Frauen al dente. (German Edition)
Aha, daher wehte der Wind. Lebenskrise total.
»Was macht dein Staatssekretär?« wagte Marlen den Stich ins Wespennest.
Barbara bedankte sich für das richtige Stichwort mit einer ausführlichen Schilderung der Erlebnisse des gestrigen Tages.
»Ich habe die Nase voll«, schloß sie. »Definitiv und endgültig! Von Maiersdorf und von dem verdammten Job. Ich fühle mich wie ein Hamster im Rad. Frau Koch, ich brauch' die Vorlage. Frau Koch, ich brauch' die Rede. Am liebsten bis vorgestern. Bitte sehr, bitte gleich. Von wegen lauer Ministeriumsjob, den ganzenTag die Füße auf dem Tisch. Ich fühle mich total ausgelutscht. Dazu arbeite ich noch für 'nen Appel und 'n Ei. Und wenn Maiersdorf sich nicht einmal mit offener Hose dazu durchringen kann, mir die Festanstellung zu versprechen, kann ich es vergessen. Man kann mir ja so ziemlich alles nachsagen, aber naiv bin ich nicht.« Barbara unterbrach ihren Redefluß für eine kurze Schweigeminute. Seit gestern Nacht zermarterte sie sich das Hirn, wie es weitergehen sollte. Sie hatte ihre Gedanken hin und her, in alle nur möglichen Denkrichtungen gewälzt, als gelte es, hierfür den Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde zu erringen. Jetzt wußte sie hundertprozentig genau, was sie nicht mehr wollte.
Nämlich auf gar keinen Fall zurück an ihren Schreibtisch im Ministerium. Doch was wollte sie dann? Wovon sollte sie leben?
»Ich brauche einen neuen Job«, murmelte sie wohl zum hundertsten Mal an diesem Tag.
»Soll ich mich mal umhören?« boten Marlen und Hella wie aus einem Munde an.
Doch Barbara schüttelte den Kopf. »Nein danke. Ich bin schon viel zu lange in eurem Fahrwasser geschwommen. Ich habe manchmal das Gefühl, ich bin gar nicht ich…«
»Im Augenblick siehst du wirklich ziemlich schrecklich aus«, bestätigte Hella.
Barbara kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen, um sie dann sofort wieder aufzureißen. »Vergiß zur Abwechslung mal die Äußerlichkeiten«, reagierte sie scharf. »Ich seh' in den Spiegel und habe das Gefühl, eine billige und dazu noch reichlich übertriebene Kopie von euch zu sein …«
»Von uns …?« echoten die beiden Originale.
Barbara betrachtete sie finster. »Ihr glaubt, ich spinne. Habe ich recht?«
Marlen betrachtete ihre Fingernägel und entdeckte, daß der Lack am linken Daumen abgesplittert war. Sie würde ihn erneuern müssen. Auf der Suche nach Nagellackentferner wanderten ihre Blicke über die Regale der Küche. Was natürlich Blödsinn war, denn der Entferner stand mit Sicherheit auf seinem Platz im Badezimmer. Wo er hingehörte.
»Hast du das Gefühl, hier nicht herzugehören?« fragte sie.
»Irgendwie ja und irgendwie nein. Ihr beide seid mir wichtig, ganz klar. Ich mag euch sogar sehr. Aber irgendwie bin ich in unserer Wohngemeinschaft auf der Strecke geblieben…«
»Jetzt mach aber mal 'nen Punkt. Wenn hier jemand auf der Strecke geblieben ist, dann bin ich das. Während ihr mir einen Mann nach dem anderen präsentiert habt, spiele ich das Gänseblümchen vom Dienst«, protestierte Hella.
»Dafür bist du jetzt dabei, kräftig aufzuholen!« Marlen schaffte es einfach nicht, sich diese Bemerkung zu verkneifen. »Was soll das werden? Eine Generalabrechnung mit unserer Freundschaft?« Auch die Frage klang schärfer als beabsichtigt. Doch wenn ihr Gefühl sie nicht trog, wackelte das scheinbar so sichere Fundament ihrer Wohngemeinschaft ganz erheblich.
»Quatsch!« wehrte Barbara sich halbherzig. Und um das Thema zu wechseln, fügte sie an: »Ich glaube, ich bin schwanger!«
In der nachfolgenden Stille hätte man gut und gerne die berühmte Stecknadel auf den Boden fallen hören können. Marlen traute sich kaum zu schlucken.
»Zumindest ist meine Periode seit gestern überfällig«, schränkte Barbara kläglich ein.
»Soviel zum Thema Baby.« Hella warf Barbara einen ärgerlichen Blick zu, Marke Tu-Dich-bloß-nicht-wichtig. Was war eine um nur einen einzigen Tag verzögerte Periode gegen den Knoten in ihrer Brust? Und außerdem – konnte Barbara etwas Schöneres passieren, als ein Kind zu bekommen? Sie jedenfalls freute sich wahnsinnig auf das Leben mit Lisa. Auf die täglichen Spaziergänge, auf das gemeinsame Spielen. Auf Lisas erste Worte. Ein Jahr London oder New York wäre nicht schlecht. Dann könnte Lisa direkt ihre erste Fremdsprache lernen.
»Wann findet dein Gespräch mit der Dame vom Jugendamt statt?« erkundigte sie sich bei Marlen, die prompt zusammenzuckte. Sie wollte weder Hella
Weitere Kostenlose Bücher