Frauen al dente. (German Edition)
halb zwei noch meinen Beitrag für die nächste Ausgabe schreiben.« Sie war schon halb in ihrem Büro verschwunden, machte jedoch noch einmal kehrt. Mit dem Zeigefinger klopfte sie auf Tanjas Terminkalender. »Ach, übrigens, bevor ich es vergesse, ab zwei erreichst du mich im ›Schiffchen‹. Aber nur im Notfall.«
»Kannst du dir vorher noch die Kindermörderserie reinziehen? Die Weigold möchte sie schon in die nächste Ausgabe mitaufnehmen, und Karin ist sich nicht sicher, ob der Tod des Pflegekindes so hinhaut.«
Marlen atmete einmal tief durch. Sie faßte Tanja scharf ins Auge. »Machst du das extra?«
»Extra, was?« fragte Tanja verblüfft.
In Marlens Kopf überschlugen sich die Gedanken. Babyfotos, Kindsmörder, Lisa. So etwa war die Reihenfolge. Es konnte auch gut umgekehrt sein, doch das vermochte sie beim besten Willen nicht mehr festzustellen.
»In einer halben Stunde bin ich wieder da!« Sie schnappte sich ihre Handtasche und rannte hinaus, die Treppe hinab, an der Pforte vorbei. Aus den Augenwinkeln bemerkte sie, daß Rabuske ihr zuwinkte, doch sie nahm sich nicht die Zeit, zurückzuwinken.
»Taxi!«
Zehn Minuten später hockte Marlen das zweite Mal an diesem Montag vor Rechtsanwalt Bode. Und leistete Buße für vergangene Sünden. Denn er war nicht bereit, ihr Lisa abermals anzuvertrauen, jedenfalls nicht ohne weiteres.
»So geht das nicht, Frau Sommer! Lisa Marlen ist kein Schmuckstück, das Sie nur dann anlegen, wenn es Ihnen gerade paßt. Für ein Kind zu sorgen bedeutet, Verantwortung zu übernehmen, eigene Wünsche zurückzustellen. Sind Sie wirklich dazu bereit?« Ernst blickte er sie über den Rand seiner Brillengläser hinweg an.
Marlen fühlte, wie ihr Selbstbewußtsein unter seinem prüfenden Blick zusammenschrumpfte. War sie bereit, die Verantwortung für ein Kind zu übernehmen? Seit Freitag stellte sie sich keine andere Frage. Und ihr Verstand sagte ihr mit gnadenloser Härte, daß es Wahnsinn war, sich mit einem Kind zu belasten. Doch ihr Bauch sagte ja, und dagegen kam sie nicht an. Weiß der Himmel, welche Konsequenzen dies für sie haben würde.
So gut sie konnte, versuchte sie, das diesem Advokaten zu erklären. Und obwohl sie Zweifel hegte, ob ein seelenloser Paragraphenreiter wie er auch nur annähernd etwas von ihrem Bauch-Geschwafel kapieren konnte, ließ er sich erweichen.
»Sie haben Glück, die Dame vom Jugendamt war noch nicht hier, um Lisa abzuholen. Ich werde ihr die veränderte Situation erklären und alles Nötige regeln. Das Vormundschaftsgericht muß Sie übrigens noch offiziell zum Vormund bestellen. Es darf sich aber über den Wunsch der Mutter nur ausnahmsweise hinwegsetzen. Ich schätze, daß in Ihrem Fall alles in Ordnung geht.«
Marlen war alles recht, wenn sie nur endlich Lisa wieder in den Armen halten konnte. Das Baby hatte den Vormittag über in einem Nebenraum friedlich geschlafen. Es würde nie erfahren, daß sie es zwischenzeitlich der Obhut eines Heimes anvertraut hatte. Oder beinahe jedenfalls.
»Kann ich Lisa jetzt mitnehmen? Oder muß ich noch an Eides statt versichern, daß ich Lisa stets eine gute Mutter sein und immer nach Kräften für sie sorgen werde?« Marlen spürte selbst, daß ihr Ton einen Hauch zu schnippisch klang, doch im Augenblick fehlte ihr die Zeit, um den Anwalt zu umschmeicheln. Zumindest verbal. Das Mittagessen mit Sanders stand an, und wahrscheinlich würde es über ihre weitere berufliche Zukunft entscheiden.
»Erstens sind Sie rein rechtlich nicht die Mutter des Kindes, sondern lediglich sein Vormund. Als solcher tragen Sie zwar die rechtliche Verantwortung für Marlen Lisa und ihr Vermögen, sind aber nicht verpflichtet, das Kind bei sich aufzunehmen oder für seinen Unterhalt zu sorgen«, erläuterte Rechtsanwalt Bode kühl.
»Und wovon soll Lisa leben?« erkundigte Marlen sich verblüfft.
»Neben dem Kindergeld, steht ihr noch eine Versicherungssumme von 100.000 Mark zu. Und wenn dieses Geld zum Lebensunterhalt nicht ausreichen sollte, zahlt das Sozialamt.«
»Die Summe aus der Lebensversicherung geht in ein paar Jahren doch schon für eine vernünftige Ausbildung drauf. Nein, nein, ich sorge selbst für Lisa. Das Geld von der Versicherung muß zinsgünstig für Lisas Zukunft angelegt werden. Können Sie das veranlassen?«
Rechtsanwalt Bode grinste genüßlich. »Nichts lieber als das, zumal es künftig zu meinen vornehmsten Aufgaben zählen wird, Lisas Vermögen zu überwachen. Kontrollinstanz. Getreu nach
Weitere Kostenlose Bücher