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Frau Prinz pfeift nicht mehr

Titel: Frau Prinz pfeift nicht mehr
Autoren: A Scheib
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Ingrid und dieses Haus mit der absurden Stiefmutter, die eigentlich nur lächerlich war. Eine Zumutung. Berthold
     dachte an seine tote Mutter, die so zäh gekämpft hatte, weil ihr |109| Sohn ein glückliches Leben haben sollte. Bis heute wußte Berthold nicht, was das sein konnte – ein glückliches Leben. Ist
     man glücklich, wenn man bekommt, was man sich wünscht, oder macht gerade das einen erst recht unglücklich? Berthold Papke
     wußte nicht, was er wollen sollte, er ahnte nur tief in sich, daß er einen Bereich ganz allein für sich brauchte, er wollte
     sein kleines, altes Gaunerleben zurückhaben, er ertrug es nicht, daß eine Frau wie Ingrid sein Leben in die Hand nahm.
     
    In dieser Sekunde auf dem Balkon, unter den dicken Regenwolken, die jeden Moment aufzuplatzen drohten, sagte Berthold leise
     zu Ingrid, daß er sich von ihr trennen werde.
    »Das geht nicht«, sagte Ingrid ebenso leise, »das geht nicht, wir bekommen ein Kind.«
     
    Berthold Papke hatte trotzdem weggewollt. Lieber Alimente zahlen. Seine Kumpels, die Freunde vom »Werkstattkino«, alle hatten
     sie gesagt, wegen des Kindes müsse er doch nicht gleich heiraten. Aber die beiden Frauen hatten ihm zugesetzt, fertiggemacht |110| hatten die ihn. Ingrid drohte mit Selbstmord, die Alte wollte ihn im Supermarkt denunzieren. Nächtelang war er durch die Kneipen
     gezogen, irgendwann hatten sie ihn dann soweit   ...
     
    Berthold Papke gabnur vor sich selber zu, daß seine Schulden so drückend geworden waren, daß er die Miete in der Occamstraße
     nicht mehr bezahlen konnte. Mit seinem BMW hatte er einen Unfall verursacht, nur Blechschaden, aber er hatte das Auto verkaufen
     müssen, sogar mit Verlust. Schließlich war ihm, wenn er ehrlich war, das kostenlose Wohnen bei Ingrid wie der letzte Ausweg
     erschienen.

8
    Die Moldens saßen am Eßtisch, auf ihren Tellern blieben Farfallone mit Lachsstreifen liegen. »Eigentlich magst du das doch
     gern«, sagte Agnes Molden.   –»Du auch«, |111| entgegnete Matthias Molden freundlich, »es ist eines deiner vielen Lieblingsessen.«
    Agnes Molden schobden Teller weg, trank einen Schluck Wein. »Seltsam«, überlegte sie, »ich weiß gar nicht, was ich fühlen
     soll. Ich bin erleichtert, daß die Prinz nicht mehr da ist, daß ich sie nie mehr sehen muß, ich habmir oft gewünscht, daß
     sie vor Neid platzen oder sonstwie umkommen soll, aber daß sie jetzt wirklich tot ist, mausetot, das will mir nicht in den
     Kopf.«
    Matthias Molden goß seiner Frau Wein nach, prostete ihr zu. »Die Prinz war offenbar dazu geschaffen, ihrer Umwelt ein Ärgernis
     zu geben. Das hat sie gemacht, so lange sie lebte, und als Tote kann sie nicht mehr anders.«
    Agnes Molden sah ihren Mann prüfend an. »Sagst du das als Mensch oder als Nachbar?«
    »Na hör mal, das klingt ja nach Dr.   Jekyll und Mr.   Hyde – übrigens, der Wein ist alle, ich hätte Lust auf einen Champagner, wir haben noch einen Taittinger im Keller   ... «
    »Champagner. Heute. Meinst du, das paßt?«
     
    |112| Agnes und Matthias hatten nicht gehört, daß Titus und Hortense, die fünfjährigen Zwillinge, hinter ihnen im Wohnzimmer standen.
     Hortense trug ihren Bugs-Bunny-Schlafanzug, Titus seinen mit den Peanuts, was beim Zubettgehen wieder zu Streit führte, denn
     Hortense fand inzwischen Peanuts schöner, obwohl sie sich Bugs Bunny selber ausgesucht hatte, doch Titus ließ nicht von seinen
     Peanuts, und daher mußten die beiden sich derart beschimpfen, daß es um ein Haar wieder zu Handgreiflichkeiten kam. Jetzt
     standen Hortense und Titus nebeneinander, sie wußten, daß sie nach dem ausgiebigen Einschlafritual mit Gebet und Gesang nicht
     mehr runterkommen sollten, hielten es aber für nötig. Agnes bemerkte sie schließlich.
    »Was ist denn jetzt wieder los, haut ab, es ist schon elf Uhr!«
    Hortense schubste Titus, Titus schubste Hortense.
    »Ech kann nech einschlafen. Der Titus auch nech, Titus, du Blödmann, tu deinen fetten Arsch da weg.«
    »Dein Arsch is viel fetter – Mama, die |113| Hortense sagt immer Arsch zu meinem Po.«
    Geduldig nahmen die Moldens jeder einen Zwilling auf die Knie. Sie erklärten ihnen, was sie so ziemlich jeden Tag erklärten,
     daß sie sich nicht dauernd streiten sollten, sondern sich liebhaben. Daß sie nicht so häßliche Ausdrücke wie Arsch und Blödmann
     gebrauchen sollten, das täten die Eltern schließlich auch nicht. Darauf protestierten die Zwillinge sofort.
    »Mama, du sagst ganz
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