Titel: Frau Holle ist tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Stark
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fingen an einzuschlafen, und der ganze Hofstaat
mit ihnen.
    Das war vielleicht doch keine so gute Idee. Sollte er
es besser mit Märchen Nummer dreiundfünfzig versuchen? Aber er hatte keinen
vergifteten Kamm und keinen vergifteten Apfel.
    Und schnürte so fest, dass dem
Sneewittchen der Atem verging, und es für tot hinfiel.
    Er hatte auch keine Schnürriemen
von allen Farben , aber auf dem Klapptisch neben dem großen spitzen
Messer lag eine lange feste Kordel, auch daran erinnerte sich Basti genau. Ob
er die zum Schnüren benutzen sollte? Aber wo sollte er schnüren? Am Bauch? Am
Hals? Bei dem Gedanken wurde er ganz aufgeregt, und er konnte nicht genau
sagen, ob es eine angenehme oder eine unangenehme Aufregung war. Doch dann fiel
ihm das Ende der Geschichte ein.
    Aber es waren schon eiserne
Pantoffeln über Kohlenfeuer gestellt und wurden mit Zangen hereingetragen und
vor sie hingestellt. Da musste sie in die rot glühenden Schuhe treten und so
lange tanzen, bis sie tot zur Erde fiel.
    Er wollte es doch nicht so machen wie die böse
Königin. Er griff nach dem Nachtsichtgerät und dem Fernglas. Ganz leise schlich
er nach draußen und sicherte die Tür der Schanze mit dem Vorhängeschloss.
    Geh hübsch sittsam und lauf nicht
vom Weg ab.
    Nicht weit von dem Turm kletterte er auf einen
Hochsitz und suchte mit dem Nachtsichtgerät nach Wildschweinen. Heute waren
keine da. Dann nahm er das Fernglas und zählte die Sterne über der
Waldlichtung.
    Freundlich und gut. Und jeder saß
auf seinem besondern Stühlchen.
    Er ließ sich viel Zeit mit dem Zählen. Aber er kam
nicht zur Ruhe. Die Gedanken in seinem Kopf gaben keine Ruhe. Früher war es
schöner gewesen mit Marie, dachte er wieder und wieder. Als er sie noch ganz
für sich hatte. Dann waren Kevin und sein Vater gekommen und hatten sie ihm
wegnehmen wollen. Und jetzt war es nicht mehr so schön. Ob sie Kevin mochte?
Das konnte sein. Dabei hatte Kevin sie geschlagen und blöde Kuh genannt! Und
man durfte Mädchen nicht schlagen, schon gar nicht eine Königstochter. Aber bei
Mädchen wusste man nie genau, woran man war, mit Mädchen kannte er sich nicht
aus. Vielleicht mochte sie Kevin, weil er so eine lustige Adresse hatte.
Schade, dass der Rotkäppchenweg in der Stadt war und nicht durch den Wald
führte, so wie es richtig gewesen wäre.
    Später stieg er vom Hochsitz wieder herunter und lief
los. Ganz vorsichtig und leise, damit Marie nicht wach wurde, schob er das Quad
den Weg entlang und machte einen nächtlichen Ausflug. Noch vor der
Morgendämmerung würde er zurück zur Schanze kommen.
    Er holte die kalte, tote Katze, die er gefunden hatte,
aus der Gepäcktasche seines Quads. Es war eine schwarze Katze, die ihn an Findus,
den Kater von Frau Holle, erinnerte. Hoffentlich ging es Findus gut.
    Da schrie’s plötzlich aus einer
Ecke »Au, miau! was uns friert!« – »Ihr Narren«, rief er, »was schreit ihr?
Wenn euch friert, kommt, setzt euch ans Feuer und wärmt euch.«
    Basti klaubte etwas Reisig zusammen und machte ein
kleines Feuerchen. Frau Holle hatte ihm gesagt, er beschäftige sich zu viel mit
Märchen. Erst erzählte sie ihm die Märchen und freute sich, dass er alles so
gut behalten konnte, und dann war es wieder nicht recht.
    Der Jüngste aber war dumm, konnte
nichts begreifen und lernen: und wenn ihn die Leute sahen, sprachen sie »mit
dem wird der Vater noch seine Last haben!«
    Er setzte sich vor das flackernde Feuer und legte die
Katze neben sich. Nach kurzer Zeit wurden ihm die Augen schwer.
    Da kamen aus allen Ecken und Enden
schwarze Katzen und schwarze Hunde an glühenden Ketten, immer mehr und mehr,
dass er sich nicht mehr bergen konnte: die schrien greulich, traten ihm auf
sein Feuer, zerrten es auseinander und wollten es ausmachen. Das sah er ein
Weilchen ruhig mit an, als es ihm aber zu arg ward, fasste er sein
Schnitzmesser und rief »fort mit dir, du Gesindel«, und haute auf sie los. Ein
Teil sprang weg, die andern schlug er tot .
    Basti wachte wieder auf und sah sich um. Es war hell
geworden. Außer der toten Katze lagen keine Kadaver herum. Vielleicht hatte
Tante Sylvia recht gehabt, und er übertrieb es wirklich mit den Märchen. Aber
jetzt war sie tot, und das Rechthaben nützte ihr auch nichts mehr. Er holte
eine Kordel aus der Tasche seines Parkas, schlang sie der Katze um den Hals und
hängte sie an einen kräftigen Zweig eines Baumes. Dort konnte sie mit des Seilers Tochter Hochzeit halten und das Fliegen lernen .
Dann ging er

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