Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition)
Also freundlich, aber bestimmt.
»Klaus, wir haben vereinbart, dass wir wegen Paul zusammenwohnen. Gemeinsame Haushaltsführung, nennt man das beim Jugendamt. Unser Paul lebt in sogenannten geordneten Verhältnissen. Das ist alles. Was faselst du da jetzt wieder vom Sinn des Lebens und so! Verdirb uns nicht den Abend!«
Klaus sah sehr betroffen auf sein Glas.
»Und du empfindest nicht mehr für mich?«
»Doch, klar, ich mag dich unheimlich, aber …«
»Aber was? Hab’ ich dich nicht total in Ruhe gelassen? Hast du nicht genug Zeit gehabt, um dich selbst zu verwirklichen? Fühlst du dich immer noch vereinnahmt? Ich tu’ dir doch nichts!«
Mein Schweinehund fletschte die Zähne und knurrte angriffslustig.
»Du meinst, jetzt nach einem halben Jahr Selbstverwirklichung wäre es aber Zeit, mit dem Firlefanz aufzuhören und endlich wie eine vernünftige Hausfrau Hemden zu bügeln? Wie großzügig von dir, dass du mir überhaupt solange Zeit gegeben hast, meinem Furz im Gehirn zu frönen!«
Sehr gereizt und übellaunig zermalmte ich einen Keks mit Kokosglasur.
So hatte er sich das also gedacht! Am trauten Weihnachtsabend einen neuen Antrag in Richtung »Nun-sind-alle-eine-glückliche-Familie« stellen!
Nicht mit mir, mein Lieber, nicht mit mir!!
Ich bin eine unabhängige Frau mit Kind, jawoll!
Meine Liebhaber suche ich mir immer noch selbst aus, klar?! Und so scheinemanzipiert wie Antje Zier bin ich nicht, dass das mal klar ist!
Ich fand, dass der Zeitpunkt sehr geeignet war, Klaus seine Illusionen mit der Brechstange zu zerschmettern. Rau, aber herzlich. Was soll man auch sonst mit so einem langweiligen Heiligabend anfangen, wo noch nicht mal fernsehen gestattet ist und alle Kneipen geschlossen haben!
»Klaus«, begann ich, uns den Abend zu verderben, »du bist mein Kindsvater und mein Zweckwohngemeinschaftspartner. Wir verstehen uns doch großartig oder was!? Mit dir kann ich’s echt aushalten, nee wirklich, ganz ehrlich, du. Aber mehr ist nicht drin, das weißt du doch. Ich bin halt nicht in heißer Lieb’ entbrannt irgendwie …« DAS hätte Antje Zier hören müssen! Der hätten die goldenen Ohrringe gescheppert! Ich war eine Frau mit Zivilcourage!
Ich hatte plötzlich total den lässigen WG-Slang drauf irgendwie, und das musste doch rüberkommen oder so! Der Typ musste doch total schnallen, was da gebacken war oder was! Warum stellte der sich denn so dämlich? Total zu machte der, ja, was kann man denn da noch anstellen, damit der uncoole Macker endlich rafft, dass da horizontalmäßig voll nichts abgeht oder so!
Und nur weil heute Heiligabend oder was ist, kann man auch nicht dauernd drumrumreden und Händchen halten und so tun, als liefe da friede-freude-eierkuchenmäßig was ab, ey.
Genau! sagte mein Schweinehund, der gerade zur Feier des WG-Trips einen selbstgestrickten groben Pullover aus naturbelassenen Schweineborsten anhatte. Sag dem Typen endlich, was Sache ist!
Klaus sann lange über meine so sorgfältig gewählten Worte nach.
»Deine große Liebe bin ich also nicht?!«
»Genau, ey!«, sagte ich total easy. Mein Gott, jetzt hat er’s! »Das isses, Mann. You got it.« Puh, war das heavy!
Und dann, um den Abend restlos zu ruinieren, erzählte ich ihm von Simon.
»Ich hab’ da wen kennengelernt«, begann ich meine Enthüllungen und bemühte mich um Spannungsreichtum.
»Jetzt, auf der Frankreichtournee?«
Ich holte aus zum Elfmeter. »Nö. Ist schon länger her.«
Kind wie gemein!
»Und das sagst du mir erst jetzt?«, fragte Klaus gekränkt.
Da gedachte ich der Worte Frau Schmalz-Stanges, hob genau wie sie die Schultern und sagte: »Tja …«
Ich war mir der Wirkung dieses Wörtchens genau bewusst. Das haut rein. Mehr Gleichgültigkeit und Häme kann man mit drei Buchstaben nicht mehr demonstrieren.
O wie gemein! Was hat er denn Übels getan?
Du verstehst das nicht, Tante Lilli. Frauen von heute müssen sich gegen Softies einfach zur Wehr setzen! Einer, der immer zu lieb ist, ist erstens langweilig, und zweitens reizt er meinen Schweinehund.
»Erzähl mir von diesem Anderen«, sagte Klaus.
»Also er ist ein Künstler«, sagte ich, um schon mal von vornherein klarzustellen, dass Klaus nicht an ihn heranreichen konnte. »Er ist ein phantastischer Sänger und trotzdem sehr intellektuell.«
»Was ja höchst selten zusammentrifft.«
»Ach, hör doch auf, meinen Berufsstand zu verunglimpfen! Du bist eben völlig unmusisch und hast mir auf dem Gebiet der Kunst nichts
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