Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition)
quatsche mit den übelsten Typen, damit sie dich kennenlernen, und du rennst einfach weg! Ich dachte, du wärst nicht so eine Zimperliese!«, keuchte Simon und fingerte auf seinen Schultern nach dem vom Winde verwehten Schal. »Menschenskind, ich mach’ dich mit der Theresa Horn bekannt, ich krieche diesem Nebelhorn in den Hintern! Von der könntest du Einspringer erben noch und nöcher, die weiß gar nicht wohin vor lauter Angeboten! Wenn du nur ein bisschen Geschick gehabt hättest, dann wäre dein Terminkalender heute Abend voll! Aber nein, du musst türmen wie eine beleidigte Leberwurst.«
Simon fand den Schal nicht, dafür aber sein verrutschtes Halstuch und schneuzte sich damit kräftig die Nase. Ich hielt schützend die Jacke über mein Paulchen, wegen der Tröpfcheninfektion. Wann würde er endlich sagen »Der ist aber ausgesprochen nett!«?
Doch Simon war viel zu beschäftigt mit der Ausarbeitung der dramatischen Szene. Dass er nicht anfing, seinen Monolog zu musikalischen Ergüssen aufzubauschen, ist im Nachhinein sehr verwunderlich.
In dem Moment nahte Klaus. Mit Speer und Schild, dem Feinde fest ins Auge blickend. Frau Pupke kämpfte sich mitsamt Kinderwagen und anderem Gepäck auf der anderen Straßenseite durch die Menge.
Klaus blieb neben mir stehen und sagte zu Simon: »Klett!« Es wäre ein leichtes für Simon gewesen, darauf mit einem hübschen Reim zu antworten, zum Beispiel: »Nett!« Doch Simon war nicht in Form.
Er guckte mich fragend an. »Na und?«, schnaufte er. Nun war es an mir, schöpferisch und mit der berüchtigten weiblichen Intuition zu reagieren. Wie sag ich’s meinem Kindsvater?
»Herr Reich, Herr Klett«, sagte ich in meinem unendlichen Ideenreichtum und zeigte mit der kurzzeitig freien Rechten auf den jeweilig zuständigen Menschen.
Paulchen auf meinem Arm wurde zur süßen Last. Still und aufmerksam lugte er aus seiner Öffnung.
»Gib mir das Paulchen, dann kannst du mit Herrn Reich weiterfeiern«, sagte Klaus und streckte die Hand aus. Pfoten weg! Mein Kind! Pauline ist autark!
»Ich habe den Anderen gesagt, du kämst sofort wieder«, sagte Simon beschwörend. »Die wollen jetzt ganz groß essen gehen, Mensch, das ist die Chance für dich! Der schwule Freund vom Chef ist auch dabei! Und die Horn findet dich nett! Andere Anfänger würden sich die Finger lecken nach so einer Gelegenheit!«
Klaus griff in meine Jackenöffnung. »Du kannst ihn mir ruhig geben, Pauline. Geh mit Herrn Reich! Das ist doch die Chance für dich!«
Simon guckte zum ersten, aber auch zum allerersten Mal auf das kleine Paulchen, das aus meiner Jacke lugte. »Gib ihm schon das Kind und komm mit!«, sagte er. »Ich hab’ mir den Mund fusselig geredet, wie toll du bist!«
Ich stand starr und fassungslos und guckte von einem zum anderen. Das war doch wohl eine besonders missglückte Szene in einem besonders minderwertigen Film! Hallo wach! Der Traum macht keinen Spaß!
Doch das Leben hatte wieder mal einen Spielverderber am Regiepult.
»Also, was ist?!«, sagte Simon ziemlich humorlos.
»Pauline, das ist in Ordnung.« Klaus griff nach Paulchen.
Ganz langsam, im Zeitlupentempo, öffnete ich meine Jacke und hob vorsichtig das Paulchen heraus. Seine Händchen waren warm und weich, als er sich an mir festhielt.
Süßer, lass mich doch los, verdammt! Mama muss jetzt Karriere machen!
Kind, tu’s nicht! Dein Platz ist bei Klaus und bei deinem Sohn!
Gerade als ich losheulen und mich an Klausens Brust schmeißen wollte, hatte uns Frau Pupke erreicht. »Sisste, ich sarret doch, dat war die Pauline! Happich es nich gesacht? Woll? Happich doch schon vor einer halben Stunde gesacht, da drüben steht die Pauline!« Sie zerrte aufgeregt an meinem Arm. »Können Se den Klaus fragen, dat happich gesacht! WOLL!? Ich hap Se gleich erkannt! Wat die Welt abba auch klein is, woll? WOLLNICH??« Jetzt wurde Klaus am Ärmel gezerrt. Hach, dass ihr aber auch wieder keiner Beifall klatschte! »So klein is die Welt, was, sachma Paulchen! Ich sach noch, kuckma, da vorne steht die Mama, abba keiner wolltet mir glauben! Dabei HAPPICH et gleich gesacht! Sachma! So wat! Paulchen!« Wenigstens das Baby sollte ihr Bestätigung vermitteln. »Geehße getz nach’n Papa hin?! Was? Woll?! Sachma! Geehße getz nach’n Papa hin? Sachma! Tante Pupke kommt auch mit!«
Simon wollte weitere Dakapos und Variationen des Pupke-Solos verhindern.
»Also was ist?!« Fordernd sah er mich an.
»Mama muss aabeiten!«, erklärte Frau
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