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Frau Prinz pfeift nicht mehr

Titel: Frau Prinz pfeift nicht mehr
Autoren: A Scheib
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pfiff, stürzte sofort wieder auf die Kinder los: »Ihr
     sollt die Tiere in Ruhe lassen, habe ich gesagt. Geht rein zu eurer blöden Mutter, die kann euch nicht mal beibringen, daß
     Tiere nicht gequält werden dürfen.«
    »Unsere Mama is nich blöd, du bis blöd«, rief Hortense aufgebracht, doch bei der schwerhörigen Prinz hatte sie keine Chance.
    Lorenz, der einer solchen Frau noch nie begegnet war, sah Titus und Hortense erschrocken an. »Hat die denn hier was zu sagen?«
    »Hat se nich«, sagte Titus wütend.
    »Die will der Bestimmer sein, is se aber nich«, bestätigte Hortense.
    »Vor der habich Angst«, sagte Lorenz beklommen. Er wollte seit dieser Zeit nur noch drinnen spielen, und Titus und Hortense
     mieden ebenfalls den Garten, wenn die Prinz dort war.
     
    »Ich fühle mich so hilflos«, sagte Agnes zu Matthias, »es nützt ja nichts, wenn ich versuche, die Kinder zu verteidigen. Es
     macht |119| alles nur schlimmer. Diese Frau läßt kein Gespräch zu, sie pöbelt nur. Das muß man erst einmal aushalten, zwei Jahre lang
     Tür an Tür mit einer solchen Person – aggressiv, verleumderisch, und das auf dem untersten Niveau. Ich möchte einmal wissen,
     woher das kommt, was mit der los ist. Es kann doch keinen Menschen geben, der nur böse ist.«
    »Natürlich gibt es das«, entgegnete Matthias, »es gibt das Böse in der Welt. Oft sind das Menschen, die sein wollen wie Gott.
     Die Prinz zeigt so ein Verhalten. Wenn sie auf ihrem Balkon steht und ruft: Ich bin die Beherrscherin der Gärten, wenn sie
     uns alle disziplinieren will, wenn sie nur akzeptieren will, wie das Leben nach ihrer kleinen Sicht ablaufen müßte, dann zeigt
     das ihren Machtanspruch, der böse und lächerlich zugleich ist.«
     
    Am Abend hatten die Moldens ein paar Leute zum Essen eingeladen. Weil die Luft so warm und weich in den Gärten hing, der Mond
     wohlig und rund durch einen sanften Schwaden hinabsah, nahmen alle ihre Gläser |120| und setzten sich hinaus auf die Gartensessel, die Agnes schon bereitgestellt hatte. Agnes und Matthias brachten mit Hilfe
     von Gesa und Isabel das Dessert nach draußen. Sie sprachen über eine Aufführung des ›Cymbelin‹ in den Kammerspielen, Bonnie
     hatte gar nicht gespürt, wie die vier Stunden vergangen waren, während ihr Mann nicht mehr gewußt hatte, wie er sich hinsetzen
     sollte, um wenigstens ein bißchen Zeit durch Schlaf zu überbrücken. Über die Retrospektive Angelika Kauffmann im Haus der
     Kunst gabes einhellige Begeisterung, und plötzlich hörten sie es quaken. »Habt ihr Frösche im Teich?« fragte Isabel noch leicht
     irritiert, doch dann wußten sie, daß es die Prinz war, die am Zaun auf und abstrich in ihren schwarzen Röcken und dabei quakte
     wie ein Frosch. Die Ostens wußten, was mit der Prinz los war, Gesa und Isabel sowieso, aber auch Schneiders hatte Agnes schon
     aufgeklärt, und Axel und Katja wußten es aus eigener Erfahrung. Als Agnes mit Axel im Garten an einem Referat arbeitete, hatte
     die Prinz zum Rasenmäher gegriffen und neben ihnen Rasen |121| gemäht, mindestens eine halbe Stunde lang. Da Axel wußte, daß die Frau Agnes nur anpöbeln würde, versuchte er, sie zum Aufhören
     zu bewegen. Es war überhaupt kein Gras mehr auf dem Boden. Doch auch ihn fuhr die Prinz an: »Sie werden mich nicht von meiner
     Arbeit abhalten, ich bin schließlich nicht wie die faule Molden, die alles vom Gärtner machen läßt.«
     
    Agnes und Matthias unterhielten sich weiter mit ihren Gästen, man versuchte, die schwarze Gestalt zu ignorieren, die wie ein
     Derwisch am Zaun herumfuhr, jetzt ins Pfeifen überging, schließlich bellte sie wie ein Hund.
    »Wenn ihr alle dabei seid«, sagte Agnes, »dann kann ich auch über sie lachen. Aber wenn ich alleine bin, nur einen Fuß in
     den Garten setze, dann kreischt sie schon von drüben, daß tatsächlich die faule Molden auch schon aufgestanden sei, und dann
     fängt sie an zu pfeifen.«
    »Wie du das nur aushältst!« sagte Isabel. »Die hätte ich schon längst erschossen.«
    »Gäbe es eine elegante Möglichkeit, bei |122| der man straffrei ausginge, hätten wir das auch gemacht«, sagte Matthias.
    Bonnie Schneider sah Agnes halbverständnislos, halbmitleidig an: »Und sie ist auch noch so häßlich. Die sieht ja wie ein fetter
     Frosch aus. Alles wabbelt an der. Also – neben diesem Schreckschuß könnte ich keinen Tag wohnen.«
    »Neuerdings schreiben sie Denunziantenbriefe an meine Dienststelle. Das besorgt sie
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