Frauen al dente. (German Edition)
beiseite.
»Verrat mir bloß keine Geheimnisse«, zischte sie. »Ich würde nicht eine Sekunde zögern, sie gegen dich zu verwenden.«
»Aber das weiß ich doch, meine Liebe«, flötete die Kranach. »Deshalb möchte ich ja auch, daß du die erste bist, die es erfährt. Hier in dieser Mappe halte ich das komplette Umstrukturierungspaket für
pleasure.
Von mir in allen Einzelheiten ausgearbeitet. Dir ist doch hoffentlich klar, daß das Rennen um die Stellvertretung damit gelaufen ist? Eigentlich könntest du sogar sofort aufgeben. Für dich kann ein Vergleich mit mir und meinen Leistungen doch nur peinlich werden.«
Seite an Seite liefen sie die schmalen Korridore bis zu ihren Büros, die zum Glück an entgegengesetzten Enden lagen. Marlen kochte vor Wut. Sie stand kurz vor der Explosion. Rabuskes Botenwagen, der ohne seinen Besitzer vor einem der Büros wartete, kam ihr da gerade recht. Normalerweise herrschte um diese Zeit eifriges Kommen und Gehen, doch ausnahmsweise an diesem verflixten Vormittag war Marlen das Schicksal günstig gesonnen. Niemand weit und breit. Mit elegantem Body-Check rempelte sie gegen das leichtgängige Gefährt, das sich brav quer stellte. Ein kindischer Versuch, die Kranach abzuhängen. Aber ein wirksamer. Laut zeternd rieb sie sich das Schienbein.
»Das hast du extra gemacht!« rief sie. Hinter ihr steckten neugierige Kollegen die Köpfe aus den Büros. Und zogen sie sofort wieder zurück. Weh dem, der der Kranach in einem solchen Moment in die Fänge geriet.
»Sie wird dich wegen versuchten Totschlags anzeigen!« folgerte Tanja, die natürlich wie immer alles mitbekommen hatte.
»Als ob es darauf noch ankommt«, orakelte Marlen. Resigniert setzte sie die Sonnenbrille ab. Echt deprimierend. Heute morgen, nach schlafloser Nacht, mit verklebten Augen auf dem Klo, hatte sie sich dazu durchgerungen, bei
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zu kündigen. Um künftig als freie Journalistin mit freier Zeiteinteilung arbeiten zu können. Toll hätte sie dagestanden, wenn sie der Weigold mit großmütiger Geste die Stellvertretung quasi vor die Füße geworfen hätte. Ich bin zwar die Beste für Euch, aber leider könnt ihr mich nicht haben.
Und nun? Nun würde es aussehen, als hätte sie es nicht gebracht. Als hätte sie angesichts der alles überstrahlenden Leistung der Kranach nicht nur die weiße Fahne gehißt, sondern – schlimmer noch – als hätte sie kapituliert und die Flucht angetreten.
Mit diesem Makel würde sie von nun an leben müssen. Denn ihre Beteuerungen, sie wolle nur Lisa zuliebe bei
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aufhören, würden im Unglauben der anderen verhallen.
»Ach du liebe Güte, wer hat dich denn zusammengeschlagen?«
Tanjas entsetzter Ausruf rief sie in die Gegenwart zurück. Auf Marlens verquollene Augen war Tanja nicht gefaßt gewesen.
»Das Schicksal!« stöhnte Marlen.
Worauf Tanja sich jede Erwiderung ersparte und ihr stillschweigend und ungewöhnlich fürsorglich eine Tasse heißer Tüten-Schokolade und selbstgebackene Vanilleplätzchen servierte. In Krisenzeiten erwies sie sich als treue Weggefährtin.
»Noch fünf Minuten bis zur Redaktionssitzung. Versuch pünktlich zu sein. Die Weigold persönlich leitet sie«, mahnte sie.
Ja, ja.
»… dpa hat das Foto heute verbreitet. Morgen werden die Zeitungen voll mit der Geschichte sein. Die Frage ist nun, inwieweit wir uns mit
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anhängen. Mich interessiert Ihre Meinung dazu. Margarete?«
Natürlich. Margarete Kranach preschte wie immer voran. Ausgiebig studierte sie das Bild im DIN-A-5-Format, das die Weigold ihr gereicht hatte. Dann gab sie es weiter.
»Staatssekretär Maiersdorf mit offener Hose. Wer hätte das geahnt. Ich meine, daß er da unten überhaupt etwas hat…« Beifällig-hämisches Gelächter der Kollegen und betont unschuldige Miene der Kranach.
Widerlich, wie sie ihren Auftritt genießt, stellte Marlen grimmig fest.
»Natürlich ist das Foto allein bereits ein Skandal. So wie er die Frau im Klammergriff hält, wird er sich nicht damit herausreden können, daß er nur mal kurz für kleine Jungs mußte. Aber als wirklich skandalös empfinde ich sein Doppelleben. In der Öffentlichkeit kokettiert er mit seinem glücklichen Familienleben, und im Dienst betrügt er seine Frau. Zumindest wird er es vorgehabt haben. Ich habe allerdings meine Zweifel, ob es nach dem Foto noch dazu gekommen ist.« Schadenfrohes Gekicher.
»Wo hat der Fotograf ihn denn aufgespürt? Hier, irgendwo in Düsseldorf?«
Angelika Weigold warf einen
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