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Frau Holle ist tot

Frau Holle ist tot

Titel: Frau Holle ist tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Stark
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kommen.
    Gucki orderte ein weiteres Glas Spätburgunder aus der
Lage Klosterberg, zu dem er Mayfeld einlud, Widerspruch zwecklos.
    »Viel los bei euch.« Batschkapp sah ihn fragend an.
    Mayfeld nickte.
    »Erst der Mord an Frau Dr. Holler, und jetzt ist
ein Mädchen verschwunden«, sagte Batschkapp.
    »Ich hab gehört, dass sie heute gesehen wurde«,
ergänzte Gucki. »Immerhin lebt sie noch.«
    »Und ich hab gehört, dass sie entführt wurde«, sagte
Batschkapp.
    »Wer behauptet denn so einen Blödsinn?«, fragte
Mayfeld eine Spur zu heftig.
    »Touché«, bemerkte Gucki süffisant.
    »Es steht doch morgen sowieso in der Zeitung«, meinte
Batschkapp.
    »Mit der Entführung weißt du mehr als ich«, sagte
Mayfeld. Er wusste, dass sowohl Gucki als auch Batschkapp Freunde auf der
Eltviller Polizeiwache hatten, aber er war entsetzt, wie schnell die
Gerüchteküche arbeitete. Gucki kannte auch ein paar Journalisten. Vielleicht
waren die Mutmaßungen auf diesem Weg nach Kiedrich gekommen.
    »Ihr sucht nach Sebastian Fromm«, fuhr Batschkapp
fort. »Trude meint, der wäre nicht ganz richtig im Kopf.«
    »An diesem Tisch drückst nur du dich so schlicht aus«,
korrigierte ihn seine Frau.
    »Hast du eigentlich mitbekommen, was die letzten Tage
im Kreishaus los war?«, wollte Gucki wissen.
    Mayfeld war für den Themenwechsel dankbar. »Was genau
meinst du?«
    »Da gab es doch die Ausstellung des Künstlerkreises«,
half Gucki nach. »Das gesunde Volksempfinden hat die Ausstellung zensiert.
Daraufhin haben die Veranstalter die gesamte Ausstellung zurückgezogen.«
    »Wie dramatisch das klingt«, mokierte sich Batschkapp
und nahm einen tiefen Zug aus seinem Glas. »Einer Mitarbeiterin hat ein Bild
nicht gefallen, und sie hat es deswegen abgehängt. War so eine Art Sponti-Aktion.
Und die Vorsitzenden des Malervereins haben beleidigte Leberwurst gespielt und
den ganzen Krempel abgehängt. Jeder, wie er will.«
    »Was für ein Quatsch, überleg doch mal für fünf Cent«,
fuhr ihn Gucki an. »Es gibt immer irgendjemanden, dem ein Bild nicht gefällt,
und wenn es die Mona Lisa ist.«
    »Die mit dem schmallippigen Lächeln«, moserte
Batschkapp.
    »Und wenn dann jeder das Bild abhängt, das ihm nicht
gefällt, hängen bald gar keine Bilder mehr herum.«
    »Der Vergleich mit der Mona Lisa ist ziemlich
überzogen«, mischte sich Trude ein. »Was für ein Bild hat den Leuten denn nicht
gefallen?«
    » Einigen Mitarbeiterinnen
hat es nicht gefallen«, korrigierte Gucki, »nicht den Leuten. Außerdem gilt die Kunstfreiheit nicht nur für Meisterwerke, die ein paar
hundert Jahre alt sind, und bei denen jeder Spießer kapiert, dass sie Kunst
sind.«
    »Man muss aber auch nicht alles toll finden, von dem
irgendjemand behauptet, es sei Kunst«, widersprach Batschkapp.
    »Um was für ein Bild ging es denn?«, fragte Zora.
    »Es zeigt einen gesichtslosen Mann mit nacktem
Oberkörper und offener Hose«, berichtete Mayfeld. »Im Hintergrund meinten
einige Leute eine Kindertragetasche zu erkennen und vermuteten, dass es bei dem
Bild um Kindesmissbrauch ging.«
    »Das ist alles, was man sieht?«, fragte Zora.
    »Ich habe da noch nicht einmal eine Tragetasche
erkennen können, mich erinnerte das, was man im Hintergrund sah, eher an einen
Stuhl. Alles Anstößige spielt sich im Kopf des Betrachters ab«, antwortete
Mayfeld.
    »Ich kenne den Künstler und das Werk«, sagte Gucki.
»Die Vorlage für das Bild ist ein Pressefoto. Es zeigt Che Guevara in einem
mexikanischen Gefängnis. Mit der Stuhllehne im Hintergrund hast du übrigens
recht, Robert. Alles andere ist das Phantasieprodukt einiger hysterischer Damen
aus dem Kreishaus.«
    »Deswegen muss es mir trotzdem nicht gefallen«,
beharrte Trude auf ihrer Meinung, obwohl sie das Bild offensichtlich nie
gesehen hatte.
    »Es geht um die Freiheit der Kunst«, sagte Gucki. »Du
musst dir das Bild ja nicht ins Wohnzimmer hängen.«
    Mayfelds Freunde widmeten sich nun ihrem Essen. Nach
dem Hauptgang orderten sie bei der Bedienung vier Portionen Gewürzcreme mit
Quittensorbet.
    Mayfeld verabschiedete sich und ging an der Küche
vorbei in den Flur des Weinguts, wo er ungestört telefonieren konnte. Er musste
sich beeilen, bald war Redaktionsschluss. Er rief Michael Baumann an. Der
Journalist war für die Berichterstattung über Verbrechen und Polizeiarbeit beim
Wiesbadener Kurier und beim Tagblatt zuständig.
    Baumann war reichlich überrascht, als der Kommissar
nachfragte, was Lackauf der Presse mitgeteilt

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