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Frau Schick räumt auf

Frau Schick räumt auf

Titel: Frau Schick räumt auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Jacobi
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Trekkingsandalen können Sie unmöglich mit unserem netten Gastwirt Tapas essen.«
    Nelly und Bettina beeilen sich, zur Tür zu gelangen, bevor weitere Einkaufsbefehle und Schönheitstipps herabhageln.
    »Nelly, wir sehen uns heute Abend bei der Kirchenbesichtigung«, ruft Frau Schick ihnen noch nach. »Die Kathedrale will ich sehen. Die hat schließlich ein Kölner Dombaumeister mitgebaut.«
    »Sogar mehrere«, sagt Bettina.
    »Wahrscheinlich ist der Kölner Dom darum auch jahrhundertelang nicht fertig geworden«, brummt Frau Schick. Dann fällt die Tür leise ins Schloss.
    Frau Schick schüttelt ein Kissen auf. »Scheint so, als hätten bereits im Mittelalter einige Leute entschieden zu viele Hummeln im Hintern und Grillen im Kopf gehabt«, erklärt sie Quijote. »Wirklich ärgerlich, dass keiner da bleiben kann, wo er hingehört.«
    Obwohl … Frau Schick schüttelt den Kopf. Nach Cambridge gehört Johannes ja auch nicht. Der gehört nach Köln, und zwar so schnell wie möglich. Hoffentlich kennt sich der Herr Professor auch mit Parkhausbau aus. Und hoffentlich ist er bereit, eine Firma zu erben, die welche baut, und ist nicht ganz nach Thekla geraten, die von Paul oder ihr nie Geld wollte.
    Frau Schick schiebt den Arm über die Bettkante und tastet nach Quijotes Ohr. Einen Hund zu kraulen beruhigt ungemein. Sie und Quijote. Macht schön schläfrig. Gerade ist sie im Begriff einzunicken, als das Telefon klingelt. Frau Schick ist mit einem Schlag hellwach, reißt den Hörer ans Ohr. »Ja? Yes? Hello? «
    » Disculpe« , raunt eine spanische Männerstimme. »Ich möchte sprechen Nelly. Sie solle sein in diese Zimmer.«
    Der schon wieder. Auch das noch! Wollte der nicht nach Düsseldorf?
    »Falsch verbunden«, schnauzt Frau Schick in den Hörer und knallt auf. Hach, das war dumm! Jetzt weiß sie ja gar nicht, wo der Mistkerl steckt. Am Ende treibt er sich in Burgos rum. Dieser – wie hieß der noch? Richtig, Javier.
    Mit dem Elan einer Frau, die wieder eine Mission hat, richtet sich Frau Schick auf. Was getan werden muss, kann sie glücklicherweise delegieren. Das geht auch vom Bett aus. Es handelt sich nämlich um einen Job für Herberger. Der muss ab sofort Nelly beschützen und nach spanischen Lumpen Ausschau halten, die ihr zu nahe kommen. Herbergers narbiges Kinn spricht dafür, dass er mit Gelichter und Halunken nicht lange zu fackeln pflegt.
    »Genau«, sagt Frau Schick und wählt Herbergers Zimmernummer.
    »Wau!«, macht Quijote und schnappt nach dem Ringelschwanz des lästigen Klingeltiers.

38.
    Bettina kauft tatsächlich Lippenstifte. Nelly schaut sich lieber die Altstadt an. Es ist eine Zeitreise in ein glanzvolles Mittelalter, in eine Zeit, in der Burgos noch ein reiches Handelszentrum für Merinowolle war und sich die Conetablen, die Erzbischöfe, die Könige und Kaufleute prachtvolle Paläste, Kirchen und Konvente leisten konnten. Heute gehört das meiste zum Weltkulturerbe.
    Sie durchstromert enge Gassen, schlendert ziellos umher, gelangt auf einen beschaulichen Platz und setzt sich auf eine Bank. Sie lauscht dem Gezwitscher von Schwalben, bis eine spanische Stadtführerin den Platz in eine Freiluftbühne verwandelt und in temperamentvollem Kastilisch einer Schulklasse die Architektur und Geschichte der casa del cordón erläutert – des Hauses mit der Kordel, in dem Kolumbus einst Königin Isabella von Kastilien und ihrem Gatten Ferdinand von Aragón Schätze aus der Neuen Welt zu Füßen legte. Der Hausname »Kordel« verdankt sich steinernen Flechtbändern, die die gotische Fassade zieren und an den Kuttengurt des heiligen Franziskus gemahnen sollen.
    »Heilig ging es in diesem Palast zu Zeiten der Renaissance, der Eroberung der Neuen Welt und der endgültigen Rückeroberung Spaniens von den Mauren jedoch selten zu«, erläutert die Fremdenführerin. »Zum Beispiel starb hier der junge Burgunderherzog Philipp der Schöne mit kaum achtundzwanzig Jahren nach einem schweißtreibenden Pelotespiel.«
    Die Gruppe reagiert nur mäßig interessiert, doch die Fremdenführerin gibt nicht auf. »Vielleicht starb er an einem Becher Gift, den ihm sein Schwiegervater Ferdinand, der König von Aragón, zur Erfrischung anbot«, sagt sie und fügt hinzu: »Hinter dem möglichen Giftanschlag lauert eine der bewegendsten Liebestragödien des royalen Spaniens.«
    Das wirkt. Alle – bis auf die mit MP3-Stöpseln im Ohr – hören hin. Nelly auch. Obwohl sie die Geschichte bereits kennt und obwohl sie weiß, dass

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