Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition)
Pupke und nahm Klaus den Paul weg. Sie hatte mal wieder alles in der Hand.
Was machten wir nur ohne Frau Pupke! Richtig orientierungslos und armselig wären wir, dachte ich.
»Ja dann …«, sagte Klaus.
»Also dann!«, sagte Simon.
»Nun denn«, sagte ich.
»Tu schön winke, winke machen«, sagte Frau Pupke.
Das gab mir die Kraft zu gehen.
Ich würde Simon alles erklären. Ein Missverständnis, eine Verwechslung. Mach dir nichts draus.
Ich würde Klaus alles erklären. Die Pupke ist schuld. Einzig und allein die Pupke! Nicht dass du meinst, ich liebe mein Kind nicht! Ich hätte auch schrecklich gern mit dir und Paulchen den weiteren Tag verbracht. Man hätte mal wieder so richtig ausgiebig spazieren gehen können, im Stadtwald und ohne Pappnase.
Simon zog mich weg. Klaus stand neben Frau Pupke, die Paul umklammert hielt. Das Kerlchen sandte mir einen leeren, traurigen Blick nach. Wie unfair von ihm! Wo doch heute ganz klar mein freier Tag war!
»Es war doch ausgesprochen nett soweit! Warum bist du denn plötzlich weggelaufen?«, schimpfte Simon, während wir uns durch die Menschenmassen zurückdrängelten. »Hoffentlich sind die jetzt nicht schon weg! Ich hab’ mich extra für dich eingesetzt!«
Ich schwieg beleidigt, als ich hinter ihm hertrippelte. Sollte Simon überhaupt nicht nachfragen wollen? Wofür mochte er Paulchen und Klaus halten? Und Frau Pupke gar? Es schien ihn jedenfalls nicht im Geringsten zu interessieren.
Ein großer Festwagen hinderte uns am Weitergehen.
»Pass mal auf!«, sagte Simon und würdigte mich endlich wieder eines Blickes. »Die brauchen für die nächste Zauberflöte noch ein paar nette Mädels, die singen können und nicht ganz unförmig sind. Ich kann mich durchaus mal für dich starkmachen, bei passender Gelegenheit. Weil ich dich im Prinzip ausgesprochen gern habe.«
»Danke, Simon!«, hauchte ich. Ich Trampel aber auch. Einfach aus der Reihe zu tanzen, wo er mir den Weg zur Weltkarriere ebnen wollte! »Es tut mir schrecklich leid, ich konnte ja nicht ahnen …«
»Wenn du ein bisschen nachdenken würdest mit deinem hübschen Köpfchen, dann würdest du es aber wohl ahnen!!«, sagte Simon und stupste mich versöhnlich an die Backe. »Und jetzt guck mal ein bisschen freundlicher. Der dicke Wotan fährt sogar voll auf dich ab.«
»Danke, Simon, ich weiß das alles wirklich zu schätzen«, sagte ich und wusste nicht, ob ich lachen, weinen, schreien oder vor einen Festwagen springen sollte. Was Simon weiter sagte, ging in dem Geschrei der Massen unter.
»Da seid ihr ja, wir wollten gerade gehen!«, näselte Theresa mithilfe ihrer stimmbandschonenden Vordersitz-Technik, als wir so dicht vor ihr standen, dass ihre überschminkten Falten wieder sichtbar waren.
»Tut mir leid, ich hatte Bekannte getroffen«, sagte ich und kam mir entsetzlich mies vor. Bekannte! Mein Sohn und mein Kindsvater!
»Können wir jetzt endlich gehen?«, fragte einer der dickbäuchigen, jovialen Selbstdarsteller. »Ich kann gegen diesen Lärm nicht mehr anschreien! Morgen Abend hab’ ich Vorstellung!«
»Nicht nur du, mein Lieber, nicht nur du!«, höhnte Theresa mit gestütztem Obertonklang und schlang sich den Schal um den Hals.
Simon Reich aber folgte ihnen nach und ein anderer Jünger.
Kurz darauf saßen wir bei Salvatore. Die Sänger waren alle hungrig vom vielen Strunzen und waulten gierig die Pizza. Theresa wühlte in einer zähflüssigen Masse aus Nudeln und Sahnesauce. Dabei hatte sie erheblich mit den fadenziehenden Käsemassen zu kämpfen. Irgendwoher müssen die gestützten Töne ja kommen! Weil ich selber kein hohes C von mir zu geben vermag und auch sonst ein kleines, namenloses Mäuschen bin, knabberte ich nur in der mir anerzogenen Bescheidenheit an einem Salatblatt herum. Außerdem suchten die ja Sänger, die noch nicht aus der Form geraten waren. Simon, vollkommen autark, rauchte erst mal eine Pfeife mit Gummibärchengeschmack und ließ sich seine Thermoskanne mit Hühnersuppe auffüllen. Es herrschte gefräßige Stille. Niemand hatte im Moment das Bedürfnis, gut über sich und schlecht über andere zu sprechen, geschweige denn, mir die Rolle der formlosen dritten Dame anzubieten.
Wotan fuhr im Moment auch mehr auf seine Pizza al funghi ab denn auf meine Wenigkeit.
Ich tunkte versonnen ein Blatt in die Marinade.
Nun saß ich hier, mitten unter ihnen, den oft bewunderten und beneideten Stars von der Oper. Sie waren auch alle soweit ganz nett, besonders, wenn sie die
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