Frauen al dente. (German Edition)
zögerte noch. Dann endlich besann er sich. Er verbeugte sich mit großer Geste vor ihr und führte ihre Hand an die Lippen. Auf diese Weise hatte er sie umworben, und so verabschiedete er sich auch von ihr.
»Du hast wirklich Klasse, Hella.«
Wieder zögerte er.
»Versteh' mich nicht falsch, Hella. Aber könntest du mir das Geld auch in bar geben? Mir ist es unangenehm, am Bankschalter Schecks von Damen einzulösen …«
Er sprach eindeutig im Plural.
Hella schluckte trocken. Von wegen Nebenerwerb. Dies klang beinahe so, als wäre sie an einen echten Profi geraten. Der anonym bleiben und nicht auffallen wollte. Marlen würde staunen, wenn sie das hörte. Ihr Instinkt für kostenlose One-Night-Stands hatte sie bei Jens eindeutig im Stich gelassen. Ob er sie auch in irgendeiner Form zur Kasse gebeten hatte?
»In kleinen Scheinen?« spöttelte sie.
Jens nickte zustimmend. »Bestens«, befand er. Für Spott fehlte ihm der Sensor.
»Komm in den nächsten Tagen hier vorbei. Das Geld liegt dann für dich bereit.« Besser hier in der Wohnung, als in ihrer Bank, wo die Kollegen sich ihren eigenen Reim auf die Transaktion machen würden.
Aufatmend schloß sie hinter ihm die Tür. Geschafft.
Sie war es auch.
Martin hockte auf seinem Platz in der Küche und blätterte in einer aufgeschlagenen Akte. Er hob nicht den Kopf, als Hella eintrat und gab sich große Mühe, so zu tun, als habe er von dem Gespräch zwischen ihr und Jens nichts mitbekommen.
Doch sie ließ sich nicht täuschen. »Kein Wort zu den anderen! Bei deinem Eid als Anwalt«, zischte sie ihm zu.
Die Szenerie belebte sich. Barbara führte ihre Besucher hinaus. Mit den Worten: »Herr Bode, ich brauche unbedingt Ihre Hilfe!« tänzelte sie kurz darauf leichtfüßig in die Küche. Trotz Büßergewand und grauer Haare wirkte sie so zufrieden, wie schon lange nicht mehr.
Martin Bode, der Mann für alle Fälle, legte endgültig seine Akte beiseite. In dieser Wohnung hoffte er vergeblich auf Ruhe. Dann mußte die Vorbereitung für den morgigen Gerichtstermin eben warten, bis Marlen zurückkehrte.
Wo steckte sie nur so lange?
Peer Sanders wohnte ›auf der anderen Sitt‹, wie die Düsseldorfer es nannten. Marlen, die sonst zehnmal lieber mit der Bahn fuhr als einmal mit dem Auto, schwang sich ausnahmsweise hinters Lenkrad. Sie mußte zweimal nach dem Weg fragen, bevor sie seinen ›kleinen Hof‹ in der Nähe von Meerbusch fand. Die Auffahrt zum Haus war nicht ganz so imposant wie beim Anwesen seiner Frankfurter Freunde. Doch das Wohnhaus glich einer Festung. Sogar der Burggraben war vorhanden. Fehlte nur noch, daß seine Wachtruppen durch die Schießscharten hindurch auf sie zielten. Sicherheitshalber parkte sie den Wagen so, daß er nicht im Schußbereich stand.
Sie bog sich den Rückspiegel zurecht, bis sie bequem ihr Make-up kontrollieren konnte. Zum ersten Mal seit Wochen, wenn nicht sogar seit Monaten, war sie wieder auf der Pirsch. Sie, die Königin der One-Night-Stands, würde ihren ganzen Erfahrungsschatz mobilisieren, um den Mann der Männer für sich zu gewinnen. Und diesmal für länger als eine Nacht. Die Gelegenheit war günstig. Peer Sanders verkörperte exakt den männlich-kultivierten Stil, auf den sie flog. Er lebte in guten bis sehr guten Verhältnissen – und er liebte Kinder.
Marlen schwang die langen Beine aus dem Wagen. Während sie auf das Haus zustöckelte, lief ihr Blick die Fassade entlang. Mindestens zehn Zimmer, im Erdgeschoß brannte Licht. Beinahe enttäuscht registrierte sie die gewöhnliche Türklingel. Bei einem solchen Anwesen hatte sie mit einem antiken Türklopfer gerechnet. Sie brauchte nicht lange zu warten.
»Marlen? Was für eine Überraschung. Mit Ihnen habe ich nicht gerechnet!« Im Fernsehkrimi pflegte ein solcher Ausruf die Entdeckung der Geliebten durch die Ehefrau einzuleiten. War ihr am Ende jemand zuvorgekommen? Marlen reckte unwillkürlich den Hals, um über seine Schulter zu blicken. Er trat freiwillig zur Seite.
»Kommen Sie herein. Ich habe mir gerade einen Drink gemacht. Mögen Sie auch einen?«
Aber sicherlich. Alkohol lockerte die Zunge und vertrieb die Hemmungen. Seine. Sie selbst hatte damit eigentlich noch nie Probleme gehabt. Auf der Suche nach weiteren Bewohnern sah sie sich neugierig um. Einen Tick zu auffällig.
»Falls Sie den Rest meiner Familie suchen, muß ich Sie enttäuschen. Seit der Scheidung von Angelika lebe ich alleine hier.«
Er war also geschieden. Was für sie zehn
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