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Frau Schick räumt auf

Frau Schick räumt auf

Titel: Frau Schick räumt auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Jacobi
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zuckt bedauernd mit den Schultern. »Herberger ist noch unterwegs.«
    Hildegard verlangt nach Aspirin, einem Einzelzimmer und dem Zimmerservice fürs Abendessen. Martha und Hermann verabreden sich mit dem geknickt wirkenden Ernst-Theodor für die Stadtbesichtigung. »Schließen Sie sich uns an?«, fragen sie.
    Frau Schick winkt ab. Nein, für heute hat sie genug. Mehr als genug.
    Bettina nimmt zwei Schlüssel entgegen und bringt Frau Schick nach oben. Fürsorglich zerrt sie die auf mediterrane Art stramm unter der Matratze festgesteckten Decken vom Bett, weil Frau Schick nicht eingeklemmt wie in einem Briefumschlag schlafen kann. Sie braucht Beinfreiheit. Bettina hilft ihr diskret beim Auskleiden und Waschen, stellt ein Glas für das Gebiss bereit, füllt Mineralwasser in eine Karaffe und zieht die Vorhänge zu. »Wenn Sie etwas brauchen, ich habe das Zimmer direkt nebenan«, sagt sie, schreibt rasch ihre Zimmernummer auf und platziert sie neben dem Telefon.
    Frau Schick legt sich ins Bett und kommt sich sehr, sehr klein darin vor und gut versorgt. Manchmal sind gelernte Krankenschwestern ja doch ein schöner Trost. »Wenn Herberger kommt, dann sagen Sie bitte sofort Bescheid«, verlangt sie noch.
    Bettina nickt. »Natürlich. Machen Sie sich keine Sorgen, er wird Nelly schon finden. Er kennt den Camino wie kein zweiter.«
    »Das will ich hoffen, ich zahle ihm schließlich ein fürstliches Gehalt, und einen Finderlohn bekommt er selbstverständlich auch.«
    »Er wird ihn nicht annehmen, das wissen Sie doch. Und nun denken Sie nicht mehr daran. Es wird schon alles gutgehen. Ich lasse Ihnen noch einen Gedichtband da, der wird Sie auf andere Gedanken bringen.«
    »Schopenhauer wäre mir lieber.« Oder die Bibel, aber das sagt Frau Schick nicht, außerdem hat Nelly die im Gepäck. Hoffentlich nutzt es was.
    Nachdem Bettina gegangen ist, tut Frau Schick einen tiefen Seufzer. Vor drei Stunden hat sie Herberger zum letzten Mal erreicht. Und war zunächst sehr glücklich. Herberger konnte nämlich einen Erfolg vermelden.
    »Ich habe Javier gefunden.«
    »Wunderbar. Haben Sie ihm eine geknallt?«
    »Das hat Nelly vor mir erledigt. Mit bemerkenswert fester Handschrift«, hat Herberger gesagt. »Ich tippe auf einen linken Haken. Der Mann kann einem leidtun. Ich habe selten ein Veilchen in einem derart vielversprechenden Anfangsstadium verarztet.« Ein stöhnendes Geräusch im Hintergrund bestätigte seine Darstellung.
    »Wunderbar, geben Sie sie mir. Ich möchte gratulieren.«
    »Das ist leider unmöglich. Nelly ist weg.«
    »Weg? Wohin? Wo sind Sie überhaupt?«
    »In einem kleinen Tal abseits des Camino. Ich werde jetzt Javier zum nächsten Ort zurückbegleiten und dann …«
    »Zur Hölle mit Javier!«, hat sich Frau Schick empört und sich ein dezentes Hüsteln von Bettina eingefangen, weil sie gerade einen sehr stillen Kreuzgang besichtigen mussten. Der äußerst schlecht gelaunte Mönch hat die Gruppe mehr oder weniger offen ignoriert, aber offenbar an Paolo einen Narren gefressen. Jesus als Novize wäre aber auch ein zu schöner Fang.
    »Zur Hölle mit dem Kerl!«, hat Frau Schick ungerührt wiederholt. »Sie und Quijote müssen Nelly hinterher.«
    »Ich glaube, ihr tut ein bisschen Einsamkeit im Moment sehr gut«, hat Herberger geantwortet. »Señor Tosantos hingegen brummt der Schädel, und er kann auf einem Auge kaum etwas sehen.«
    »Jetzt spielen Sie bei diesem Knallkopf bloß nicht den Samariter. Sie können Nelly nicht allein auf dem Camino herumirren lassen.«
    »Darin hat sie doch Erfahrung.«
    »Herberger!«
    »Außerdem irrt sie nicht auf dem Camino herum.«
    »Wo zum Teufel denn dann?«
    Bettina hat wieder gehüstelt.
    »Das weiß ich nicht. Aber Quijote scheint es ausnahmsweise zu ahnen. Er ist in einem Urwald verschwunden.«
    »Dann verschwinden Sie gefälligst ebenfalls.«
    »Nein danke, der Weg ist mir zu dornig. Hier wuchern Weißdorn, Schlehen und sehr wehrhafte Berberitzen.«
    »Jetzt werden Sie mir auf die letzten Meter ja nicht zimperlich.«
    »Ich bin nicht zimperlich, nur vernünftig und weiß, wo der Weg endet. Man kann das Ziel auf vergnüglichere Weise erreichen und zwischendrin ein schönes Bier trinken.« Und damit hat er das Gespräch einmal wieder vor der Zeit weggedrückt und das Handy ausgeschaltet.
    Frau Schick schüttelt seufzend ihr Kissen auf. Lässt dieser Knurrhahn ihre Nelly doch glatt durch Wildnis und Dornenhecken irren! Spielt der jetzt den strafenden Gott? Herrje, Nelly hat es

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