Frauen al dente. (German Edition)
sie lieber selber für Lisa sorgen möchte? Das kannst du ihr doch nicht verübeln«, sagte er.
Hella verzog gequält das Gesicht. »Ich möchte nicht darüber reden.« Sie setzte den Becher an und nahm einen kräftigen Schluck.
Martin stellte, ohne zu trinken, seinen Becher auf den Tisch zurück. Er griff nach ihrer Hand. »Erinnerst du dich noch an unser Gespräch in Frankfurt? Als Anwalt wird man zwangsläufig zum Menschenkenner. Irgend etwas bedrückt dich. Spuck es aus. Ich steh' dir zur Verfügung.«
Gerührt streichelte sie ihm über die Hand. »Du bist ein prima Kerl, Martin. Doch ich kann mit meinen Problemen gut allein fertig werden. Das habe ich schon als Kind gelernt. Meine Mutter war eh nie da, wenn ich sie brauchte. Trotzdem – danke.«
»Laßt euch nicht stören. Ich muß nur aufs Klo!« Barbara flatterte an ihnen vorbei. Verschwörerisch blinzelte sie Hella zu. Stille Wasser waren tief – Hella war der lebende Beweis dafür. Nun angelte sie sich nach Jens Ebert auch noch Martin Bode. Einen fürs Bett, den anderen fürs Herz?
Es klingelte. Wohl zum hundertsten Mal an diesem Tag. Hella warf einen Blick auf die Uhr. Kurz nach acht. Vermutlich wartete unten Jens Ebert auf sie. Mit anderthalb Stunden Verspätung, doch mit dem strahlenden Zahnpasta-Lächeln auf den Lippen, das für ihn so typisch war. Sie mußte ihn heraufbitten. Unbedingt. Es gab einiges zu klären. Denn die Situation hatte sich verändert.
Seine Schritte hallten im Treppenhaus, als er mit großen Sätzen, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinaufgelaufen kam. »Sorry für die Verspätung! Erst saß ich in so einem verdammten Meeting fest, dann sprang mein Wagen nicht an. Doch ich habe ein Taxi genommen – und hier bin ich.« Er schloß sie in die Arme und küßte sie auf den Mund. Er duftete unwiderstehlich nach Sandelholz. An jedem anderen Abend hätte Hella sich in diesen Duft hineinfallen lassen, doch jetzt schob sie ihn sanft von sich.
Er war der bestaussehendste Mann, der je auf ihrer Bettkante gesessen hatte. Und von seinen sexuellen Fähigkeiten konnte jede Frau nur träumen. Für einen leidenschaftlichen One-Night-Stand war er die männliche Idealbesetzung. Doch für mehr mangelte es ihm an Substanz. An seelischer, an geistiger – wie immer frau es nennen wollte. Sie wußte es nicht erst seit heute, doch plötzlich verspürte sie das Gefühl, daß sie keine Minute länger mit ihm vertrödeln durfte. Selbst die Abschiedsnacht, die sie sich eigentlich gönnen wollte, wäre zuviel.
»Hella, es ist mir schrecklich peinlich, aber unten wartet noch das Taxi. Mir fehlte ein glatter Zwanziger zum Bezahlen. Kannst du ihn mir vorstrecken? Du bekommst ihn bei nächster Gelegenheit wieder zurück.«
Hella hatte sich nie der Illusion hingegeben, daß Jens tatsächlich in sie verliebt sein könnte. Dafür ließ er sie bei ihren Treffen auffällig häufig bezahlen. Fast immer. Vielleicht lebte er sogar davon, sich einsamen Karriere-Singles als Lover anzubieten. Bestimmt kein schlechter Job. Unter ökonomischen Gesichtspunkten sogar ein Markt mit Expansionsmöglichkeiten.
Doch es wurde Zeit, Bilanz zu ziehen. Auf der Habenseite verbuchte Hella wundervoll ekstatische Stunden und so viele Orgasmen, wie sie sie in den Jahren zuvor zusammengenommen nicht erlebt hatte. Ebenfalls im Plus verbuchte sie seinen jungen, knackigen Männerkörper, den er ihr großzügig zur Verfügung gestellt hatte.
Auf der Sollseite standen jedoch sämtliche Restaurant- und Hotelzimmerrechnungen, die allein aus ihrem Portemonnaie bestritten worden waren, seine fehlende Zuverlässigkeit – und sie liebte ihn nicht.
Noch war die Bilanz ziemlich ausgeglichen, doch sie drohte ins Minus umzuschlagen. Es wurde Zeit, ihn abzustoßen, um es bilanztechnisch auszudrücken. Aber mit Stil.
Hella zog das Scheckbuch aus ihrer Handtasche. Mit geübter Hand setzte sie einen Betrag ein.
»Bitte!« sagte sie, als sie ihn Jens reichte.
Ihre Großzügigkeit überraschte selbst ihn. »1000 Mark. Ist das nicht ein wenig viel fürs Taxi?«
»Es ist mein Abschiedsgeschenk an dich. Oder deine Abfindung. Nenn es, wie du willst. Ich wünsche dir alles Gute, Jens.« Hella weidete sich an seiner überraschten Miene. Er schien es nicht gewohnt zu sein, auf diese Weise für seine Dienste ausgezahlt zu werden. Oder war er etwa enttäuscht, daß aus ihr nicht mehr herauszuholen war? Immerhin hatte er zu Beginn ihrer Affäre unzählige Rosen in sie investiert.
Er
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