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Frau Schick räumt auf

Frau Schick räumt auf

Titel: Frau Schick räumt auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Jacobi
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wissen.
    »Ich glaube, das war privat«, erwidert Nelly, die den spanischen Dialog zwar verstanden, aber nicht begriffen hat. Viertes Gebot, viertes Gebot … Wie lautete das denn noch mal? Geht es darin ums Töten oder Stehlen? Halt, nein, es geht um etwas ganz Harmloses: Du sollst Vater und Mutter ehren. Was kann Fadrago nur damit gemeint haben. Sie schaut sich fragend nach Paolo um.
    »Pedro ist mein Urgroßvater«, erklärt der unwirsch, »mütterlicherseits.« Er hastet die Stufen hinab, um den Rest der Gruppe zu suchen.
    »Sein Urgroßvater, sehr schön«, sagt Frau Schick zufrieden. »Ein ganz außergewöhnlicher Mann, auch wenn Paolo ihn momentan nicht für sein liebstes Wunder vom Jakobsweg zu halten scheint. So, und nun helfen Sie mir mal.«
    »Wobei?«
    »Ich möchte mir gern den Rosenkranz umhängen. Könnten Sie ihn zumachen?«
    »Frau Schick, der ist wirklich nicht als Schmuck gedacht, und diese quietschrosa Plastikperlen sind …«
    »Wunderhübsch! Haben Sie gesehen? Jede zweite ist ein Röschen! So hat mich meine beste Freundin immer genannt.«
    Seufzend legt Nelly Frau Schick das Plastikkettchen um den Hals, auch wenn das ihrer Meinung nach verdächtig nach einem Geschenk aus dem Kaugummiautomaten aussieht. Naja, nicht nur wer, sondern auch was heilt, hat recht.
    »Ich werde ab hier übrigens mit Herberger weiterfahren«, entscheidet Frau Schick. »Ich habe in Burgos einen dringenden Anruf zu erledigen.«
    Nelly schließt den Rosenkranz in ihrem Nacken.
    »Danke. Es wäre schön, wenn Sie mitkämen« fährt Frau Schick zaghaft fort. »Es handelt sich um ein diffiziles Gespräch.«
    »Auf Spanisch?«
    »Nein, auf Englisch.«
    Nelly zögert. Eigentlich würde sie gerne weiterwandern. Weil es guttut und weil Tosantos auf dem Weg vor Burgos liegt, wo Paolo ihnen ein Grottenwunder zeigen will. Dass sie Herberger zu einem kurzen Zwischenstopp dort bewegen kann, ist mehr als fraglich. Seit ihrer Extratour heute Morgen scheut er sie wie der Teufel das Weihwasser.
    Frau Schicks Blick in wehe Ferne beschleunigt Nellys Entscheidungsfindung. Zum Teufel mit Tosantos! »Ich komme gern mit«, sagt sie.
    Dienst ist schließlich Dienst, und ein Mann wie Javier Tosantos ist selbst in homöopathischer Dosierung oder in Form eines Ortsschildes gefährlicher als ein Cocktail aus Schnaps, Kerosin und Carlos Primero . Sie muss sich diese Besessenheit für bestimmte Männer endlich abgewöhnen.
    Bettina schließt sich dem Jaguar-Trio ebenfalls an, weil sie sich vor ihrem abendlichen Treffen mit Señor Viabadel noch »ein wenig frisch machen will«.
    »Und Quijote bitte auch«, bestimmt Frau Schick. »Der gehört in die Badewanne, er starrt vor Dreck.«
    »Den darf ich sicher nicht mit ins Hotel nehmen«, gibt Bettina zu bedenken.
    »Aber ich.« Da scheint sich Frau Schick ganz sicher zu sein. »Wir schmuggeln ihn über die Tiefgarage und den Aufzug ein. Wozu habe ich schließlich eine Suite mit Lift, einen Whirlpool und Badelaken von der Größe Liechtensteins gebucht. Mit dem schwarzen Wollknäuel im Schlepptau lohnt sich der ganze Luxus endlich mal.«
    »Quijote läuft und wird keinesfalls im Jaguar sitzen«, entscheidet Herberger energisch und scheucht den Hund zu Paolo.
    Ein scharfer Pfiff von Frau Schick genügt. Zu Bettinas Freude muss sich Herberger für die nächsten sechzig Kilometer damit abfinden, beim Blick in den Rückspiegel nichts außer einem hechelnden Riesenhund betrachten zu können, dessen weit geöffnetes Maul verdächtig nach einem Grinsen aussieht.

37.
    Das dringende Telefonat verläuft für Frau Schick enttäuschend.
    »Der gewünschte Gesprächsteilnehmer ist nicht erreichbar, sondern auf Reisen«, informiert sein privater Anrufbeantworter. Allein die Nummer herauszufinden war eine Heidenarbeit, auch wenn Nelly die für sie erledigt hat.
    Begleitet von einer Mischung aus Heidenangst und banger Freude hat Frau Schick die Zahlenkolonne mit der britischen Vorwahl in die Tasten gedrückt und sogleich den Atem angehalten.
    Seine digital aufgenommene Stimme zu hören, sachlich, aber durchaus warmherzig und mit vertrauten Anklängen, hat ihr Herz höherschlagen lassen. Dieses kurze Räuspern am Anfang, das war fast Paulchen. Er hat also nicht nur die abstehenden Ohren von ihm geerbt. Doch weder denen noch einer Maschine wollte sie Nachrichten hinterlassen.
    Die hartnäckige Nelly hat weitere Nummern für Frau Schick recherchiert und ergebnislos mit so charmanten wie diskreten Sekretärinnen und Tutoren

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