Frauen al dente. (German Edition)
ruhig, beweg dich nicht – und fang bloß nicht an zu weinen!« Das ganze mit viel Schmelz in der Stimme und in melodischem Singsang.
Ein neuer Duft kitzelte ihre Nase, den sie an sich selbst vorher noch nie wahrgenommen hatte. Es roch nicht nach Poison, auch nicht nach Lavendel, sie stank schlicht nach Babypipi. Ein Königreich für eine Dusche. Doch Lisa Marlen allein und dazu noch feucht bis zu den Ohren in ihrem Bett zurücklassen? Unmöglich. Verzicht war angesagt.
»Babys first«, murmelte sie, während sie mit spitzen Fingern die feucht-klebrig-glibberige Windel öffnete. Der durchtränkte Zellstoff schien nur noch an den Klebestreifen zusammenzuhalten. Angewidert ließ sie sie zu Boden fallen.
Quatsch!
machte es. Marlen streifte dem Baby das Hemdchen ab, tupfte es vorsichtig mit dem Zipfel ihrer Bettdecke trocken und wickelte es anschließend hinein. Verflixt, sie hatte vergessen, frische Wäsche zum Wickeln bereitzulegen.
»Bleib schön liegen, nicht wegrollen«, befahl sie mit mahnend erhobenem Zeigefinger. Unter Lisa Marlens aufmerksamen Blicken suchte sie trockene Kleidung und eine frische Windel zusammen. »Hast ja recht, dies hätte ich auch schon vorher machen können. Aber daran merkst du eben, daß ich kein geborenes Muttertier bin. Du wärst wirklich schlecht beraten, wenn du bei mir bleiben würdest.« Marlen plauderte unverdrossen, während sie mit dem praktischen Teil der Übung kämpfte. Oberstes Ziel: Lisa Marlen bei Laune halten.
»Weißt du was, ich nenne dich einfach nur Lisa. Das Marlen schlabbern wir. So ein Doppelname ist doch ziemlich umständlich. Deine Pflegeeltern können dich dann ja wieder bei deinem vollen Namen anreden. Oder Bode, für den Fall, daß er dich aufnimmt. Aber darauf solltest du lieber nicht spekulieren. Der hat das bestimmt nur gesagt, um mich weichzukochen. Nach dem Motto: Wenn er als Mann bereit ist, dich bei sich aufzunehmen, dann müßte ich als Frau das erst recht tun. Aber so einfach laufen die Dinge heutzutage eben nicht mehr. Oder was meinst du?«
Lisa meinte: »Mmh brrrh!«
Marlen lachte leise: »Wirklich interessant, von dieser Seite habe ich das Problem noch gar nicht betrachtet.«
Es klopfte leise an die Tür. Barbara steckte den Kopf herein. »Seid ihr schon wach? Es ist erst sechs Uhr. Morgens.« Sie reckte sich gähnend. Ihr ohnehin kurzes Nachthemd rutschte dabei in extreme Höhen. »Wie geht's unserem Schätzchen heute?«
»Bestens. Sie hat mich mitten in der Nacht geweckt und heute Morgen bereits das Bett unter Wasser gesetzt. Hier, halt sie mal!« Marlen drückte ihr die frisch trockengelegte Lisa in die Arme und konnte nun endlich das Laken abziehen und die Matratze aus dem Bett wuchten.
»Hast du sie zwischendurch denn nicht gewickelt?« Klar, daß diese Frage kommen mußte.
Barbara kitzelte Lisa am Kinn, so daß sie vor Freude laut aufgluckste.
»Dreimal darfst du raten!!« Verärgert zerrte Marlen die Matratze ein wenig heftiger in Richtung Balkon. Dabei stieß sie ein halbgefülltes Glas mit Wasser von seinem Platz auf dem Couchtisch. Klirrend zerschellte es auf dem Boden.
»Vorsicht, tritt nicht rein!«
Welch weiser Ratschlag! Der teure Teppich war nun also auch hin! Marlen preßte die Lippen zusammen. Am liebsten hätte sie Baby Baby sein gelassen und sich irgendwo in der Wohnung ein stilles, ruhiges Plätzchen gesucht. Immerhin war sie auch schon über dreißig, sie brauchte ihren Schönheitsschlaf. Was um alles in der Welt hatte sie verbrochen, daß das Schicksal ausgerechnet ihr ein Wochenendbaby bescherte? Statistisch gesehen mühten Millionen von Frauen sich ab, um endlich zu einem Baby zu gelangen. Und ihr fiel das Baby sprichwörtlich in den Schoß, auf den Schoß. Ach, verflixt! Aber ob sie wollte oder nicht – sie mußte jetzt da durch.
»Guten Morgen, ihr drei! Habt ihr mal nach draußen geschaut? Heut wird's bestimmt ein Supertag. Die Sonne brennt jetzt schon am Himmel!« Fix und fertig angezogen und gewaschen und nicht im geringsten morgenmuffelig lehnte Hella wie der junge Morgen selbst im Türrahmen. »Dudidudidudidu, wie geht's denn unserem kleinen Liebling heute?« Willig wechselte Lisa auf den Arm von Hella. Sie war ein richtiger Wonneproppen.
Marlen beobachtete die Szene voller Mißtrauen. Unglaublich, daß Hella, diese knallharte Bankerin, bei dem Anblick eines Babys in kindliches Gebrabbel verfiel. Dudidudidudidu! Was für ein Quatsch!
»Was haltet ihr davon, wenn ich uns heute frische Croissants zum
Weitere Kostenlose Bücher