Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition)
Stimme könntest du doch ein Schweinegeld verdienen!«
»Och was«, wehrte ich bescheiden ab. »Solche Stimmen wie mich gibt es viele.«
»Was dir fehlt, ist die richtige protection«, sagte Antje. »Sonst nichts. Stimme haste, musikalisch biste, aussehen tuste …«
Ich staunte. »Bist du cool!«
»Ich bin nicht cooler als andere auch«, sagte Antje. »Ich bin nur ehrlich zu mir selbst. Was kann mir das Leben wirklich bringen? Das Geschwafel von der großen Liebe ist doch blanker Selbstbetrug!«
»Stimmt nicht!«, geiferte ich erbost. »Große Liebe gibt es wohl! «
»Du meinst diesen unkonventionellen Chauvi, diesen Simon? Nie im Leben!« Sie lachte Hohn, dass das gemeinsame Bett wackelte. »Der ist was für gewisse Stunden, den würde ich mir als kurzweiliges Verhältnis nebenbei halten … aber für den Alltag ist der doch völlig untauglich!«
»Wie meinst du das?«
»Es gibt Alltagstaugliche und Alltagsuntaugliche. Mit den Alltagstauglichen kann man meistens leben, mit den Alltagsuntauglichen macht es im Allgemeinen im Bett mehr Spaß.«
Ich war erschlagen über soviel Abgebrühtheit.
»Du musst das von der lockeren Seite sehen«, sagte Antje.
»Nee, ist klar«, sagte ich schnell. »Ich werde mich bemühen.«
Hör nicht auf sie, schrie Tante Lilli, die am Fußende des Bettes stand und wild mit den Armen fuchtelte. Ich versuchte, sie zu übersehen.
Von dieser Antje konnte ich ja noch eine ganze Menge lernen!
Antje begann nun, ein bisschen über unsere Rolle als Frau in der Gesellschaft rumzuphilosophieren.
»Männer sind doch irgendwie ganz arme Schweine«, sagte sie mitleidig. »Die Rolle, die sie spielen müssen, ist doch im Grunde genau wie bei den Tieren. Dieses ganze Werben um ein Weibchen, der Nestbautrieb, die Nahrungsbeschaffung für die Brut, der ständige Konkurrenzkampf mit den Artgenossen …«
»Genau«, sagte ich begeistert. »Echt stressig ist das!«
»Die Gesellschaft erwartet das alles von einem Mann! Wenn er die Erwartungen nicht erfüllt, ist er ein Softie.«
»Klar«, sagte ich, »Frauen haben es da viel leichter! Ein bisschen nett aussehen, ein bisschen genügsam sein, nicht gleich einen Beruf ausüben wollen, das Männchen umsorgen, damit es mit dem Balzverhalten nicht aufhört …«
»Ein geschicktes Weibchen schafft es mit etwas gutem Willen, das Männchen jahrelang an sich zu binden!«
»Natürlich, spielend! Hauptsache, es passt sich in allem an. Das ist natürlich die Grundvoraussetzung.«
»Aber Verhältnisse dürfen nur Männer haben. Wer was auf sich hält, hat mindestens eins!«, fing Antje wieder an zu stänkern.
»Genau«, hetzte ich aufgeladen, »das ist völlig normal! Bei uns Frauen ist das gleich der große Skandal! Wir haben gefälligst im Nest zu bleiben, unseren Kindern die Schnäbel zu stopfen und unseren Gatten die Socken!«
»Also«, sagte Antje. »Warum amüsierst du dich nicht etwas mehr?«
»Weisiaunich«, sagte ich.
»Aber du findest es edel von dir, deinen Kindsvater nicht zu heiraten! Mensch, du stellst dich ja gesellschaftlich ins Abseits! Pass bloß auf, dass dein Klaus nicht plötzlich eine Andere heiratet, weil er keine Lust zum Balzen mehr hat und weil die Andere besser Socken stopfen kann!«
(Wie recht sie behalten sollte, die Antje, WIE recht! »Wenn so blind dein Auge mir!«)
»Quatsch!«, rief ich entrüstet. »Ich heirate Klaus nicht aus irgendwelchen Vernunftgründen gesellschaftlicher Art!«
»Denk mal an dein Paulchen!«
»Paulchen gehört allein mir!«
»Stell dir mal vor, Klaus heiratet und kriegt das Paulchen zugesprochen. Das Jugendamt legt Wert auf geordnete Verhältnisse.«
»Nimmer wird wie ich so treu ihn ein andrer lieben!« So versprochen und geschworen in einer Hälfte des Bettes in Montcluton, nachts um vier.
Wie anders doch noch alles kommen sollte!
»Mensch, du bringst dich um so viele Annehmlichkeiten! Überleg doch mal! Der Typ ist Arzt! Und hat Manieren! Mit dem kannst du dich überall sehen lassen!«
»Mein Gott, du faselst ja genauso daher wie Tante Lilli! Total ätzend ist das! «
»Deine Tante Lilli hat den Überblick! Was du in unserem Job brauchst, ist Sicherheit! Und nicht noch Stress nebenbei! «
Antje und ich mussten ein paar Mal tief durchatmen. (Es bebet das Gesträu-che …)
»Nee, ist klar«, sagte ich ratlos.
»Na siehst du.« Antje zupfte sich die Diamantengehänge aus den Ohren. »Ich will dich ja nicht beeinflussen, aber denk mal über alles nach! Dein Klaus ist der richtige Mann
Weitere Kostenlose Bücher