Frauen al dente. (German Edition)
sich eigentlich so auf?« wunderteHella sich. »Sie wollte ihn doch eh nur für ihre Karriere benutzen. Der Rest kann ihr dann doch egal sein.«
Marlen zuckte bloß mit den Achseln. »Lehr mich einer die Frauen kennen«, seufzte sie übertrieben.
Als wären sie sich Minuten vorher nicht beinahe selbst in die Haare gefahren, nahmen sie die Tragetasche mit Lisa in die Mitte, jede einen Henkel, und folgten ihrer Freundin zum Parkplatz. Der Ausflug war beendet.
Das Wochenende verlief in schönster Harmonie. Marlen konnte sich nicht entsinnen, jemals zuvor so viel frische Luft getankt zu haben wie in diesen zwei Tagen. Alles nur Lisa zuliebe. Denn darin waren sich alle drei Frauen einig: Babys brauchten frische Luft.
Zumal Marlen insgeheim alles daran setzte, Lisa am Montagmorgen in einwandfreiem Zustand bei Rechtsanwalt Bode abzuliefern. Er sollte nicht denken, sie sei technisch nicht in der Lage, ein Baby zu versorgen. Ihr fehlte eben schlicht die Zeit.
»So ein Kind kann das Leben total durcheinanderwirbeln«, stellte sie wohl zum hundertsten Mal fest, als sie sich am Sonntagabend aufseufzend in der Küche niederließ. Sie hatten eigens für Lisa ein kleines Abschiedsfest inszeniert. Mit brennender Kerze auf dem Tisch. Und Überraschungsgeschenken. Barbara schenkte Lisa aus ihren eigenen Beständen einen faustgroßen, grauen Plüschelefanten. Ein wenig verlegen, weil sie ihn bislang vor den anderen geheimgehalten hatte. Denn er paßte so gar nicht zu ihrem Image einer angehenden Karrierefrau.
Marlen dachte praktisch. Sie reinigte ihr provenzalisches Lieblingshalstuch von Lisa Körperausscheidungen, bügelte es sorgfältig und wand zum Schluß noch buntes Geschenkband herum, damit es fröhlicher aussah.
Lisa schien sich über beide Geschenke sehr zu freuen. Jedenfalls krähte sie begeistert, als sie sie mit viel Tamtam überreicht bekam.
»Und du hast kein Geschenk für Lisa?« Marlens auffordernder Unterton war nicht zu überhören. Hella würdigte sie keines Blickes. Statt dessen hatte sie nur Augen für Lisa, als sie nun aus den Tiefen ihrer Hosentasche ein Haarband aus blutrotem Samt hervorzog. Sie nahm Lisas Hand und führte die winzigen Finger über das weiche Material. Sofort schlössen sie sich darum. »Für dich, mein Schatz, dieses Samtband habe ich von meiner Mutter geschenkt bekommen, als ich selbst noch ein Kind war.« Sie hätte noch hinzufügen können, daß es außer einem Foto, auf dem sie gemeinsam zu sehen waren, die einzige Erinnerung an ihre verstorbene Mutter war, die sie behalten hatte.
»Auf dein Wohl, Lisa. Mögest du die besten Pflegeeltern der Welt finden!« Barbara durchbrach die rührselige Stimmung, indem sie ihr frisch gefülltes Rotweinglas zum Trinkspruch hob.
Bei dem Wort ›Pflegeeltern‹ zuckte Marlen innerlich zusammen. Aber vielleicht ließ Bode seinen heeren Worten, von wegen er würde sich um das Kind kümmern, auch Taten folgen. Immerhin machte er einen recht zuverlässigen Eindruck. Sie hob ihr Glas. »Auf das liebste und schönste Baby der Welt. Glaub mir, ich will nur das Beste für dich! Eines Tages wirst du mir vielleicht sogar dankbar sein.«
Doch ihre Worte hinterließen bei ihr einen schalen Nachgeschmack. Auch Hella hob ihr Glas. Ohne weitere Worte. Alles schien gesagt. Sie schluckte schwer an einem dicken Tränenkloß. Verflixte Rührseligkeit, was war los mit ihr. Nahte etwa der Hormonumschwung? Midlife-Krise ließ grüßen.
Kapitel 8
Montagmorgen.
Lisa hatte mit lautem Wohlbehagen ihre Flasche geleert, nun lag sie satt und zufrieden neben Marlen auf dem Kopfkissen. Schläfrig verdrehte sie die Augen, doch als Marlen behutsam die Decke über sie breiten wollte, riß sie sie plötzlich wieder weit auf. Mit ihrem speckigen Babyarm ruderte sie in der Luft herum, bis sie Marlens Ohr zu fassen bekam. Daran hielt sie sich fest, als wollte sie nie wieder loslassen.
»Ich fürchte, festhalten wird dir auch nichts nützen!« flüsterte Marlen. Noch einmal sog sie tief diesen einzigartigen Duft ein, der für Babys so typisch ist. In fünf Minuten würde sie aufstehen, sich anziehen, Lisa fertigmachen und dann – würde sie Lisa zurück zu Rechtsanwalt Bode bringen.
»Du wirst sehen, Lisa, es ist besser so. In meinem Leben ist einfach kein Platz für dich. Ich bin den ganzen Tag in der Redaktion, immer im Streß. Und abends wird es oft spät. Manchmal bis tief in die Nacht hinein. Wer soll dann auf dich aufpassen?«
Lisa brabbelte freundlich vor sich hin, alles
Weitere Kostenlose Bücher