Frauen al dente. (German Edition)
machen und sich frühestens morgen wieder blicken lassen. Und Martin hatte das Frankfurter Nachtleben verschluckt.
Hella zog sich bis auf den Slip aus und schlüpfte in den Pyjama. Der Knoten in ihrer Brust war immer noch da. Sobald Hella an ihn dachte, beschlich sie Panik. Sie mußte ihre gesamte Willenskraft aufbieten, um sie zurückzudrängen. Wer in Panik geriet, war verloren. Panik bewirkte Kopflosigkeit. Hella haßte emotionsgesteuerte Menschen. Sie waren imstande, lang abgesprochene Vereinbarungen von einer Minute auf die andere umzuwerfen. Einfach so aus dem Bauch heraus. Doch nur rational getroffene Entscheidungen führten mit Sicherheit ans Ziel.
Lisa zuliebe durfte sie den Termin bei der Radiologin nicht länger hinausschieben. Die Mammografie würde Klarheit bringen. Sie mußte sein. Auch wenn ihr Herz sich allein bei dem Gedanken daran vor Furcht zusammenzog.
Vielleicht fehlte ihrem Körper auch nur ein wenig Aufmerksamkeit. Nicht, daß der Knoten davon verschwinden würde. Doch es würde ihrem Wohlgefühl bestimmt nicht schaden, etwas für die eigene Schönheit zu tun. Die Anti-Stress-Gurken-Masken-Probe versprach, selbst tiefste Fältchen zu lindern. Nun, Sorgenfältchen hatte sie neuerdings genug zu bieten. Die Maske war also einen Versuch wert.
Die sämige Paste schillerte in sattem Grün auf ihrer Haut. Hella streckte sich auf dem Bett aus und schloß die Augen. Welch' Luxus, ungestört den eigenen Gedanken nachhängen zu dürfen. Erholung pur.
Es klopfte.
Ausgerechnet jetzt? Im Pyjama und mit Maske im Gesicht die Tür öffnen? Unmöglich. Hella beschloß, einfach nicht zu reagieren. Dann würde ihr Besucher von ganz allein wieder verschwinden.
Es klopfte ein zweites Mal. »Hella, ich bin's. Machen Sie auf, bevor mir die Hände abfallen.«
Martin Bode.
Ihn
konnte sie auf gar keinen Fall vor der Tür stehen lassen. Aber sie konnte ihn vertrösten und ihn bitten, ein anderes Mal wiederzukommen.
»Martin, ich bin bereits im Schlafanzug. Wenn Sie in ein paar Minuten wiederkommen, habe ich mich umgezogen.«
»Ausgeschlossen. Ich halte zwei phantastische Eisbecher in der Hand. Wenn ich warte, frieren mir die Hände ab. Und das Eis schmilzt. Sie müssen mir einfach öffnen, jetzt und auf der Stelle«, rief er fröhlich.
O nein!
Mangels Bademantel schlüpfte sie in ihre Windjacke. Mit einer herumliegenden Mullwindel, die Lisa als Schmier- und Spucktuch benutzte, fuhr sie sich quer übers Gesicht, um die Maske wenigstens notdürftig abzuwischen.
»Ich habe sie gewarnt!«
»Meine Hände!!« mahnte er.
Sie holte tief Luft. Dann drehte sie den Schlüssel herum und machte die Tür gerade so weit auf, daß er hindurchschlüpfen konnte. Mit Blicken vergewisserte sie sich, daß niemand ihm folgte. Sein nächtlicher Besuch bei ihr ging schließlich niemanden etwas an.
Er zwängte sich an ihr vorbei ins Zimmer. Auf den Händen balancierte er zwei Becher mit Eis. Eins mit Früchten, das andere Vanille und Schokolade, verziert mit knusprigem Krokant. Mangels anderer Abstellmöglichkeiten setzte er beide Becher auf dem Nachtschrank neben Hellas Bett ab. Er selbst nahm auf der Bettkante Platz.
»Fühlen Sie mal, wie kalt sie sind«, klagte er. Er streckte ihr die Hände entgegen, als erwarte er etwas von ihr. Doch was? Sollte sie ihn etwa wärmen? Ihre Hände in seine legen? Sie sanft drücken und dann zärtlich reiben, bis sie wieder warm und gut durchblutet waren? Oder sie mit ihrem heißen Atem anhauchen?
Irritiert entschloß Hella sich, nichts dergleichen zu tun. Sicherheitshalber überhörte sie seine Bemerkung und zog statt dessen den Reißverschluß ihrer Jacke ein bißchen höher hinauf.
»Ich wußte nicht, welche Eissorte sie bevorzugen. Frucht oder Milcheis? Vorsichtshalber habe ich von jedem etwas mitgebracht. Sie haben die Wahl«, sagte er.
»Dann nehme ich Vanille-Schokolade.«
»Schwarz und weiß. Das paßt zu Ihnen«, sagte er lächelnd, während er ihr den Becher reichte.
»Wie meinen Sie das?« fragte sie ihn mißtrauisch.
»Freundschaftlich und ehrlich. Ich habe den Eindruck, daß Sie zwischen zwei Welten pendeln. Auf der einen Seite die toughe Geschäftsfrau, auf der anderen das Seelchen, das seine Tränen unter einen dicken Schicht Reserviertheit versteckt.«
Hella warf den Kopf in den Nacken und brach in schallendes Gelächter aus. »Sieh da, der coole Anwalt offenbart sich als Menschenkenner und Poet. Wer pendelt hier nun zwischen zwei Welten?«
Martin stimmte in ihr Lachen
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