Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition)
Hintern.«
»Und du dein Hemd hilfsweise selbst in den Schrank hängen müsstest.« Noch schafften wir es, jedwede Erotik im Keim zu ersticken.
»Und du deine Abendkleider selbst kürzen und das Paulchen selbst auf den Topf setzen und das Vier-Minuten-Ei selbst kochen müsstest«, vervollständigte Klaus die Liste der Schwarzmalerei.
»Kricht man Pickel von«, sagte ich.
Vorübergehend war die Erotik tatsächlich in sich zusammengesunken. Buchstäblich. Trotzdem wusste ich keinen Mann der Welt, der mir vertrauter war.
»Eigentlich bist du ja nur eifersüchtig auf Frau Pupke.«
»Ja, Herr Doktor. Sie können mir Ihre Diagnose in Rechnung stellen.«
»Dabei meint sie es ehrlich nur gut.«
»Das ist das Fatalste daran.«
»Sie ist eben eine einfache, schlichte Frau.«
»Meinst du? Wo sie doch soviel gelesen hat! Und die Kinder vonne Ursella! So was bildet! Sachma!«
»Pauline, jetzt bist du ungerecht.«
»Tschuldigung. Eine meiner weniger nobelpreisverdächtigen Eigenschaften.«
»Wir müssen morgen mal in aller Ruhe darüber reden«, schlug der Herr Doktor vor. »Heute habe ich dazu keine Lust mehr.« Dabei nahmen die Bärentatzen ihre Wanderung wieder auf.
Ich lag da neben Klaus und fühlte mich unendlich geborgen. Plötzlich war mir so klar wie nie zuvor, dass er und kein anderer es war, den ich in zwanzig oder fünfzig Jahren immer noch in meinem Alltag zu Hause wissen wollte.
Kind, PASS auf, rief Tante Lilli, die urplötzlich am Fußende des Bettes aufgetaucht war. Du weißt ja, was jetzt passieren kann!
Au ja, sagte ich automatisch und rappelte mich hastig auf, um in meiner Handtasche zu wühlen. Fast hätte ich sie mit Absicht vergessen, die kleinen Hormon-Liebesperlen.
Ich kramte unwillig nach der weißen Packung, die ich normalerweise immer bei mir trug. Eigentlich sind das ja Hormone, dachte ich, kricht man Pickel von.
»Was machst du da?«, fragte Klaus und streckte die Hand aus. »Komm doch her zu mir!«
»Bleib so, unbedingt!«, rief ich, »ich komme sofort!«
Pflichtschuldigst ging ich ins Badezimmer, um dort nach dem Päckchen zu kramen. Eigentlich wollte ich auch mal testen, wie laszive Langsamkeit lähmen kann.
Das Päckchen war nicht in meinem Necessaire.
Das Päckchen war im Hause Simonis des Aussätzigen!
Ich hatte es dort im Badezimmer liegenlassen. Nicht ganz aus Versehen, wenn ich ehrlich war. Eigentlich aus nackter Berechnung.
Wenn Klaus mich noch lieben würde, dann wollte ich mit ihm eintauchen in das tiefe, trübe Wasser des Vertrauens. Und zwar ohne Schwimmflügel.
Und das hatte mit Simon und Antje und anderen Äußerlichkeiten nicht das Geringste zu tun.
Plötzlich hatte ich keine Lust mehr, Klaus warten zu lassen. Plötzlich hatte ich Lust auf Bärentatze pur.
Ohne weitere Umstands-Verhinderungs-Krämerei kroch ich in die vorgewärmte Lasterhöhle.
Und tat das, was alle mir schon immer vorgeschlagen hatten: Ich kam endlich meinen verdammten Pflichten nach.
Und dachte dabei weder an Tante Lilli noch an Frau Pupke.
Auch nicht an Simon und auch nicht an Antje.
Ich dachte dabei nur an Klaus und mich.
Und ein kleines bisschen an Paulchen.
Und war sehr, sehr glücklich dabei.
Wer kann das heute noch.
München im Frühling! Kinder, nein, wie isses nur schön! Nach einem ausgedehnten Spätstück – Klaus hatte die Kellner nur unter Androhung von Handgreiflichkeiten daran hindern können, das Frühstücksbüfett abzuräumen, weil sie für das Mittagessen eindecken wollten – wanderte ich durch den Englischen Garten, derweil der Herr Doktor wenigstens anstandshalber mal im Kongresssaal vorbeischaute. Schließlich waren wir nicht zum Vergnügen hier! Um dreizehn Uhr sollte ich mich aber bitte wieder zum Essen einfinden, hatte der gemeine bayerische Bergwaul mir noch eingeschärft. Die Herren Kollegen brächten auch ihre Gattinnen mit. Obwohl ich nicht die geringste Lust hatte, meine Breisucht im Plenum zu diskutieren, hatte ich versprochen, pünktlich zu sein. Die eine Stunde wollte ich nutzen, um mir den Frühlingswind und meine Maiglöckchengefühle um die Nase wehen zu lassen.
Tante Lilli, wie fandest du es?
Kind, der Mann ist gediegen. In jeder Lebenslage.
Ich stutzte. Wie meinst ‘n das?
Grund genug, dich nicht auf ihn einzulassen, kläffte mein Schweinehund. Gediegen! Wie spießig! Du bist auf dem besten Wege, eine biedere blöde Bondes-Börgerin zu werden!
Gediegen ist aber wieder in, sagte Tante Lilli altklug. Wahrscheinlich hatte sie gerade eine
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