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Frau Prinz pfeift nicht mehr

Titel: Frau Prinz pfeift nicht mehr
Autoren: A Scheib
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viel Affenarsch, un zum Brüllaffen hast du ekeliger Kotzbrocken gesagt«, rief Hortense eifrig, doch Titus
     bestritt es: »Nee, sie hat widerlicher Kotzbrocken gesagt und noch ölige Unke.«
    »Jaha«, lachte Hortense stolz. »Ölige Unke – hast du rübergesagt, Mama. Un Scheiße sagst du auch ganz viel.«
    Agnes sah ihren Mann nicht an, sie wandte sich den Zwillingen zu, sagte ernst, daß sie solche Wörter aber nicht zum Papa sage
     und nicht zu Leuten, die sie liebhabe, und daß sich von jetzt an alle drei vornehmen wollten, nicht mehr solche Ausdrücke
     zu gebrauchen.
    |114| »Okee«, sinnierte Hortense, »brauchen wir auch nich mehr so viele, wo der Brüllaffe tot is.«
    »Tot. Einfach nich mehr da«, sagte Titus heiter. »Kann uns nich mehr eergern –«
    »Un nich mehr brüllen ihr Tierquäler – kannse nich mehr.«
     
    Endlich wieder im Bett, wollten beide noch etwas trinken, wie immer. Beim Einschlafen lauschte Hortense auf den Sturm, der
     heulend durch die Äste der Tannen, Ulmen und Nußbäume fuhr. »Mama, mir is so gruselig, heult da draußen der Brüllaffe?«
    »Nein«, sagte Agnes, »im Winter ist es oft stürmisch, das wißt ihr doch.«
    »Un der Brüllaffe is wirklich tot?«
    »Ja«, sagte Agnes, »die kann euch nicht mehr stören. Und jetzt schlaft endlich.«
     
    »Die beiden beschäftigt der Tod von Frau Prinz doch sehr stark«, sagte Agnes zu Matthias, als sie aus dem Kinderzimmer kam.
    »Das ist nicht verwunderlich, Liebste. Schließlich mußten die Kinder seit zwei |115| Jahren die Angriffe dieser Frau aushalten. Weißt du noch, als im Teich so viele Kröten waren?«

9
    Ein kleiner Teich, im hinteren Teil des Reihenhausgartens gelegen, dicht bewachsen mit Seerosen und Schilf, war sommers wie
     winters für die Zwillinge ein geheimnisvoller Ort, an dem sie ständig neues Getier entdeckten, neue Pflanzen, wundervolle
     Veränderungen. Kamen die beiden aus dem Kindergarten, rannten sie erst einmal zu ihrem Teich, holten ihre Geräte heran, die
     sie in den Büschen versteckt hatten. Alte Haarsiebe, Kescher, Töpfchen, Schaufeln aller Art benutzten sie, um dem Teich Wasserproben
     zu entnehmen, die Kaulquappen enthielten, Frosch- und Krötenlaich.
    Agnes war immer gerührt, wenn sie ihre beiden Blondschöpfe am Rand des Teichs hocken sah, die Stumpfnäschen waren so |116| nah wie möglich dem Wasserspiegel zugeneigt, und in der wundersamen Krötenzeit holten sie sich jeder eine Kröte, setzten sie
     sich auf den Handrücken und suchten den Kröten das Sprechen beizubringen. Als sie spürten, daß die Kröten auf ihren Händen
     sitzen blieben, auch dann, wenn sie die Hände im Teich unters Wasser hielten, waren sie überzeugt, daß die Kröten auch mit
     ihnen spielen wollten.
    Sie rannten die schmale bemooste Gartentreppe mit dem rostigen Geländer hinauf zu Agnes. »Mama, kuck ma, wie schön krötich
     die sind, un die wollen gaanich mehr weg von mir«, schrie Hortense.
    Und Titus schrie ebenso beglückt: »Von mir auch nich. Die wollen bei uns bleiben!«
    Agnes grauste es vor den lehmfarbenen, pockigen Kröten, doch sie erinnerte sich daran, daß in ihrer eigenen Kindheit Frösche
     sogar aufgeblasen wurden, sie gönnte den beiden ihre glitschigen Kumpels, meinte aber, das mit dem Auf-den-Händen-Sitzen könne
     auf die Dauer unpraktisch werden, es wäre doch besser, die Kröten wieder in den Teich zu bringen.
    |117| Vor den Kindern war jedoch Frau Prinz schon jenseits des Zauns beim Teich angelangt. Sie schrie die Kinder an: »Tierquäler
     seid ihr, alle beide, ihr könnt nicht spielen, ihr könnt nur unschuldige Tiere quälen, ich rufe gleich den Tierschutzverein
     an. Sofort tut ihr die Kröten wieder in den Teich!«
    Die Kinder kamen zurück zu Agnes, die Kränkung, sie würden Tiere quälen, hatte sie tief getroffen. Sie liebten jede Ameise,
     jede Schnecke oder Raupe, staunten die Eichhörnchen an oder den Specht, der ratternd auf die Bäume einhackte. »Mama, die hat
     wieder rübergesagt, daß wir Tierquäler sind. Sind wir Tierquäler?«
    »Nein, natürlich nicht. Ihr kennt doch diese böse Frau. Laßt sie schimpfen. Sie tut es, weil sie nun mal nichts anderes kann.«
    »Hat die nix zum Aabeiten?« fragte Titus praktisch.
    »Nee«, erklärte Hortense, »weil, die is ja doof.«
     
    Am Nachmittag war Lorenz da zum Spielen. Hortense und Titus zeigten ihm die Kröten im Teich. Frau Prinz, die wie ein |118| großer schwerer Schatten im Garten herumhing und ihre Bierzeltlieder
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