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Frau Schick macht blau

Frau Schick macht blau

Titel: Frau Schick macht blau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Jacobi
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weiterer Sylvesterkracher die Jagd auf Pottkämper beginnt. Wie immer im Kreis.
    Gelernt ist gelernt. Ihr Zirkusesel ist ein Goldstück, freut sich Frau Schick, ohne das Ziel ihrer eigenen Verfolgungsjagd aus dem Auge zu verlieren. Engels verharrt wie angewurzelt unter dem Apfelbaum, anstatt sich zu ihr umzudrehen.
    Er ist wohl doch nicht ganz der Kavalier, für den sie ihn gehalten hat. Entschlossen krallt sie sich ins Rankgitter und überwindet sich beim nächsten Böllerknallen zu einem expliziten Hilfeschrei. Liegt ihr gar nicht, so was, aber immerhin: Herr Engels dreht den Kopf, wenn auch sehr, sehr langsam.
    Bei Gott!, erschrickt Frau Schick. Nicht sie, dieser Mann braucht dringend Hilfe, am Besten einen Notarztwagen. Sein Gesicht ist aschgrau und so verzweifelt, als entstamme es dem düsteren Spätwerk von Goya. Eine derart ungesunde Gesichtsfarbe hat sie noch nie gesehen. Schon gar nicht bei einem Mann von solch robuster Statur.
    Professor Engels’ Gesichtsfarbe wechselt von Aschgrau zu Totenbleich, als in den Weg zwischen ihrem Garten und der Weide zwei Streifenwagen einbiegen und unmittelbar vor ihrer Hecke anhalten. Türen werden aufgerissen. Zwei Beamte spurten los, um Gärtner und Vermessungstechniker von der Weide zu holen.
    Engels sucht Halt und Stütze am Apfelbaum, der unter seinem Gewicht ins Schwanken gerät. Als ein Apfel neben ihm ins Gras plumpst, fällt bei Frau Schick der Groschen. Das darf nicht wahr sein! Muss es aber. Der Professor steht so wenig wie sie selbst kurz vor einer Herzattacke, sondern vor einer Verhaftung!
    Engels’ merkwürdige Vorliebe für Nacht-und-Nebel-Aktionen, seine panische Furcht vor einem Polizeieinsatz bei Zerberus’ Entführung, seine unsinnige Weigerung, nach Oxford zu reisen oder über den Winter mit Niklas in ihre Villa zu ziehen, sein gestriges Einschreiten gegen den rebellischen Blogger auf der Theke, alles, alles spricht dafür, dass Engels nicht nur Professor ist, sondern leider auch kriminell.
    Himmel, wie konnte sie nur derartig blind für seinen wahren Charakter sein?
    Ihre Beine warten die Antwort nicht ab. So schnell Frau Schick die Füße tragen – und das ist mächtig schnell –, ist sie beim Professor. »Sie können hinten durch die Hecke verschwinden, Ludwig!«
    Der Professor sagt nichts.
    »Nun machen Sie schon!«, fleht Frau Schick verzweifelt. »Ich werde Sie bestimmt nicht verraten. Ich bin sehr, sehr vergesslich, und Namen kann ich mir schon gar nicht merken. Das hab ich sogar schriftlich!«
    Der Professor steht nur da wie angewachsen. Plopp, plopp, plopp gehen die Äpfel neben ihm nieder.
    »Haben Sie Pottkämper nicht gehört?«, sagt er endlich tonlos. »Er kennt unsere Personalien aus den Vereinsakten. Es ist aus und vorbei.«
    »Nicht, wenn Sie sofort abtauchen«, beschwört ihn Frau Schick mit Blick auf die Polizeiwagen.
    Engels schüttelt den Kopf. »Ohne Niklas hat eine Flucht überhaupt keinen Sinn.«
    »Hier geht es nicht um Niklas«, drängt Frau Schick und will den Professor vom Baum und aus dem Blickfeld eines Polizisten wegzerren, der per Funk einen Tierarzt mit Betäubungsgewehr anfordert. Pottkämper absolviert auf der Flucht vor Zerberus noch immer einen Marathon in Gummistiefeln. »Hier geht es erst einmal um Sie!«
    »Frau Schick«, entgegnet Engels mit verzweifeltem Blick und krallt sich weiter an den Baum, »es geht hier einzig und allein um Niklas! Das Jugendamt …«
    »Um den Jungen kümmern wir uns schon«, unterbricht Frau Schick ihn resolut und zerrt entschlossener an Engels Arm. Anscheinend zu entschlossen. Der Professor löst sich unvermittelt heftig vom Baum, umklammert ihr Handgelenk mit eisernem Griff.
    »Au!«, entfährt Frau Schick ein spitzer, nicht gespielter Schmerzlaut.
    Noch schriller fällt ihr Entsetzensschrei aus, als Engels sie im selben Moment mit sich zu Boden reißt und eng an sich presst. Soll das eine Geiselnahme werden?, fragt sie sich an seine breite Brust gedrückt verwirrt und leicht benommen.

31.
    Mit seiner Kilometerleistung ist Herberger keineswegs zufrieden, denn die Eifel liegt nach wie vor in weiter Ferne. Immerhin hat er vor etwa einer halben Stunde einen Rhythmus gefunden, in dem er gut vorankommt. In strammem Marschtempo geht es vorbei an einem Flüsschen, das sich durch endlose Felder und kleine Waldabschnitte schlängelt, in denen sich hie und da Ferienblockhütten verbergen. Herberger schaut nicht hin, sie erinnern ihn zu fatal an sorglose Idylle oder Frau Schicks

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