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Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition)

Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition)

Titel: Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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fragte ich staunend.
    Antje lachte. »Das nennt man in unserer Gesellschaft Ehemann.«
    »Im Allgemeinen ja. Aber im besonderen eben nicht!« Ich starrte an die dunkle Decke des fremden französischen Schlafzimmers und seufzte. »Du hast es gut!«
    »Wieso habe ich es gut? Um was beneidest du mich? Ich singe, du singst, ich habe eine Familie, du hast eine Familie, ich führe ein freies Leben, du führst ein freies Leben … Wo also liegt dein Problem?«
    »Ich bin nicht verheiratet«, sagte ich trübe.
    »Aber dein Klaus will dich doch heiraten! Oder habe ich das falsch verstanden?«
    Ich räumte ein, dass die Sachlage genauso sei.
    »Also, warum HEIRATEST du ihn nicht, diesen Ausbund an Güte und Toleranz, diesen gediegenen Kindsvater?!« Antje setzte sich angriffslustig im Bett auf. Ich stemmte mich gegen die entstandene Kuhle, um nicht doch in die Mitte zu rollen.
    »Ich hab’ mal irgendwo gelesen«, sagte ich, »dass es Menschen gibt, die sich aus Liebe heiraten und nicht aus Versorgungsängsten. Blöd, nicht?«
    »Ja, blöd. Saublöd sogar. Total albern und naiv ist das. Da kannst du lange warten, bis du deine große Liebe findest. Und wenn du sie gefunden hast, ist sie entweder verheiratet oder vierzig Jahre älter oder in einem geistlichen Stande oder sonst was Unpassendes.«
    Wir kicherten begeistert. Ich robbte wieder in meine Betthälfte zurück.
    »Mit anderen Worten, du liebst deinen Rolf auch nicht?«
    »Genau«, sagte Antje und ließ ihre goldene Rolex leise klirrend auf den Nachttisch gleiten. »Ich liebe ihn nicht.«
    »Du hast ihn NICHT aus Liebe geheiratet? Aus Berechnung etwa?«
    »Nenne es Berechnung, ich nenne es Vernunft.«
    »Eine VERNUNFTehe bist du eingegangen?«, fragte ich staunend. Wer kann das heute noch!
    Antje erzählte mir nun ihre Geschichte. Sie jobbte nach dem Abitur ein bisschen in einer ortsansässigen Schraubenfabrik herum, und ausgerechnet der Juniorchef mit Namen Rolf schwängerte sie, bevor sie überhaupt mit dem Dreimonatsjob fertig war. So ein Pech aber auch. Rolf heiratete sie daraufhin auf der Stelle. Klar, als Ehrenmann. Rolf war ein angesehener und gediegener Schraubenfabrikantensohn mit mehr als fünfhundert Angestellten. Da schwängerte man nicht ungestraft neunzehnjährige Dorfmaiden! Er wäre ja ganz übel ins Gerede gekommen in seiner Kleinstadt! Antje wurde also von Beruf Gattin, und das war für sie damals nicht das schlechteste Los. Mit einundzwanzig bekam sie ihr zweites Kind. Dann hatte sie ihre Pflicht getan. Nun war Selbstverwirklichung angesagt, was Rolf ihr ohne weiteres zubilligte. Er war ja gar nicht einer von diesen selbstgerechten Muftis, die ihren Frauen nichts gönnen, so war es ja nicht! Sie hielten aber einen Rat. Daraufhin begann sie in aller Ruhe mit einem Privatstudium in Sachen Jodeldiplom, nach dem Motto, dann habe ich etwas Eigenes.
    »Und wer ist bei den Kindern geblieben?«, fragte ich.
    »Eine Kinderfrau natürlich«, sagte Antje, als wäre es das Einfachste von der Welt.
    »Und … wie ist die so?«, fragte ich, an meinem Daumennagel nagend.
    »Prima«, sagte Antje. »Die macht keinen Ärger.«
    »Erzähl mal«, sagte ich und knabberte am Nagelhäutchen vor Spannung.
    »Also, sie kommt morgens um halb acht, wenn Rolf in die Firma geht. Das ist ganz praktisch, weil ich dann weiterschlafen kann.«
    »Nee, ist klar«, sagte ich.
    »Ja, dann macht sie Frühstück, wäscht und füttert die Kinder, räumt auf, wäscht, bügelt, kauft ein, geht mit den Kindern zum Arzt und so …«
    Ich fraß fast meinen Daumen auf. »Und was machst DU?«, unterbrach ich ihr gelangweiltes Geplauder.
    »Was so anliegt«, sagte Antje. »Meistens schlafe ich aus.«
    »Wie … lange denn?«, fragte ich, vor Spannung zitternd.
    »Och, halb zehn oder zehn Uhr reicht mir meistens«, räumte Antje ein. »Dann frühstücke ich in aller Ruhe, lese Zeitung, mach’ mir die Nägel …«
    Ich biss heimlich in das Kopfkissen, damit sie mein neidisches Zähneknirschen nicht hörte.
    »Um elf fange ich meistens an zu üben«, fuhr Antje ungerührt mit ihrer Litanei fort. »So um eins rum, wenn die Kinder im Bett sind und die Kinderfrau die Bügelwäsche macht, kommt dann mein Begleiter.«
    »Nein!«, entfuhr es mir. »Einen Begleiter hast du auch?«
    »Du etwa nicht?«, fragte Antje erstaunt zurück. »Ich kann meine Sachen nicht alleine lernen, weißt du, da brauche ich einen Korrepetitor. Na ja, der bleibt jedenfalls bis drei, manchmal auch bis vier … Dann trinken wir

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