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Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition)

Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition)

Titel: Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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Sie lachte kindlich begeistert über ihre eigene Formulierungskunst … »Sarich dat getz richtich, Klaus? Ja? Klaus?«
    »Jaja«, sagte Klaus und guckte in die Röhre.
    Ich wollte ein bisschen höflich sein zu Frau Pupke und schmiegte mich anstandshalber ein bisschen an Klaus, auf dass sie gläubte.
    Inzwischen wurde von einer dramatischen Terroraktion berichtet. Klaus starrte auf die Mattscheibe.
    »Frau Doktor«, sagte Frau Pupke und nahm meine Hand. »Wenn Sie nich nett sind zum Klaus, dann kriegen Sie es mit mir zu tun, dat sarich Ihnen! Wiaklich! Woll?! Ich gehör’ ja getz mit zur Familie! Woll!? Woll, Klaus?« Da Klaus nicht reagierte, wiederholte sie noch vier- oder fünf Mal das schöne Wörtchen woll, zuerst mit Fragezeichen, dann mit Ausrufezeichen.
    Ich nickte immer heftiger, aber sie wollte von Klaus eine Reaktion, WOLL!?!!
    »Klaus«, sagte ich und stupste ihn an die Backe, »Frau Pupke hat ›woll‹ gefragt!«
    »Ja, Frau Pupke«, sagte Klaus. »Sie haben recht.«
    »Sarich doch!« freute sich Frau Pupke und griff wieder nach meiner Hand, die ich ihr unauffällig entzogen hatte. »Sarich doch immer!! Schon zu der Irene hab’ ich immer gesagt, woll, Klaus, WAT HAB ICH IMMA GESACHT?!? Klaus?! Woll?! Ich habe immer zu der Irene gesacht, sie soll ein bisschen nett sein zu dem Hea Dokta. Hap ich immer gesagt! Woll, Klaus!! HAP ich das nich gesacht?!«
    »Ja«, sagte Klaus, der inzwischen einen Flugzeugabsturz anschaute, »haben Sie immer gesagt.«
    »Irene, hap ich gesacht, ich sach, Irene, sarich, gucken Se mal, so ein Mann braucht auch ma ein bißken Zäatlichkeit! Happich das nich immer zu der Irene gesagt? Woll?! Happich doch gesagt!! Können Se den Klaus fragen! Fragen Se! Da sitzt er ja! Können Se fragen!! Woll, Klaus!«
    »Ja«, sagte Klaus, ohne den Kopf zu wenden.
    »Und?«, fragte ich, um die verzweifelt um Anerkennung buhlende Frau Pupke nicht so in ihrem Frust braten zu lassen. »War sie denn nicht nett zu ihm?«
    Das war mein Fehler!
    Frau Pupke war absolut begeistert, dass ich Interesse an dem Thema zeigte. Innerhalb der nächsten vier Stunden erzählte sie uns, Klaus und mir, ausführlichst und mit höchst detaillierten Einzelbeispielen, in welchen Fällen und zu welchen Gelegenheiten Irene NICHT nett zu Klaus gewesen war. Ich war beeindruckt, was Klaus mir alles bisher verschwiegen hatte! So viele Unnettigkeiten hatte er mir einfach noch nicht erzählt! Ein echter Gentleman, der Klaus. Aber wie gut, dass wir Frau Pupke hatten. So konnte doch die ganze schmutzige Wäsche der vergangenen Ehe noch einmal gründlich vor unser aller Augen gewaschen werden, und zwar mit Vorwaschgang, Hauptwaschgang, Lenor-Windel-Weich-Waschgang und noch mit einer Extra-Portion Hand-Wasch-Gang der Marke Spei in die Tube.
    Als sie fertig war, waren wir fix und fertig, hatte sie doch ungelogen etwa dreihundertmal »woll« gesagt! Sämtliche Nachrichtenmagazine waren ungesehen an Klaus vorbeigeflimmert. Ich bewunderte Frau Pupke, weil sie doch ein gewisses Durchsetzungsvermögen besaß. MIR war es nämlich noch nicht gelungen, Klaus durch irgendeine Bemerkung von seinem Nachrichtenwahn abzulenken. Damals, als ich beschlossen hatte, mich selbst zu verwirklichen, hatte Klaus gerade eine Sendung über Steuern und Finanzen gesehen. Ich hatte es trotz Türenknallens nicht geschafft, seine Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. Vielleicht sollte ich öfter mal »woll« sagen!
    Simon und ich gingen durch die Hohe Straße. Er schritt mit seinen derben Stiefeln so beherzt durch die Menge, als wäre er bei einem Militärmarsch. Ich hatte Mühe, mit ihm Schritt zu halten. Eigentlich wollte ich ihm heute sagen, dass ich nun für ihn frei war, aber solche Geständnisse rufe ich ungern in überfüllten Einkaufszonen hinter jemandem her.
    Zuerst versuchte ich ihn etwas über seine letzten Wochen ohne mich auszufragen. Auch er hatte ein paar ausgesprochen nette Konzerte gehabt, wie er sagte, und war viel »aushäusig« gewesen. Ich fragte, welche Agentur denn eigentlich für ihn arbeiten würde. Dabei erwog ich heimlich, meine eigene Agentur über den Jordan zu jagen und mich unauffällig an Simon anzuhängen. Wo er doch in jeder Beziehung ein Mann von Welt war.
    Simon war doch immer wieder für Überraschungen gut. Seine Konzerte hatte er nämlich völlig allein organisiert! Auf meine Frage nach dem Veranstalter sagte er fröhlich: »Ich bin mein eigener Veranstalter!«
    Das glaubte ich ihm aufs Wort.
    »Ich bin ganz autark, das

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