Frauen al dente. (German Edition)
noch Barbara dabei haben.
»Dienstagnachmittag«, gab sie daher nur vage an. Marlen entschloß sich zu ein paar ernsten Worten: »Jetzt hört mal gut zu, ihr beiden. Es ist absolut wichtig, daß ich auf die Frau einen guten Eindruck mache, sonst kann ich die Vormundschaft für Lisa vergessen. Also haltet euch bedeckt. Am besten wär's, ihr laßt euch gar nicht erst blicken.«
»Erteilst du uns etwa Hausverbot?« Barbara mokierte sich.
»Aber vielleicht ist es wichtig, daß sie auch mich kennenlernt.« Damit sie sich selbst davon überzeugen kann, daß Lisa bei mir in guten Händen ist, beabsichtigte Hella zu sagen. Doch ein Blick in Marlens Augen genügte, um sie zum Schweigen zu bringen. Okay, okay, sie würde Barbara nicht verraten, daß Marlen ihr die Sorge für Lisa übertragen würde. Dazu blieb immer noch Zeit genug.
Marlen atmete insgeheim erleichtert auf. Es war aber auch zu schrecklich. Hella setzte mit größter Selbstverständlichkeit voraus, daß sie Lisa loswerden wollte. Sie schien sie für eine Frau ohne Herz zu halten. Marlen schmunzelte bei dem Gedanken. Frau ohne Herz – ein wunderschöner Titel für einen handfesten Schmachtroman. Wenn alle Stricke rissen, würde sie Liebesromane in ihren Computer hämmern. Auch eine Möglichkeit, den Lebensunterhalt zu sichern. Warum mußte es immer die Spitzenstellung bei einer Zeitschrift sein? Albernes Elitedenken. Im Leben zählten ganz andere Werte. Welche?
Ääh!
Freundschaft, zum Beispiel. Und – Liebe! Natürlich. Sofern sie frau vergönnt war.
Hella gähnte diskret. Das Wochenende in Frankfurt zeigte seine Wirkung. Ein heißes Bad und dann ins Bett waren nun genau das Richtige. Doch Barbaras Anblick rührte sie. Wie ein Häuflein Elend hockte sie auf ihrem Stuhl. Hella packte das Mitleid. »Soll ich uns was vom Italiener holen? Mit viel Knofel und Rotwein, um den Weltschmerz zu vertreiben?« bot sie an.
Barbara winkte bloß müde ab. »Danke für die gute Absicht. Aber ich habe keinen Hunger. Ich werde einfach wieder ins Bett steigen und mir die Decke über den Kopf ziehen.« Sprach's und schlurfte, vom Leben gebeugt und gebeutelt, von dannen.
»Schwerer Fall von Lebensvergiftung!« diagnostizierte Marlen mit Kennermiene.
»Aber…«, sagte Hella.
»… wir haben sie gewarnt«, fiel Marlen ein.
Nichtsahnend, daß Barbaras Weltschmerz die Grenzen einer enttäuschenden Mann-Frau-Episode bei weitem überschritten hatte.
Kapitel 18
»Na? Hast du zuviel gefeiert, oder hat dich dein kleiner Liebling aus dem Bett geschmissen? Verdammt hart, so ein Leben als berufstätige Mutter. Was glaubst du, wie lange du es noch durchhältst?«
Die Kranach, das alte Ätzweib. Ausgerechnet. Als ob an diesem Morgen nicht bereits genug schief gelaufen war. Wenn ein Montag überhaupt blau sein konnte, dann war dieser sturzbesoffen. Eine Sekunde zu spät verschanzte Marlen sich hinter den dunklen Gläsern der Ray-Ban-Brille, dem besten Stück aus ihrer Sonnenbrillenkollektion. Mochte die Kranach über Marlens Lebenswandel spekulieren, soviel sie wollte. Sie würde ihr nicht auf die Nase binden, daß eine simple Nektarinenallergie schuld an ihren geschwollenen Lidern war. Ein Betthupferl mit Folgen. Ein sündiges Stück Schokolade wäre ihr besser bekommen. Womit wieder einmal bewiesen war, daß auch Vernunft sich nicht immer auszahlte.
Zu allem Überfluß zahnte Lisa und litt lautstark. Barbara rutschte auf Knien durch die Wohnung, um eine mitfühlende Seele zu finden, die sie im Ministerium krank meldete. Nicht einmal telefonisch wollte sie mehr mit diesem ›Haufen‹ zu tun haben. Und Babysitterin Karin traf eine satte halbe Stunde zu spät ein. Was unter anderen Umständen nicht tragisch gewesen wäre, da Barbara sich ihrem Dienstherrn ja verweigert hatte und zu Hause blieb. Doch im Augenblick erweckte sie nicht den zuverlässigsten Eindruck. Sie wirkte irgendwie – entgeistigt. Was Marlen bewog, in vollem Redaktionsoutfit doch lieber auf Karin zu warten, die sich nicht einmal die Mühe gab, ihre Verspätung zu begründen.
Die Kranach gönnte ihr keine Verschnaufpause. Ihre nattergrünen Augen glänzten triumphierend. »Rate mal, was ich hier in der Hand halte?« lockte sie.
Marlen interessierte es so wenig wie die Ziehung der Lottozahlen. Sie spielte grundsätzlich nicht. Achselzuckend wollte sie sich an der Kranach vorbeizwängen. Doch sie wedelte ihr jetzt mit einem akkurat gehefteten Stapel Papier direkt vor der Nase herum. Unwillig schob Marlen sie
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